Die drei ??? und das Narbengesicht
er.
»Da muß ich dich auch enttäuschen, vielen Dank«, sagte das Mädchen.
»Oh.« Nun sah Justus ganz geknickt aus. »Kaum ein Mensch will noch eine Zeitung abonnieren«, sagte er.
»Tja, die Zeiten sind schwer.« Das Mädchen lächelte ihm zu.
Der Hund, der sich vernachlässigt fühlte, kam aus dem Blumenbeet und setzte sich ihr vor die Füße. Sie tätschelte ihm den Kopf. »Ist das ein Nebenerwerb für dich?« fragte sie Justus. »Oder gibt es für hundert angeworbene Abonnenten ein Fahrrad mit Zehngangschaltung zu gewinnen?«
»Keins von beiden«, sagte Justus. »Ich möchte Zeitungen austragen, damit ich mir eine Kleinigkeit verdienen kann, und da bin ich auf der Suche nach einem Bezirk. Meinen Sie, hier gibt es sonst jemand, der gern eine Zeitung lesen würde?«
»Zur Zeit ist gar keiner zu Hause«, sagte das Mädchen.
»Jedenfalls heute nicht, am Donnerstag. Die sind alle bei der Arbeit.«
»Aha.« Justus zog die Mundwinkel herab und setzte sich lässig auf die Kante eines der Sessel, die um das Becken aufgestellt waren. »Zeitungen austragen ist leicht«, sagte er betrübt. »Aber Abonnenten werben wird einem sauer gemacht. Würden Sie . . . also könnten Sie . . . könnten Sie . . .«
»Was soll ich nun?« sagte das Mädchen. »Was ist denn los?
Fühlst du dich nicht wohl?«
»O doch. Ich bin nur sehr durstig. Könnte ich wohl von Ihnen ein Glas Wasser bekommen?«
Da lachte sie. »Kein Problem. Bleib nur sitzen. Ich bin gleich wieder da.«
Sie verschwand in der offenstehenden Wohnungstür, und der große Hund folgte ihr. Gleich darauf war sie mit einem hohen Becherglas voll Wasser wieder da. Als sie ins Freie trat, schloß sie die Tür und sperrte so den Hund ein.
»Das müßte ich immer so machen, ihn einfach links liegen lassen«, sagte sie. »Nur wenn ich ihm Manieren beibringen will, wird er immer widerspenstig.«
Justus bedankte sich und trank das Wasser in kleinen Schlucken. Das Mädchen setzte sich auf einen Sessel neben ihn und lehnte sich zurück, um sich das Gesicht von der Sonne bescheinen zu lassen.»Du solltest es mit dem Werben abends versuchen, wenn die Leute zu Hause sind«, sagte sie.
»Kommt mir auch so vor«, sagte Justus. Er sah das Mädchen träge an, als sei er nicht gerade ein Kirchenlicht. »Aber ich hatte mir gedacht, ein paar Mieter seien sicher da. Sie zum Beispiel. Sie sind ja zu Hause.«
»Nicht oft«, sagte das Mädchen.
»Oh«, sagte Justus. »Sie arbeiten also auch?«
»Na klar. Nur zur Zeit nicht.«
»Ach?« Voll Anteilnahme fragte Justus: »Sind Sie arbeits-los?«
»Nein, das nicht. Ich arbeite beim Film, und da ist die Beschäftigung sehr unregelmäßig. Ich bin Maskenbildnerin, und wenn ein Film gedreht wird, habe ich Arbeit. Sonst habe ich frei.«
Justus nickte. »Ich habe einen Freund, dessen Vater auch beim Film arbeitet. Er ist Trickexperte.«
»Wie heißt er denn?« fragte das Mädchen. »Vielleicht kenne ich ihn.«
»Shaw«, sagte Justus.
Sie schüttelte den Kopf. »Sagt mir nichts. Da waren wir wohl noch nicht beim gleichen Team. Diese Trickleute sind wirklich fabelhaft. Manchmal finde ich, ich sollte das Schminken aufgeben und versuchen, bei den Tricks unterzukommen.
Andererseits macht mir die Maskenbildnerei Spaß, und dabei bleibt mir auch Zeit für meine Kurse.«
»Sie gehen zur Schule?« fragte Justus.
»Nicht direkt. Ich nehme Unterricht – Schauspielunterricht –
bei Vladimir Dubronski. Für den Fall, daß ich mal . . . na ja . . . die Chance habe, selbst eine Rolle zu übernehmen.«
Justus nickte. Er versuchte, müde auszusehen, aber sein Denkapparat lief auf Hochtouren. »Ja, jeder möchte gern als Darsteller mitmachen«, sagte er. »Aber Maskenbildnerei kann auch was Tolles sein. Vorige Woche habe ich einen Film gesehen, über so einen Kerl, der aus einem Tempel eine Götzenstatue stiehlt und über den ein Fluch verhängt wird.«
»Oh«, sagte das Mädchen. »Einen von der Sorte. Wurde wohl bei Vollmond in einen Kohlkopf verwandelt oder was dergleichen.«
Justus lachte. »Er wurde zu einer Schlange, nur daß er weiterhin aussah wie ein Mensch.«
»Ach ja«, sagte das Mädchen. »Das war dann Die Invasion der Kobra-Männer, nicht? Diesen Film haben sie auf die billige Tour heruntergekurbelt, aber so schlecht war er gar nicht einmal. Ich kenne den Mann, der die Maske für den Schlangenmann gemacht hat. Arnold Heckaby. Das ist ein echter Könner. Irgendwann mal wird man ihn zu einem teuren Film holen, und dann bringt ihm
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