Die drei Steine der Macht
näher zu kommen. Sie bewegten sich nun mit höchster Aufmerksamkeit weiter. Mimbelwimbel hatte ihnen Speere aus jungen Ästen geschnitten. Was immer da schrie, es schien größer zu sein.
Der Tag, der Max noch lange in seinen Träumen verfolgen würde, begann wie die Tage davor. Sie löschten das Feuer, packten ihre Sachen zusammen und folgten der Spur weiter nach Westen, durch den Wald, in dem nie die Sonne schien. Sie machten gerade Rast, um ein wenig zu essen, zu trinken und die Füße auszuruhen, als Anemone leise sagte:
„Seht doch!“
Sie deutete auf eine große dicke Eiche, vielleicht zwanzig Meter entfernt. Max schaute hin, und gerade, als er sie fragen wollte, was los sei, schaute seitlich am Stamm ein Kopf vorbei. Er gehörte einem etwa einen halben Meter großem Vogel. Der gedrungene Körper war mit braunen, flauschigen Federn bedeckt. Die Flügel, die er leicht spreizte, als er langsam auf sie zukam, waren eindeutig zu klein zum Fliegen. Seine kräftigen Beine deuteten eher darauf hin, dass er ein Laufvogel war. Auf einem schlanken Hals saß ein verhältnismäßig großer Kopf mit einem kräftigen Papageienschnabel, der aussah, als ob er ordentlich zuschnappen konnte. Seine blassrosa Farbe stand in einem seltsamen Kontrast zu der Farbe seines Gefieders.
Der Vogel kam ein weiteres Stück näher und betrachtete sie neugierig, erst mit dem einen Auge, dann mit dem anderen. Dann stieß er einen lauten Schrei aus, der denen glich, die sie in den letzten Tagen immer wieder gehört hatten. Max lachte beinahe vor Erleichterung. Das war also das Monster, das sie vor Angst hatte bibbern lassen.
„Ist der süß!“, rief Anemone und suchte nach etwas, womit sie ihn näherlocken konnte.
Der Vogel betrachtete sie weiter mit schiefgelegtem Kopf, völlig ohne Scheu, und stieß dann wieder seinen merkwürdigen Schrei aus. Hund drückte sich gegen Max Beine. Max strich ihm über den Kopf und merkte, dass sich Hund die Haare sträubten. Hund knurrte, als der Vogel abermals schrie. Mimbelwimbel tätschelte ihm die Flanke.
„Was ist los, alter Junge, der hat doch genau die richtige Größe für den Kochtopf.“
Hund knurrte.
„Er riecht nach Blut!“
Max sah Hund beunruhigt an.
„Was ...?“
„Mimbelwimbel, wirst du das wohl lassen!“, hörte er Anemones empörte Stimme.
Er blickte auf und sah, dass Mimbelwimbel den Speer zum Wurf erhoben hatte. Er öffnete den Mund, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sah, was hinter Mimbelwimbel auf sie zukam.
Anemone wollte gerade fortfahren, Mimbelwimbel zu beschimpfen, und schaute Max, Unterstützung fordernd, an. Dann sah sie, was Max sah und schlug mit einem Schreckenslaut die Hände vor den Mund. Eine Gruppe Vögel kam auf sie zugelaufen. Noch waren sie weit weg, doch Max erkannte bereits jetzt, dass sie deutlich größer waren. Den dumpfen Rhythmus ihrer auf den Boden trommelnden Füße konnten sie bereits hören, ebenso ihre Schreie. Entsetzt begriff Max, dass sie ein Junges vor sich hatten. Natürlich, der Federflaum hätte ihn darauf bringen müssen, und nun würden sie in einigen Minuten den ausgewachsenen Exemplaren gegenüberstehen, und es war klar, wer wessen Beute war.
„Lauft!“, rief er, und die anderen brauchten keine zweite Aufforderung.
Sie schnappten sich ihre Taschen und liefen so schnell sie konnten in die entgegengesetzte Richtung.
Es war schnell klar, dass sie auf diese Weise nicht entkommen konnten, die Vögel kamen immer näher. Max hatte einen Augenblick lang gehofft, dass es vielleicht nur um das Junge ging, wurde aber enttäuscht. Da hatte jemand gewaltig Hunger, und es war zur Abwechslung mal nicht Mimbelwimbel. In Panik sah er sich um. Nirgends gab es einen Unterschlupf. Sie mussten sich außer Reichweite dieser Biester begeben.
„Auf einen Baum!“, rief er den anderen zu, das war ihre einzige Chance.
Dorthin konnten die Vögel ihnen nicht folgen, hoffte er.
„Da!“, er zeigte auf einen Baum mit einer sehr groben Rinde, um dessen Stamm sich verschiedene Ranken emporwanden.
Dort würden sie gut hinaufklettern können.
In Windeseile wurde ein großer Beutel leer gemacht und Hund hineingestopft. Max hängte ihn sich um die Schultern und ächzte ein wenig unter seinem Gewicht, vielleicht doch zu viele Würstchen. Anemone und Mimbelwimbel waren schon ein gutes Stück geklettert, während sich Max noch den unförmigen Beutel mit seiner lebenden Last zurechtrückte.
„Max, mach schnell!“, kreischte Anemone
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