Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
lachenden Augen zu einer neuen Einschätzung gebracht. Trotzdem würde sie gegen die Schönheiten, die sein Bett geteilt hatten, verblassen. Doch jedesmal, wenn er sie liebte, schien sie schöner zu werden. Es war seltsam. Alle seine früheren Liebschaften waren im Vergleich zu ihr langweilig. Während er noch in Gedanken versunken war, kamen zwei Nadirkrieger zu ihm. Einer sprach ihn auf nadir an.
»Tut mir leid, Jungs«, sagte er mit einem nervösen Lächeln. »Ich verstehe eure Sprache nicht.« Der größere der beiden, ein wild aussehender Mann mit schmalen, boshaften Augen, deutete auf seinen Gefährten und sagte: »Der hier haben große Schmerzen.«
»Große Schmerzen«, echote Sieben.
»Du Arzt. Mach heil.« Sieben betrachtete den zweiten Krieger. Das Gesicht des Mannes war grau, seine Augen eingefallen, die Lippen aufeinandergepreßt. »Wir gehen rein«, murmelte der erste Mann und führte seinen Freund in das neue Hospital. Siebens Herz sank, und er folgte ihnen, zündete die Laterne wieder an und führte sie an den Tisch. Der kleine Krieger versuchte, sein verwaschenes rotes Hemd auszuziehen, stöhnte jedoch auf. Der größere zog ihm das Kleidungsstück aus, und im flackernden Licht sah Sieben eine Geschwulst von der Größe eines Apfels am Rückgrat des Mannes. Das Fleisch drum herum war rot geschwollen und entzündlich. »Du schneiden«, sagte der Große.
Sieben bedeutete dem Krieger, daß er sich auf den Tisch legen sollte, dann tastete er behutsam die Schwellung ab. Der Mann versteifte sich, gab aber keinen Laut von sich. Die Geschwulst war steinhart. »Hol die Laterne«, bat Sieben den Großen. Als der Krieger sie brachte, untersuchte Sieben die Geschwulst genauer. Dann nahm er das schärfste Messer und holte tief Luft. Er hatte keine Ahnung, was die Geschwulst war – sie sah aus wie ein Riesenpickel, aber es konnte genausogut auch Krebs sein. Sicher war nur, daß er keine Wahl hatte als zu handeln, so erwartungsvoll wie die Männer ihn ansahen. Er setzte die Messerspitze an den Klumpen und stieß zu. Dicker gelber Eiter platzte aus dem Schnitt, und die Haut schälte sich wie bei einer vergammelten Frucht. Der Krieger schrie auf. Es klang erstickt und unmenschlich. Sieben legte das Messer beiseite, packte die Geschwulst und drückte sie. Mehr Eiter – diesmal gemischt mit Blut – drang heraus und lief ihm über die Finger. Der Kranke seufzte auf und entspannte sich. Sieben ging zu einem der Wasserfässer und füllte eine Holzschale, um sich die Hände zu säubern. Dann kehrte er zu dem Krieger zurück. Frisches Blut rann aus dem fünf Zentimeter langen Schnitt auf den Holztisch. Mit einem feuchten Tuch reinigte Sieben die Wunde, dann befahl er dem Mann, sich aufzusetzen, während er ein zusammengelegtes Tuch darauf drückte und es mit einem Verband um die Taille an seinem Platz hielt. Der Patient sagte etwas auf nadir zu seinem Gefährten, dann verließen die beiden Männer ohne ein weiteres Wort das Gebäude.
Sieben setzte sich. »Keine Ursache, es war mir ein Vergnügen«, sagte Sieben, allerdings nicht so laut, daß es die beiden Krieger noch hören konnten.
Er löschte wieder die Laterne, verließ das Haus durch eine Nebentür und fand sich unweit des Haupteingangs zum Schrein wieder. Da Niobe anderweitig beschäftigt war und er sonst nichts weiter zu tun hatte, stieß Sieben die Tür auf und trat hinein.
Irgendetwas an diesem Ort nagte die ganze Zeit an seinem Unterbewußtsein, aber er konnte es nicht an die Oberfläche bringen. Seine Augen wurden von der geschwärzten Eisenplatte auf dem steinernen Sarg angezogen. Die Symbole darauf waren in Chiatze geschrieben, zum Teil in Hieroglyphen, und Talisman hatte ihm erklärt, was sie bedeuteten:
Oshikai Dämonstod – Kriegsherr
Sieben kniete davor nieder und betrachtete die Symbole. Sie waren tief in das Eisen eingraviert und sagten ihm überhaupt nichts. Verärgert, daß er das Problem nicht lösen konnte, verließ er den Schrein und stieg auf den Wehrgang der Nordmauer. Dort ließ er sich im Mondschein auf der Brüstung nieder und schaute zu den fernen Bergen hinüber. Seine Gedanken kehrten wieder einmal zu Niobe und ihrer Schönheit zurück, und er lauschte eine Weile vergebens auf das Schreien des Neugeborenen. Hab Geduld, befahl er sich. Er holte das
lon-tsia
aus seiner Tasche und betrachtete das Frauenprofil, das dort geprägt war. Auch sie war schön. Er drehte die Münze herum und sah sich das Abbild Oshikais an. »Du
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