Die drei Steine der Macht
eingeschlafen war, hätte der eine volle Wache auch nicht im wachen Zustand durchgestanden, verteidigte Max sich vor sich selbst. Den Rest seiner Wurst warf er Hund hin, der den Zipfel blitzschnell verschlang.
„Füttere ihn nicht so viel, er wird noch zu fett!“, mahnte Anemone stirnrunzelnd.
Hund schaute an sich herunter und schüttelt sich dann.
„Sie gönnt einem auch gar nichts“, brummte er dann verdrießlich.
Max grinste und kraulte ihn zum Ausgleich hinter den Ohren.
Sie machten sich wieder auf den Weg. Mimbelwimbel eilte wie immer ein Stück voraus, begleitet von Hund, um eventuelle Gefahrenstellen rechtzeitig erkennen zu können. Die Stimmung war angespannt. Max und Anemone unterhielten sich kaum. Beide lauschten, immer darauf gefasst, ein verräterisches Geräusch zu hören und darauf bedacht, keine von Mimbelwimbels möglichen Warnungen zu verpassen.
Für Max war das schwierig. Er hatte vorher nie so konzentriert auf seine Umgebung geachtet. Nun hörte er in den Tiefen des Feldes die Mäuse leise um die herabgefallenen Körner streiten oder den Habicht am Himmel triumphierend aufschreien, wenn er Beute gesichtet hatte. Die Welt war voller wispernder Stimmen. Max machte sich ernsthaft Sorgen, dass er dabei war, den Verstand zu verlieren. Würde er es dann aber überhaupt bemerken, fragte er sich.
Immer, wenn es ihm zu viel wurde, fragte er Anemone aus. Er erfuhr so einiges über das alltägliche Leben der Menschen, die in dieser Welt lebten. Zumindest über das Leben der Landbevölkerung. Was sie ihm erzählte, kam ihm vertraut vor. Schon anhand der Kleidung hatte er vermutet, dass hier die Zeit irgendwie im Mittelalter stehen geblieben war. Fortschritte, so wie er es kannte, schien es nicht oder nur in geringem Maße zu geben. Immerhin hatten sie bereits das Rad erfunden.
Er hörte Anemones Beschreibung ihres (ehemals) gewohnten Alltags und ihrer Pflichten zu und konnte sie sich nur schwerlich als braves Hausmütterchen vorstellen. Als er ihr das sagte, lachte sie.
„Nun ja. Das Weben und Nähen ging erstaunlich gut. Aber der Rest ... Was das Kochen angeht, bin ich ein hoffnungsloser Fall, wie du ja bereits mitbekommen hast. Und all dieses Geputze und Gewiener. Ich hasse Hausarbeit!“
Jetzt lachte Max.
„Da bist du nicht die Einzige.“
Die meisten Frauen fügten sich in ihr Schicksal. Es gab nur wenige Ausnahmen, oft aus Notwendigkeit, weil der Mann gestorben war und die Frau sich und ihre Kinder selbst versorgen musste, obwohl sich da in der Regel immer schnell Ersatz fand. Ihre Großmutter war so eine Ausnahme gewesen. Es wurde sogar geredet, dass sie ihren ersten Mann mit ihrer rebellischen Art in den frühen Tod getrieben hätte. Lange widersetzte sie sich dem Willen ihrer Familie, erneut zu heiraten, weil es ihr so viel Spaß machte, das Gut zu leiten. Und sie hatte hervorragende Arbeit geleistet. Das Gut war unter ihrer Fürsorge gediehen, und die Leute waren zufrieden gewesen. Anemone hatte sie sehr geliebt, aber vor einem Jahr war sie leider verstorben.
Das Wetter begann sich im Laufe des Tages zu ändern. Wolken zogen auf, und es wurde kühler. Die Nacht verbrachten sie noch ohne Feuer, aber sie waren sehr froh über das gewachste Tuch, das Mimbelwimbel am Abend zwischen die Zweige des Baumes gespannt hatte, unter dem sie übernachteten. Es hatte das erste Mal seit Tagen, seit Wochen wahrscheinlich, geregnet, und Dank des Schutzes waren sie trocken geblieben. Am nächsten Tag sanken die Temperaturen weiter, und in der Nacht war es so kühl, dass sie ein kleines Feuer riskierten. Hund fing zwei Kaninchen, die Max auf dem flachen Stein briet, den sie in die Glut gelegt hatten.
Am späten Vormittag des nächsten Tages näherten sie sich dem Bauernhof, von dem Mimbelwimbel gesprochen hatte. Er sah dem Hof in Elversdorf sehr ähnlich und war ebenfalls in einem flachen Tal gelegen. Sie schauten eine Weile im Schutz eines Busches auf der Hügelkuppe auf das Treiben im Tal hinab.
„Sie sind noch fleißig beim Ernten!“, stellte Anemone fest.
„Ja“, meinte Mimbelwimbel. „Aber wir sollten nichts riskieren.“
Er schaute Anemone an.
„Nur wir Zwei gehen da runter.“
Max hatte bereits den Mund zum Protest geöffnet.
„Für dich ist es zu gefährlich.“ Mimbelwimbel unterband jede Widerrede. „Du kriechst durch das Feld bis zu diesen Büschen dort.“ Er zeigte hinunter ins Tal. „Dort bleibst du heute Nacht. Hund bleibt bei dir. Von dort aus kannst du uns morgen früh
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