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Die drei Steine der Macht

Die drei Steine der Macht

Titel: Die drei Steine der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kalkowski
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dem Weg in den Wald der Schatten befanden. Mimbelwimbel bemerkte immer wieder mit verblüfftem Tonfall, dass er noch nie so viel unberührten Wald gesehen hatte. Nicht mal zum Jagen schienen Menschen hierher zu kommen. Sie hatten bis jetzt keine Schwierigkeiten gehabt, für Fleisch zu sorgen, da die Waldtiere sich ungestört vermehren konnten.
    Die Erzählungen der Bauern aus dem Dorf über den Wald der Schatten geisterten Max immer wieder durch den Kopf und durch seine Träume. Die Angst, die er eine Weile verdrängt hatte, kam nun verstärkt wieder. Noch schien der Wald normal, aber irgendwie schien er auch anders, nur konnte Max den Finger nicht darauf legen, was es war.
Das Dorf der Toten
    Der letzte verlassene Hof lag drei Tage zurück und hatte aus kaum mehr als ein paar halb zerfallenen Mauern bestanden, die nicht als Unterschlupf getaugt hatten. Gestern waren die ersten vereinzelten Schneeflocken gefallen, die Max´ schlimmste Befürchtung wahr werden ließen: Es würde einen frühen Winter geben und vermutlich einen harten dazu.
    Ihre letzte Rast lag vielleicht eine Stunde zurück, als der Weg plötzlich breiter wurde. Er weitete sich zu einer schmalen Straße. Es waren noch die Pflastersteine zu sehen, die zwischen dem Gras und dem Moos, das sie überwucherte, hervorlugten.
    Eine Straße mitten im Nichts?
    „Die muss wohl zu dem Dorf gehören, von dem der Bauer erzählt hat, von dem sie schon Ewigkeiten nichts mehr gehört haben“, flüsterte Mimbelwimbel, unwillkürlich die Stimme senkend, wie damals der Bauer in der Dorfkneipe.
    Max lief ein Schauer den Rücken hinunter. Es war kaum ein Geräusch zu hören. Das Rascheln der letzten Blätter an den Bäumen, hin und wieder mal ein Vogel. Es war in den letzten beiden Tagen irgendwie stiller geworden, als ob sie sich einer Grenze näherten.
    Die Spur führte die Straße weiter entlang. Max straffte die Schultern und setzte einen Fuß auf die Steine. Zögernd machten es ihm die anderen nach, und langsam folgten sie der verlassenen Straße, sich vor dem fürchtend, was da vor ihnen lag. Der Wald öffnete sich plötzlich zu einer großen Lichtung, auf der sich das Dorf befand. Dieses musste vor langer Zeit verlassen worden sein. Überall wucherte das Grün von Moos, Gras und Büschen. Aber noch war es dem Wald nicht gelungen, die Lichtung zurückzuerobern. Sämtliche Häuser waren ohne Dach und die Mauern teilweise zerfallen. Die Fensterläden waren längst verrottet, so dass sie einen freien Blick in das Innere der Häuser hatten, als sie langsam die Straße entlanggingen. Ihre Schritte klangen laut in der Stille, und das Echo hallte gespenstisch wider an diesem von allen guten Geistern verlassenem Ort. Der Wind heulte leise in den leeren Mauern, und einen Augenblick lang meinte Max, Stimmen im Wind zu hören. Seine Nackenhaare stellten sich auf, und ihn beschlich ein Gefühl, als ob sie beobachtet würden. In diesem Moment stieß Anemone einen erschrockenen Schrei aus. Die Hände vor den Mund geschlagen, starrte sie durch ein Fenster in das Halbdunkel des dahinter liegenden Raumes.
    „Was ist?“, fragte Max leise und versuchte, sie aus ihrer Schreckstarre zu holen.
    „Oh, Weise Magna, Max!“, flüsterte Mimbelwimbel heiser, und dann sah Max es auch.
    Im Schatten der Wand wickelte eine Frau ihr Kind, oder hatte es in dem Moment getan, als sie starb. Sie waren völlig zu Stein erstarrt. Der Säugling hatte eine völlig verkrampfte Haltung und schrie aus voller Lunge, während die junge Frau ihren Kopf mit schmerzverzerrtem Gesicht in den Nacken geworfen hatte. Mit in sich aufsteigender Panik schaute Max sich um und sah sie. Sie waren bei dem gestorben, was sie gerade getan hatten. Jede der versteinerten Gestalten zeigte den gleichen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. Anemone schwankte. Max ergriff ihren Arm.
    „Wir müssen hier durch, je schneller, desto besser!“
    Das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde stärker. Max legte einen Schritt zu, Anemone halb mit sich schleifend. Als sie den Marktplatz erreichten, prallte er entsetzt zurück. Es war Markttag gewesen, als diese armen Leute ihr Unglück ereilt hatte. Mitten in den Verkaufsgesprächen war der Tod über sie gekommen. Die Menschen, die er hier auf dem Marktplatz sah, konnten unmöglich alle aus dem Dorf gewesen sein, es waren zu viele. Max entdeckte Überreste von Kutschen, vor denen die steinernen Pferde immer noch grasten, Esel mit den letzten Fasern der Stoffballen, die einst auf ihrem

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