Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
vorher.
»Ich
hab es mir einfach gedacht«, antwortete Lavinia.
»Frau
Lavinia, ich wusste, Sie
sind besonders schlau. Ich wünschte, ich wäre so wie Sie«,
sagte Qendressa, und in Lavinia erwachte Stolz. Sie freute sich, das
Kompliment vor den anderen bekommen zu haben und wusste selbst nicht
weshalb.
»Was, Frau Lavinia, darf ich für
Sie tun?«
»Ich
möchte deinen Bruder Luca anwerben! Ich biete zehn Gulden
dafür«, sagte Lavinia und vergaß zu flüstern.
»Aber
mein Bruder wird nicht mit Ihnen sprechen. Er hält sich an das
Verbot«, flüsterte Qendressa traurig.
»Kannst
du nicht mal wenigstens fragen? Uns bleibt sonst keine Möglichkeit«,
fragte Lavinia.
Doch
ehe Qendressa antworten konnte, öffnete sich die Tür, an
der Lavinia es zuerst probiert hatte und ein Pixie mit stolzem Blick
kam hervor. Luca hatte eine kleine Lederjacke an und trug um seine
Hüften einen schwarzen Kilt. Er hatte wie seine Schwester weißes
Fell, seine schwarzen Ohren waren aufmerksam in die Höhe
gerichtet und seine vier Pfoten mit schwarzem Haar bedeckt. Seine
Augen jedoch schienen rot zu leuchten.
»Wie
süß, ein Albino!«, rief Nadia und beugte sich
hinunter, um ihn genauer zu betrachten.
Luca
blickte sie angewidert an. »Nenn mich nicht süß,
Magier! Wie lautet der Auftrag?«
»Du
sollst …«, begann Lavinia.
»Ist
der Auftrag gefährlich?«
»Ja.«
»Verliere
ich vielleicht ein Körperteil?«
»Ich
denke nicht.«
»Ist
es vonnöten, durch das dunkelste Eck der Erde, durch die
kältesten Gefilde Ayorwedens und über die schärfsten
Klingen des Universums zu schleichen?«
»Ich
denke nicht, dass es so kalt sein wird und ob Messer rumliegen, weiß
ich auch nicht, aber …«
»Es
wird dir deine letzte Kraft rauben«, unterbrach Quendressa
Lavinia. »Dein Geist wird drohen, zu zersplittern und Vampire
und Werwölfe werden dich gnadenlos verfolgen.«
»Nun
gut! Ich nehme die Herausforderung an«, sagte Luca sichtlich
angestachelt von diesen Gefahren.
»Sehr
gut!«, freute sich Lavinia.
»Wo
ist mein Lohn? Ich verlange das Doppelte. Zehn Gulden als Anzahlung
und die restlichen zehn, wenn ich den Auftrag erledigt habe.«
»Schon
gut.« Lavinia zählte ihre Pfennige und Gulden. »Habt
ihr vielleicht noch zwei Gulden und dreißig Pfennige?«,
wandte sie sich an ihre Freunde.
Motzig
zog zehn Münzen aus seiner Tasche und reichte dem Pixie die
Anzahlung.
»Lass
stecken! Du darfst den Rest bezahlen«, sagte er zu Lavinia.
Als
Luca freudig sein erworbenes Geld anstarrte, öffnete sich die
Tür über Lavinias Kopf und das übermütige Lächeln
verschwand aus Lucas Gesicht.
»Sohn!«,
sagte der Vater streng. Er hatte graues Fell und einen langen Bart.
Lavinia
war sich sicher, dass das Fell des Vaters einmal tiefschwarz gewesen
war, seine großen Ohren hingen, wohl ermüdet von seinem
langen Leben, seinen Hinterkopf hinunter. Auf einen Stock gestützt
blickte er seinen Sohn mit unlesbarer Miene an.
»Vater!
Bitte, mein erster Auftrag als Söldner. Sieh mal, ich hab sogar
schon Geld verdient!«, sagte Luca flehentlich.
»Sei
vorsichtig«, sagte der alte Hase. Ohne die Magier zu beachten,
stieg er zurück in sein Zimmer und schloss die Tür hinter
sich.
»Sehr
gut! Welch hinterlistigen Plan habt ihr geschmiedet? Wessen
wertvollen Schatz soll
ich für euch stehlen? Wie viele Magier werden wir durch diesen
Auftrag stürzen?«, sagte
Luca
übermutig und wandte sich an Motzig.
»Um
genau zu sein, sollst du ein Buch kaufen. Das Wichtigste in diesem
Buch ist aber die Seite zweihundertundzwanzig.«
Luca
blickte enttäuscht drein, doch gleich darauf erfüllte
großer Tatendrang sein Gesicht und er ballte die kleinen Fäuste
vor lauter Freude.
»Komische
Geschöpfe, diese Pixies«, sagte Roxy, nachdem sie Luca am
Portal verabschiedet und ihm versichert hatten, es würde
gefährlich werden.
»Ja,
und wie knuffig sie sind! Ich hoffe er schafft es«, sagte
Nadia.
»Ich
denke, der Kleine ist ziemlich tough. Der wird uns das Buch holen.
Wie wär’s mit etwas zu essen. Kochst du, Nadia?«,
fragte Lavinia glücklich.
M axim
Meister fuhr in seinem Cabrio die Waldstraße entlang und
überlegte. Krampfhaft umfasste er das Lenkrad seines
Volkswagens. Dicke Tränen drohten aus seinen Augen zu quellen
und sein Kopf wollte bersten. Sein Vater war ins Krankenhaus
gekommen. Er hatte eine Lungenembolie und musste sofort behandelt
werden. Maxim war auf dem Weg zurück ins Anwesen. Es war bereits
dunkel geworden und die Umrisse
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