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Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)

Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)

Titel: Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Scherzinger
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der
ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eine Gänsehaut
überzog ihren Körper. Der Schrei konnte unmöglich von
einem Menschen herrühren. Egal, was den Ton verursacht hatte,
jemand hatte fürchterliche Schmerzen und schrie um Hilfe. Nervös
sah sie sich um. Niemand war zu sehen. Sie war allein. Lavinia
lauschte angestrengt. Alles war still. Die Vögel hatten ihr
fröhliches Zwitschern eingestellt und waren in Scharen aus den
Baumwipfeln geflohen. Der Wind machte eine Pause und ließ jedes
Blatt, jeden Grashalm und jedes Haar von Lavinia in Ruhe. Hektisch
sah sie in alle Richtungen. Ein zweiter Schrei, so überirdisch,
dass er ihre Sinne benebelte, erklang. Er endete so jäh, wie er
angefangen hatte. Ein Flattern folgte. Sie blickte nach oben, sah
seltsam anmutende Vögel panisch davonfliegen. In der Richtung,
aus der die Vögel gekommen waren, schien alles ruhig zu sein.
Egal, was geschrien hatte, es benötigte Hilfe, womöglich
war es in ein Loch gestürzt und brauchte ihre heilenden Hände?
Ohne zu wissen warum, und vor allem, ob es überhaupt ratsam war,
sprang sie über die niedrigen Büsche am Wegesrand und
sprintete in die Richtung, aus der sie den Schrei vermutete.
Adrenalin durchschoss ihren Körper. Sie zwang sich, schneller zu
rennen, all den Ästen und dem Blattwerk, das sich ihr in den Weg
stellte, zum Trotz. Plötzlich, am Rand einer Lichtung,
offenbarte sich ihr ein unbegreifliches Schauspiel. Eine zuckende
Frau lag neben dem Stamm einer besonders dicken Eiche. Ihr Blick war
flehentlich auf den neben ihr knienden Mann gerichtet. Beide hatten
statt Textilien lediglich ein Blattwerk an. Gerade so viel, dass ihr
Schambereich bedeckt war. Doch das Anormalste war ihre Hautfarbe. Sie
waren grün. Sie trat einen Schritt vor, um sich die beiden näher
anzusehen.
    In
diesem Moment bemerkte sie der Mann. Sein trauriges Gesicht wich bei
ihrem Anblick einer vor Wut verzerrten Miene. Blitzschnell hob er
seinen spitzen Speer und richtete ihn auf Lavinia. Diese hatte vor
lauter Faszination nicht auf irgendwelche Waffen geachtet. Lavinia
hob ihre Hände. Sie hatte keine Ahnung, was sie dazu getrieben
hatte, schutzlos vom Weg abzudriften und einem unheimlichen,
womöglich gefährlichen Schrei zu folgen. Erstmals seit den
Schreien wehte ein leichter Hauch durch die dicke Eiche. Das
Blattwerk raschelte melodisch. Auch die umliegenden Bäume fingen
an, sich im Takt des Windes zu wiegen. Doch Lavinia spürte
keinen Wind.
    Der
bewaffnete grüne Mann blickte erstaunt auf die Wipfel der Bäume
und nickte kurz. Ohne Vorwarnung ließ er seinen Speer fallen,
hob seine Hände zum Zeichen seines Rückzugs in die Höhe
und trat mehrere Schritte von der Frau weg.
    Lavinia,
die diesen Sinneswandel erst nicht verstand, beobachtete ihn
misstrauisch. Sie prüfte ihn von den Füßen bis zum
Kopf auf versteckte Waffen, konnte aber keine entdecken. Das
wohltuende Geräusch der Bäume wurde eindringlicher. Lavinia
nahm nichts anderes mehr wahr.
    Eine
goldene Wärme zog sich von ihrem Herzen bis hin zu ihren
Fingerspitzen. Sie wusste, was zu tun war. Langsam, um die beiden
nicht zu erschrecken, ging sie auf die am Boden zuckende Frau zu und
kniete sich neben sie. Eine blaue Flüssigkeit, womöglich
Blut, glitzerte gespenstisch auf der grünen Haut der jungen
Frau. Eine breite klaffende Wunde zog sich von der einen bis zur
anderen Seite ihres Bauches. Lavinia hoffte, dass der Fetzen, der
heraushing, kein Stück ihres Darms oder eines anderen Organs
war. Die Wärme in ihren Fingern wurde unerträglich heiß
und mit geschlossenen Augen legte sie ihre Hände auf die Wunde
der Frau. Die Frau zuckte und wurde plötzlich ganz still.
Lavinia hörte, wie der Mann sein Gewicht verlagerte und ein Ast
unter seinem Gewicht zerbrach. Plötzlich presste sie ihre Augen
vor Schmerzen zusammen. Ein glühend heißer Blitz durchfuhr
ihren Bauch, wollte scheinbar ihre Eingeweide auseinanderreißen.
Ihre Halsschlagader schien fest entschlossen, aus ihrer Haut
hervorzubrechen, ihre Augen schmerzten unerträglich und in ihrem
Gehirn pochte es – nein es schlugen in kurzen Abständen
mehrere Tonnen Gewicht darauf ein. Die Wärme in ihren Händen
verschwand, die Umweltgeräusche verstummten und Lavinia spürte
nicht einmal mehr den Aufschlag ihres Kopfes auf dem harten mit
Wurzeln übersäten Boden.

    Als
sie sich wieder rühren konnte und stöhnend aufsetzte,
rannte jemand oder etwas zwischen den Bäumen davon. Dieser
Jemand oder dieses Etwas hatte sie vor

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