Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
gefiele, auch ohne Aussaat wachsen könne, was doch, wie die Gelehrten bewiesen haben, eine unbestreitbare Wahrheit ist, da offenbar das Getreide, um zu wachsen, nicht erst auf den Menschen gewartet hat.
Ich kann mich von diesem Muster von Pfaffen nicht trennen, ohne noch einen Zug aus seinem Leben erzählt zu haben, der beweist, mit welchem Eifer er jene Heiligen nachahmte, die mit den Armen am Weg nicht nur ihren Mantel, sondern auch ihren Rock und alles geteilt haben.
Er kam eines Tages von Tours zurück, wo er dem Bischof seine Aufwartung gemacht hatte. Wie er so auf seinem Maultier die Straße dahinreitet, begegnet er nicht weit von Ballan einer hübschen Dirne, die barfuß ging im Staub des Wegs, und hatte Mitleid mit dem armen Ding, dem es nicht einmal so gut wurde wie einem verachteten Hund, als welchem niemand zumutet, auf zwei Füßen zu gehen. Das Mädchen war müde und schleppte sich nur so hin auf dem harten Weg. Er pfiff ihr, sie sah sich um, und der Pfarrer, in dessen Art es nicht lag, hübsche Grasmücken zu verscheuchen, besonders nicht solche, die weiße Häubchen aufhaben, lud das Mädchen freundlich ein, sich hinter ihm auf sein Maultier zu setzen. Die schöne Magd sträubte sich zwar sehr unter vielen Knicksen und Entschuldigungen, wie sie eben alle tun, wenn man sie auffordert, von etwas zu essen und zu trinken, wonach sie heimlich schielen, willigte aber doch zuletzt ein. Hat sich also die Magd hinter dem Pfarrer zurechtgerückt, und das Maultier geht seinen Trott weiter, wobei die Dirne bald nach der einen, bald nach der andern Seite gleitet und sich so schlecht im Gleichgewicht hält, daß der Pfarrherr, nachdem sie Ballan hinter sich hatten, sie aufforderte, sich doch an ihm festzuhalten, was sie sich auch nicht zweimal sagen ließ, sondern mit ihren dicken, drallen Armen, wenn auch ein wenig schüchtern, den Priester umfaßte, so gut es gehen mochte.
»Schwankst du immer noch? Sitzest du nun gut?« fragte der Pfaff.
»Ganz gut, Herr Pfarrer, und Ihr?«
»Noch besser«, erwiderte er.
Es war ihm in der Tat recht behaglich.
Er fühlte von hintenher eine köstliche Wärme in seinen Körper eindringen, die von zwei Sinussen ausging, welche sich an seinen Schulterblättern rieben, als ob sie in seinen Rücken eindringen wollten, was wahrhaftig schad gewesen wäre, da hier nicht der Speicher lag für solche Ware. Nach und nach, wie sich das Maultier heftiger in Bewegung setzte, steigerte sich die Temperatur seiner Reiter in gleichem Grad, und wie sie sich aneinander akklimatisierten, der Reiter an die Reiterin und umgekehrt, und ihre Pulse wie der Trott des Maultiers in crescendo gingen, konnte es nicht fehlen bei der engen Berührung, daß auch ihre Gedanken und Wünsche sich begegneten.
»Wie wär's«, sagte der Pfarrer, indem er sich gegen die Dirne herumdrehte, »was hältst du von dem schönen dichten Gebüsch da?«
»Es ist zu nah am Weg«, erwiderte das Mädchen. »Die Buben all werden sich daraus Stecken schneiden und die Kühe die jungen Sprosse fressen.«
»Du bist doch nicht verheiratet?« fragte der Pfarrer wieder.
»Nein.«
»In keiner Weise?«
»Nein, bei Gott!«
»Das ist ja eine Schande in deinem Alter.«
»Wahrhaftig, Herr Pfarrer. Aber seht, so ein armes Mädchen, das ein Kind bekommt, ist ein unbeliebtes Haustier.«
Da hatte der Pfarrer Mitleid mit der Unwissenheit des armen Dings und bedachte, daß die Unwissenden zu belehren unter die geistigen Werke der christlichen Barmherzigkeit gehört und die kanonischen Gesetze ihm vorschrieben, seine Schäflein in den Pflichten und Aufgaben des Lebens, schweren und leichten, rechtzeitig zu unterrichten; er glaubte also wohl daran zu tun, die Dirne über ihr künftiges Schicksal ein wenig aufzuklären. Also bat er sie, keine Angst zu haben und sich ihm rückhaltlos anzuvertrauen. Er wolle ihr gemäß den kanonischen Vorschriften ohne weiteres und unentgeltlich einen gründlichen Eheunterricht erteilen, doch brauche niemand weiter davon zu wissen.
»Wenn Ihr so redet, werde ich absteigen«, sagte barsch die Dirne, der auf dem Weg von Ballan her die heftige Bewegung das Blut und anderes erhitzt hatte.
Der gute Priester aber ließ sich nicht irremachen in seinen Ermahnungen und Admonitionen, und als sie das Gehölz von Azay erreicht hatten und die Dirne um jeden Preis absteigen wollte, war ihr der Priester selber behilflich, da man in anderer Weise hätte im Sattel sein müssen, um diesen Disput zu Ende zu
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