Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
Stimme.
»O
nein, komm rein. Ich dachte du wärst Maxim.« Sie hatte
hastig gesprochen und versuchte, ihre Haare an den Kopf zu drücken.
»Na gut ich komm jetzt rein!«
»Nein
warte noch eine Sekunde!« Nadia rannte ins Bad, sie versuchte
ihr Make-up, das noch übrig war zu retten, und befeuchtete ihr
Haar.
»Ich
kann auch später noch mal kommen.«
»Nein,
nein! Ich bin schon fertig.« Sie spülte eilig ihren Mund
mit Zahnpasta aus und landete mit einem großen Satz wieder im
Bett.
Motzig
schob die Tür auf und kam mit einem Tablett herein. »Es
sind nur Bamberger und Spiegeleier. Ich glaube, die Spiegeleier sind
nicht so gut geworden, wie du sie immer machst.« Er stellte das
Tablett auf Nadias Bett.
»Ich
bin mir sicher, sie schmecken prima«, sagte Nadia, während
Motzig die Vorhänge in Nadias Badezimmer aufzog.
Das
helle Licht schien sich in Nadias Augen zu brennen. Sie
unterdrückte ein Aua .
»Ist
das nicht toll? Ich liebe diese Herbstmorgen.«
»O
ja, sie sind toll«, log Nadia und bedeckte ihr Croissant mit
Marmelade.
»Na
ja, eigentlich ist es schon drei Uhr. Aber du hast so süß
geschlafen, vorhin«, sagte Motzig und setzte sich neben sie.
Nadia
hatte das Gefühl, ihr Tag würde wunderbar werden.
*
»Du
kennst dich doch dort drinnen aus! Außerdem hast du die Gabe
des Ahnens. Du wirst etwas finden«, versuchte Motzig Nadia zu
überreden.
»Nein,
ich finde es albern, in Osvaldos herumzustöbern. Diese alte Frau
hatte doch keine Ahnung, was sie da redet. Hast du gesehen, was sie
an ihrem Pulli hatte? Ich glaub es waren Fäkalien.« Nadia
wollte nicht in die Bücherei und herumstöbern. Es würde
alles sowieso nur mit Ärger, Tod oder Verderben enden. Trotzdem
war sie mit Motzig zusammen zur Buchhandlung Osvaldos gegangen.
»Bitte,
tu es! Du musst auch gar nichts suchen. Zieh einfach eines heraus und
nimm es mit. Ganz so unrecht hatte die Alte nicht. Ich habe mich bei
der Wolkenwandlerzentrale informiert. Der Wolkenwandler, mit dem
Silvia Insana verfrachtet werden sollte, hatte tatsächlich eine
Verspätung von dreizehn Stunden. Als ich in der Stadt Loona bei
den Kerkern angerufen habe, wurde mir versichert, dass dort niemals
eine ältere Frau eingeliefert worden sei. Sie ist spurlos
verschwunden.«
»Na
gut«, murmelte sie schließlich und betrat den Buchladen. Als sie sich umsah, fragte sie
sich, ob er ihr nur deshalb das Frühstück gemacht hatte.
Ihr behagliches Gefühl vom Nachmittag war verschwunden. Sie ging
in den hintersten Gang und zog ein blaues Lederbuch aus dem Regal. Buch der Pflanzenwelt – So erziehe ich unsere
Flora.
»Nadia,
da bist du ja wieder, sehr schön! Als würdest du ahnen,
wenn ich etwas für dich hab«, sagte der bucklige
Buchhändler. Nadia stellte das blaue Buch zurück.
»Ahnen?
Was haben Sie denn für mich Docil?« Hatte die alte Dame
wirklich recht? Würden sie hier die Antwort finden?
»Ich
habe eben das neue Exemplar von Sominars
Bücherseminare reinbekommen.
Es ist die zwanzigste Fortsetzung. Du bist doch so ein großer
Fan davon, nicht?«
Nadia
folgte ihm zum Verkaufstresen und sah, wie Motzig hereinkam.
»Ach
wissen Sie, diese Lexikons hab ich nur aus Langeweile gelesen«,
sagte sie rasch.
Docil
schien enttäuscht zu sein und stellte das rote Buch zurück.
Motzig
kam zu ihr. »Und, bist du fündig geworden?«
»Ja,
ich denke, dieses Buch ist es«, log sie, nahm ein einzelnes
Exemplar, das wie verloren auf der Theke lag, und kaufte es.
*
»Na
wunderbar! Es geht darum, die Welt zu retten, und du kaufst ein
Märchenbuch«, schimpfte Motzig und lief wütend in die
Küche.
Nadia
folgte ihm durch das Esszimmer. »Es ist kein Märchenbuch.«
» Joona
C. Märchenhafte Geschichten« ,
zitierte Motzig den Titel.
»Vielleicht
basieren sie auf wahren Begebenheiten.«
»Ihr
habt Joona C.
Märchenhafte Geschichten gekauft?
Wieso habt ihr nichts gesagt. Das Buch h abe
ich auch. Da stehen echt tolle Märchen drin«, sagte
Lavinia, die im Esssaal Zeitung las.
»Wieso
hast du ein Märchenbuch? Oder überhaupt, ich hatte gar
nicht gewusst, dass du lesen kannst«, sagte Maxim mit einem
halb zerkauten Schnitzel zwischen den Zähnen. Lavinia, die sonst
immer gut zurückkeifen konnte, zuckte kleinlaut mit den
Schultern.
»Fragen
wir doch mal Lavinia, vielleicht kann sie uns ja sagen, ob die
Geschichten einen wahren Kern haben.«
»Was
ist?«, fragte Lavinia.
»Erzähl
uns von dem Buch!«, sagte Nadia und klatschte das Buch vor
Lavinia auf die
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