Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
Überfall überlebten, schickte Harib Ka sechs Männer in den Wald. Sie kehrten nicht zurück. Ich habe heute Abend mit Druss gesprochen. Er sagte, er hätte sie getötet. Ich glaube ihm. Dann griff er ein Lager an, in dem sich vierzig bewaffnete Männer aufhielten. Die Männer liefen davon. Jetzt hat er gegen Borcha gekämpft, den die meisten, ich eingeschlossen, für unbesiegbar hielten. Der Pöbel, den du gerade hinausgeschickt hast, hat keine Chance gegen ihn.«
»Stimmt«, gab Collan zu, »aber sobald er sie tötet, wird die Stadtwache ihn gefangennehmen. Und ich muß nur noch vier Tage hier verbringen, dann segle ich zu den Freien Handelshäfen. Aber wenn ich es recht verstehe, wolltest du mir einen Vorschlag machen?«
»Allerdings. Hol die Frau von Kabuchek zurück und gib sie Druss. Kaufe oder raube sie – aber tu es, Collan.«
Mit einer knappen, lässigen Verbeugung verließ der ventrische Offizier den Raum.
»Wenn ich du wäre, würde ich auf ihn hören«, erklärte Borcha.
»Nicht du auch noch!« tobte Collan. »Bei allen Göttern, hat er dir heute Abend das Gehirn zermantscht? Du und ich, wir wissen doch, was uns auf der Spitze dieses Misthaufens hält. Angst. Ehrfurcht. Manchmal nackter Terror. Was soll aus meinem Ruf werden, wenn ich eine geraubte Frau zurückgebe?«
»Da hast du recht«, sagte Borcha und stand auf. »Aber ein Ruf läßt sich wieder aufbauen. Ein Leben ist eine andere Sache. Druss sagte, er würde dir den Kopf abreißen – und er ist ein Mann, der genau das tun könnte.«
»Ich hätte nie gedacht, daß ich dich einmal in Angst sehe, mein Freund!«
Borcha lächelte. »Ich bin stark, Collan. Ich nutze meinen Ruf, weil es auf diese Weise einfacher ist, zu gewinnen, aber ich lebe nicht danach. Wenn ich einem heranstürmenden Bullen im Weg wäre, würde ich ausweichen oder mich umdrehen und davonrennen, oder auf einen Baum klettern. Ein starker Mann sollte immer seine Grenzen kennen.«
»Nun, er hat dir geholfen, deine Grenzen zu erkennen, mein Freund«, sagte Collan höhnisch.
Borcha lächelte und schüttelte den Kopf. Er verließ Collans Haus und schlenderte durch die Straßen des Nordviertels. Sie waren breiter und von Bäumen gesäumt. Offiziere der Wache marschierten an ihm vorbei. Der Hauptmann salutierte, als er den Meisterkämpfer erkannte.
Den ehemaligen Meisterkämpfer, dachte Borcha. Jetzt war es Grassin, der den Beifall einheimsen würde.
Bis zum nächsten Jahr. »Ich komme wieder«, flüsterte Borcha. »Ich muß. Es ist alles, was ich habe.«
Durch dichte Träume schwebte Sieben wieder ins Bewußtsein. Er trieb auf einem blauen See; dennoch war sein Körper trocken. Er stand auf einer Blumeninsel, konnte jedoch die Erde unter seinen Füßen nicht spüren. Er lag auf einem seidenbespannten Bett, neben einer Marmorstatue. Bei seiner Berührung wurde sie zu Fleisch, blieb aber kalt.
Er schlug die Augen auf, und die Träume entschwanden flüsternd seiner Erinnerung. Druss schlief noch. Sieben erhob sich aus dem Stuhl und streckte sich; dann warf er einen Blick auf den schlafenden Krieger. Die Stiche auf Druss’ Stirn waren rot und pochten; getrocknetes Blut klebte auf beiden Augenlidern, und seine Nase war geschwollen und schillerte bunt. Doch trotz der Wunden strahlte sein Gesicht Stärke aus, und Sieben überlief es kalt bei der fast unmenschlichen Kraft des Jünglings.
Druss stöhnte und öffnete die Augen.
»Wie fühlst du dich heute morgen?« fragte der Dichter.
»Als ob ein Pferd über mein Gesicht galoppiert wäre«, antwortete Druss, rollte sich aus dem Bett und goß sich einen Becher Wasser ein. Jemand klopfte an die Tür.
Sieben stand auf und zog ein Messer aus der Scheide. »Wer ist da?«
»Ich bin es, Herr«, erklang die Stimme des Dienstmädchens. »Hier ist ein Mann, der Euch sehen will. Er ist unten.«
Sieben öffnete die Tür, und das Mädchen machte einen Knicks. »Kennst du ihn?« fragte Sieben.
»Es ist der ventrische Herr, der gestern Abend hier war, Herr.«
»Ist er allein?«
»Ja, Herr.«
»Dann schick ihn herauf«, bat Sieben. Während sie warteten, erzählte er Druss von den Männern, die in der Nacht auf der Suche nach ihnen gewesen waren.
»Du hättest mich wecken sollen«, sagte Druss.
»Ich dachte, wir könnten auch ohne Gemetzel auskommen«, erwiderte Sieben.
Bodasen trat ein und ging sofort zu Druss, der am Fenster stand. Er beugte sich vor und prüfte die Nähte über den Brauen des Axtträgers. »Sie haben gut
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