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Die drei Musketiere 2

Die drei Musketiere 2

Titel: Die drei Musketiere 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Kapitän, sie ans Ufer zu 153
    setzen, aber hier von den französischen, dort von den englischen Kreuzern bedroht, lag dem Kapitän alles daran, so bald wie möglich nach England zu gelangen. Er weigerte sich also hartnäckig, ihrem Verlangen, das er für den Wunsch einer launischen Frau hielt, entgegenzukommen. Aber das Meer war schlimm und die Winde entgegengesetzt, so daß das Schiff erst am zehnten Tage in den Hafen von Portsmouth einlief, an demselben Tage, an dem sich Planchet, der bei der Überfahrt Glück gehabt hatte, in Portsmouth bereits wieder nach Frankreich einschiffte.
    Es war einer von den schönen, seltenen Sommertagen, da auch der Engländer merkt, daß es eine Sonne gibt. Das bleiche, aber immer noch schimmernde Gestirn ging am Horizont unter, übergoß den Himmel und die See mit Feuerstreifen und warf auf die Türme und Gebäude der Stadt einen letzten goldenen Strahl, der die Scheiben wie im Abglanz eines Brandes funkeln ließ.
    Man lief in die Reede ein, aber als man sich anschickte, Anker zu werfen, näherte sich ein kleiner, stark bemannter Kutter dem Handelsschiff. Ein Offizier stieg allein an Bord, wo er mit der Achtung aufgenommen wurde, die die Uniform einflößt.
    Der Offizier unterhielt sich einige Augenblicke mit dem Kapitän, ließ ihn einige Papiere lesen, die er bei sich trug, und alle auf dem Schiff befindlichen Personen, Matrosen und Passagiere wurden auf das Deck gerufen. Hierauf fragte der Offizier ganz laut nach dem Auslaufhafen der Brigg, nach ihrer Route, nach ihrer Ladung, und all diese Fragen wurden von dem Kapitän ohne Zögern beantwortet. Dann ließ der Offizier alle Personen, eine nach der andern Revue passieren, und als die Reihe an Mylady kam, betrachtete er sie aufmerksam, aber ohne ein Wort an sie zu richt en. Dann kehrte er zum Kapitän zurück, sagte ihm einige Worte und hieß die Matrosen, als ob er jetzt das Kommando hätte, ein Manöver ausführen.
    Während der Offizier Mylady prüfend anschaute, hatte ihn Mylady ihrerseits, wie sich leicht denken läßt, mit den Blicken 154
    verschlungen. Aber wie sehr sie auch gewöhnt war, mit ihren Flammenaugen in den Herzen derer zu lesen, deren Geheimnisse sie erraten wollte, so forschte sie doch ganz vergeblich in diesen völlig unbeweglichen Zügen. Der Offizier, der vor ihr stehe n geblieben war und stillschweigend ihr Äußeres so sorgfältig musterte, mochte etwa fünfundzwanzig bis sechsundzwanzig Jahre alt sein, er hatte eine bleiche Gesichtsfarbe und blaue, etwas tiefliegende Augen. Sein feiner, wohlgezeichneter Mund war fest geschlossen, sein kräftiges Kinn deutete Willenskraft an.
    Als man in den Hafen einlief, war es bereits Nacht. Der Nebel vermehrte noch die Dunkelheit und bildete um die Lichter der Laternen des Hafendammes einen Kreis, dem ähnlich, der den Mond umgibt, wenn das Wetter regnerisch zu werden droht. Die Luft, die man einatmete, war trübe, feucht und kalt. Mylady schauderte trotz all ihrer Stärke. Der Offizier ließ sich die einzelnen Stücke von Myladys Gepäck nennen, dieses sodann in das Boot bringen, und ersuchte sie hierauf, selbst
    hinabzusteigen, wobei er ihr seine Hand bot. Mylady schaute den Mann zögernd an.
    »Wer seid Ihr, Monsieur«, fragte sie, »der Ihr die Güte habt, Euch so ganz besonders mit mir zu beschäftigen?«
    »Ihr müßt es wohl an meiner Uniform sehen, Madame. Ich bin englischer Marineoffizier.«
    »Aber sagt mir, ist es denn Sitte, daß sich die englischen Marineoffiziere ihren Landsleuten zur Verfügung stellen, wenn sie in einem Hafen Großbritanniens ankommen, und ihre Höflichkeit sogar so weit treiben, sie bis ans Land zu begleiten?«
    »Ja, Mylady, aber nicht aus Galanterie, sondern aus Klugheit werden die Fremden in Kriegszeiten in ein bestimmtes Gasthaus geführt, damit die Regierung sie überwachen kann, bis man vollständige Auskunft über sie erhalten hat.«
    Diese Worte wurden mit der größten Artigkeit und der 155
    vollkommensten Ruhe ausgesprochen, aber sie waren nicht imstande, Mylady zu überzeugen.
    »Ich bin keine Fremde,«, sagte sie mit dem reinsten Akzent, der je zwischen Portsmouth und Manchester erklang, »ich bin Lady Winter, und diese Maßregel …«
    »Diese Maßregel ist allgemein, Mylady, und Ihr würdet vergeblich versuchen, Euch zu entziehen.«
    »Ich folge Euch also, mein Herr.«
    Und die Hand des Offiziers ergreifend, fing sie an, die Treppe hinabzusteigen, unter der das Boot wartete. Der Offizier folgte ihr; ein großer Mantel war

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