Die drei ??? und das Narbengesicht
an, über die im Ausland dennoch wenig bekannt ist.«
Bob öffnete eine Zeitschrift an einer Stelle, wo er einen Zettel eingelegt hatte. »Hier ist ein kurzer Bericht über alles Wesentliche. Das Heft kam vor drei Jahren heraus«, erklärte er.
» Mesa d’Oro wurde um das Jahr 1860 von einem gewissen Arturo Rodriguez gegründet, einem abtrünnigen Priester spanischer Abstammung, der sich mit der katholischen Kirche überworfen hatte. Er versprach all seinen Anhängern nicht nur das ewige Heil, sondern auch das gelobte Land auf Erden – immer sollten sie sich zu Tisch setzen können und keinen Hunger mehr leiden. Mesa d’Oro, Rodriguez’ Sekte mit dem schönen Namen, hatte daher besonders bei der armen Landbevölkerung starken Zulauf.«
»Na ja, ganz interessant«, sagte Peter. »Und was hat das nun mit blinden Männern und Bankräubern zu tun?«
»Vielleicht auch gar nichts«, meinte Bob. »Es liegt ja auch schon lange zurück. Aber 1872 kam es zu Unruhen unter Rodriguez’ Anhängern, weil das Sektenoberhaupt jene hochgegriffenen Versprechungen, soweit sie das irdische Leben betrafen, natürlich nicht einlösen konnte. Der ›goldene Tisch‹ war eben bei weitem nicht immer gedeckt.«
Peter und Justus richteten sich gespannt auf.
»Hundert Jahre sind doch eine lange Zeit«, sagte Peter.
»Haben die Leute nicht inzwischen begriffen, daß sie damals einem Fantasten aufgesessen waren?«
»Die Gemeinschaft Mesa d’Oro drohte tatsächlich auseinanderzubrechen«, sagte Bob. »Die gläubigen Mestizen und Indios sahen wohl ihren Führer Rodriguez am ›goldenen Tisch‹
sitzen, litten aber selbst nach wie vor Mangel. Die ursprüngliche Ausstrahlung des Sektengründers verlor unter diesen Umständen viel von ihrer Wirkung, und seine Versuche, die Enttäuschung seiner Gemeinde nun durch religiösen Fanatismus und absoluten Herrschaftsanspruch zu verdrängen, miß-
langen immer wieder. Schließlich rief ein Indio namens Juan Corso innerhalb der Glaubensgemeinschaft Mesa d’Oro eine Widerstandsbewegung gegen Rodriguez ins Leben. Er versuchte die Menschen durch vernünftiges Argumentieren zu der Überzeugung zu bringen, daß die allzu wörtliche Ausle-gung des Versprechens vom ›goldenen Tisch‹ eine Utopie sei, die sich nicht verwirklichen lasse. Corsos Ideen zielten eher auf eine möglichst gerechte Aufteilung des Gemein-schaftsvermögens innerhalb Mesa d’Oro ab. Die Wohlhabenden unter den Mitgliedern sollten auf ihre Privilegien verzichten, ihre irdischen Güter freiwillig der Gemeinschaft übereignen und die Bedürftigen tätig unterstützen. Für alle Glaubensbrüder solle damit zwar nicht das Paradies auf Erden geschaffen werden, wohl aber sollten sie unter dem Wahrzeichen Mesa d’Oro ein menschenwürdiges Leben führen können. Rodriguez und eine kleine Gruppe Getreuer –
alles wohlhabende Grundbesitzer – widersetzten sich den Plänen des Juan Corso mit allen Mitteln, denn sie hatten keineswegs vor, sich von ihrem persönlichen Reichtum zugunsten armer Bauern und Handwerker zu trennen. Sie machten sogar gemeinsame Sache mit Kriminellen, um ihren Besitz zu verteidigen und sich weiter zu bereichern, und der mittlerweile eher erzwungenen Opferwilligkeit der Gläubigen wurde im persönlichen Interesse der Führungsclique oft mit dra-stischen Mitteln nachgeholfen. Man versuchte Corso mund-tot zu machen und verbannte ihn sogar unter Bewachung in eine abgelegene ländliche Gegend.«
»Du hast von Unruhen gesprochen«, hakte Justus ein.»Ja, mit den Gewaltmaßnahmen gegen Corso fing das an«, erklärte Bob weiter. »Corso war bei der Landbevölkerung sehr beliebt. Seine Freunde schlossen sich zusammen und zogen protestierend vor Rodriguez’ prächtige Residenz. Corso wurde aus der Verbannung befreit, und es kam zu einem Aufstand, wobei Rodriguez ermordet wurde. Sein Sohn, Anastasio Rodriguez, übernahm nun die Führungsrolle. Die nächsten Monate waren von blutigen Kämpfen zwischen Rodriguez’ Anhängern und der großen Gruppe um Juan Corso geprägt. Schließlich errang diese Mehrheit den Sieg, und Corso wurde zum neuen Oberhaupt von Mesa d’Oro ausgerufen. Anastasio Rodriguez flüchtete nach Mexiko.
Damit hätten nun wieder Ruhe und Frieden einkehren können«, fuhr Bob fort, »aber der gewissermaßen entthronte Sohn des Sektengründers strebte eine Rückkehr in seine Machtstellung an. Seine Sympathisanten in Venezuela versuchten weiterhin, gegen die neue Herrschaft und Corsos Ziele –
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