Die drei Musketiere
meine Herren!« rief d'Artagnan, »verlieren wir doch die Zeit nicht mit Geschwätz; zerstreuen wir uns, um die Frau des Krämers auszuwittern; das ist der Schlüssel der Intrige.«
»Eine Frau von so niederem Stande! was glaubt Ihr denn, d'Artagnan?« sagte Porthos, verächtlich den Mund verziehend. »Sie ist die Pate des de Laporte, des vertrauten Dienersder Königin. Habe ich Euch das nicht gesagt, meine Herren? Und vielleicht lag es auch im Plan Ihrer Majestät, daß sie diesmal so tief unten Schutz suchte. Die hohen Köpfe erblickt man von weitem, und der Kardinal hat ein scharfes Auge.«
»Nun,« sagte Porthos, »stellt dem Krämer fürs erste einen Preis, einen guten Preis.«
»Das ist nicht nötig,« erwiderte d'Artagnan, »denn ich glaube, wenn er nicht bezahlt, so werden wir von einer andern Seite bezahlt.«
In diesem Moment erschallte von der Treppe ein Geräusch von Tritten, die Tür ging knarrend auf, und der unglückliche Krämer stürzte in das Zimmer, wo man Rat hielt. »Ach, meine Herren!« schrie er, »rettet mich, in des Himmels Namen, rettet mich; vier Männer kamen, um mich zu verhaften; o rettet, errettet mich!« Porthos und Aramis erhoben sich. »Einen Augenblick!« rief d'Artagnan, indem er ihnen ein Zeichen gab, die halb gezogenen Klingen wieder in die Scheide zu stecken; »hier bedarf es nicht des Mutes, wohl aber der Klugheit.«
»Indes,« rief Porthos, »wir lassen nicht...«
»Ihr lasset d'Artagnan gewähren,« sagte Athos, »er ist, ich wiederhole es, der Gescheiteste von uns, und ich für meinen Teil erkläre, daß ich ihm gehorche. D'Artagnan, mach nun, was du willst.« In diesem Moment zeigten sich die vier Wachsoldaten an der Tür des Vorgemachs; als sie aber vier Musketiere mit dem Degen an der Seite erblickten, nahmen sie Anstand, vorzudringen. »Kommt herein, meine Herren! kommt herein,« rief d'Artagnan; »Ihr seid hier in meiner Wohnung, und wir sind alle getreue Diener des Königs und des Herrn Kardinals.«
»Wenn das ist, meine Herren! so werdet Ihr Euch nicht widersetzen, wenn wir die Befehle vollziehen, die wir erhalten haben?« sagte derjenige, welcher der Führer dieser Rotte zu sein schien. »Im Gegenteil werden wir Euch unterstützen, meine Herren, wenn es nötig sein sollte.«
»Was sagt er denn da?« murmelte Porthos. »Du bist ein Schwachkopf! Schweig,« entgegnete Athos. »Ihr habt mir aber versprochen...« stammelte ganz leise der alte Krämer. »Wir können Euch nur dann retten, wenn wir frei bleiben,« erwiderte ihm d'Artagnan rasch und leise, »machen wir aber Miene uns zur Wehr zu setzen, so werden wir samt Euch verhaftet.«
»Es scheint mir aber...«
»Kommt, meine Herren! kommt,« rief d'Artagnan ganz laut; »ich habe keinen Beweggrund, diesen Herrn zu verteidigen. Ich habe ihn heute zum erstenmal gesehen, und das aus welcher Veranlassung? er wird es selber sagen, um die Miete zu verlangen. Ist es nicht so? Herr Bonacieux! gebt Antwort.«
»Es ist die reine Wahrheit,« versetzte der Krämer, »doch Herr, sagte ich nicht... ?«
»O, schweigt von mir, schweigt von meinen Freunden, und schweigt insbesondere von der Königin, oder Ihr verderbet alles, ohne Euch zu retten. Auf, meine Herren! auf, und führet diesen Mann fort.« D'Artagnan stieß denvöllig betäubten Krämer in die Hände der Wachsoldaten und sprach: »Ihr seid ein Schelm, mein Lieber! Ihr begehrt von mir Geld, von mir, von einem Musketier! Fort, ins Gefängnis! Meine Herren, noch einmal, schleppt ihn ins Gefängnis und verwahrt ihn so lang als möglich unter Schloß und Riegel, damit ich Zeit gewinne zum bezahlen.«
Die Häscher erschöpften sich in Danksagungen und schleppten ihre Beute mit sich. In dem Moment, als sie fortgingen, klopfte d'Artagnan ihrem Führer auf die Schulter, und indem er ein Paar Gläser mit Beaugency-Wein anfüllte, die er von der Freigebigkeit des Herrn Bonacieux erhalten, sprach er: »Soll ich nicht auf Eure und werdet Ihr nicht auf meine Gesundheit trinken? Also auf Eure Gesundheit, mein Herr!... wie heißt Ihr?«
»Boisrenard.«
»Herr Boisrenard!«
»Auf die Eurige, mein Edler! wie nennt Ihr Euch, wenn ich fragen darf?«
»D'Artagnan.«
»Auf Eure Gesundheit, Herr d'Artagnan!«
»Und über alles das,« rief d'Artagnan, als wäre er von Begeisterung hingerissen, »auf die Gesundheit des Königs und des Kardinals.« Vielleicht hätte der Führer der Häscher an d'Artagnans Aufrichtigkeit gezweifelt, wäre der Wein schlecht gewesen; doch der Wein war
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