Die drei Musketiere 2
erklären. Der Schweizer und die Dragoner ahmten ihn nach, und alle Kameraden folgten dem Schweizer und dem Dragoner. Das Händedrücken, Glückwünschen, Umarmen
wollte kein Ende nehmen, es entstand ein unauslöschliches Gelächter auf Kosten der Rocheller, und der Lärm nahm dermaßen zu, daß der Kardinal, in der Meinung, es sei ein Aufruhr ausgebrochen, La Houdinière, den Kapitän seiner Leibwache abschickte, um sich zu erkundigen, was vorging.
»Nun?« fragte der Kardinal, als er La Houdinière
zurückkommen sah.
»Monseigneur«, erwiderte dieser, »drei Musketiere und ein Gardist haben mit Monsieur de Busigny gewettet, in der Bastei Saint-Gervais zu frühstücken. Sie hielten fast zwei Stunden gegen den Feind aus und töteten, ich weiß nicht wie viele Rocheller.«
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»Habt Ihr nach den Namen der drei Musketiere gefragt?«
»Ja, Monseigneur.«
»Wie heißen sie?«
»Es sind die Herren Athos, Porthos und Aramis.«
»Immer meine drei Braven«, murmelte der Kardinal. »Und der Gardist?«
»Monsieur d’Artagnan.«
»Immer mein junger Tollkopf! Die vier müssen um jeden Preis mein werden!«
Am Abend desselben Tages sprach der Kardinal mit Monsieur de Treville über die Tat. Monsieur de Treville, der die Begebenheit aus dem Mund der Helden selbst erfahren hatte, erzählte sie Seiner Eminenz in all ihren Einzelheiten, ohne die Episode mit der Serviette zu vergessen.
»Das ist schön, Monsieur de Treville«, sagte der Kardinal,
»ich bitte Euch, verschafft mir diese Serviette, ich lasse drei goldene Lilien darauf sticken und gebe sie Eurer Kompanie als Standarte.«
»Monseigneur«, erwiderte Monsieur de Treville, »das wäre eine Ungerechtigkeit gegen die Garde, Monsieur d’Artagnan gehört nicht mir an, sondern Monsieur des Essarts.«
»Gut, so nehmt ihn unter die Musketiere auf. Es ist nicht mehr als billig, daß die vier braven Soldaten, die sich so sehr lieben, in einer Kompanie dienen.«
An demselben Abend teilte Monsieur de Treville den drei Musketieren und d’Artagnan die gute Botschaft mit, und lud alle vier auf den andern Tag zum Frühstück zu sich. D’Artagnan geriet außer sich vor Freude. Musketier zu sein war, wie man weiß, der Traum seines Lebens. Auch die drei Freunde waren sehr erfreut.
Bei dem Frühstück des Monsieur de Treville, das dieser zu Ehren der Musketiere gab, herrschte die ungezwungenste Heiterkeit. D’Artagnan hatte bereits seine Uniform. Da er fast 142
von gleichem Wuchs wie Aramis war, und dieser mit Hilfe des reichlichen Honorars von dem Buchhändler, der ihm sein Gedicht abgekauft hatte, wie er behauptete, alles doppelt besaß, so trat er d’Artagnan eine vollständige Ausrüstung ab.
D’Artagnan wäre auf dem Höhepunkt seiner Wünsche gewesen, wenn ihm nicht Mylady wie eine düstere Wolke am Horizont erschienen wäre. Nachdem er den Tag damit zugebracht hatte, seine Musketieruniform in allen Straßen des Lagers zu zeigen, traf er am Abend mit den Freunden bei Athos zusammen.
Sie hatten nur noch drei Punkte zu besprechen: Was sollte man an Myladys Schwager schreiben? Was sollte man an die geschickte Person in Tours schreiben? Welche Bedienten sollten die Briefe besorgen?
Jeder bot den seinigen an. Athos sprach von der
Verschwiegenheit Grimauds, der überhaupt nur dann rede, wenn ihm sein Herr den Mund öffne; Porthos rühmte die Kraft Mousquetons, der stark genug sei, um vier Männer
gewöhnlichen Schlages kurz und klein hauen zu können; Aramis, der auf die Geschicklichkeit Bazins baute, hielt eine überschwengliche Lobrede auf seinen Kandidaten; d’Artagnan endlich hatte volles Vertrauen in die Tapferkeit Planchets und erinnerte daran, wie er sich in der heiklen Angelegenheit von Boulogne gehalten hatte.
Die vier verschiedenen Tugenden der Diener stritten lange um den Preis.
»Unglücklicherweise«, sagte Athos, »wäre es nötig, daß der, den man abschickt, alle vier Eigenschaften in sich vereinigte.«
»Aber wo findet man einen solchen Diener?« – »Ich weiß wohl, er ist nicht zu finden«, versetzte Athos, »nehmt also Grimaud!« – »Nehmt Mousqueton!« – »Nehmt Bazin!« –
»Nehmt Planchet! Planchet ist tapfer und geschickt; das sind schon zwei von den vier Eigenschaften.«
»Meine Herren«, sagte Aramis, »die Hauptsache für uns ist nicht, zu wissen, welcher von unseren vier Dienern der 143
verschwiegenste, der stärkste, der geschickteste oder der tapferste ist, die Hauptsache ist, daß wir wissen, wer das Geld am meisten
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