Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Magie. Ihrer Götter beraubt, wandten sich die Nadir-Stämme – bis dahin friedfertig – gegeneinander und kämpften schreckliche Kriege, die bis zum heutigen Tage andauern. So! Eine nette kleine Geschichte zum Einschlafen.«
»Und was passierte mit dem Mann, der die Augen gestohlen hatte?« fragte Druss.
»Keine Ahnung.«
»Das hasse ich an deinen Geschichten, Dichter. Ihnen fehlen immer die Einzelheiten. Warum wurde die Magie eingeschlossen? Warum hat er die Augen gestohlen? Wo sind sie jetzt?«
»Ich werde deine Beleidigungen einfach ignorieren, Druss, altes Ross«, antwortete Sieben lächelnd. »Und weißt du auch warum? Als es hieß, du seist krank, stiegen deine Wetten gegen Klay auf zwölf zu eins.«
»Krank? Ich war noch nie in meinem Leben krank. Wie konnte ein solches Gerücht entstehen?«
Sieben zuckte die Achseln. »Ich nehme an, weil du nicht am Bankett zu Ehren des Gottkönigs teilnahmst.«
»Verdammt, das habe ich vergessen! Du hast ihnen gesagt, ich sei krank?«
»Ich glaube nicht, daß ich krank gesagt habe … eher … verletzt. Ja, das war es. Du littest an deinen Verwundungen. Dein Gegner war dort und erkundigte sich nach dir. Ein netter Kerl. Sagte, er hoffte, die Prophezeiung würde deinen Stil nicht beeinträchtigen.«
»Was für eine Prophezeiung?«
»Irgendetwas darüber, daß du das Finale verlierst«, sagte Sieben fröhlich. »Absolut nichts, worüber man sich Sorgen machen müßte. Jedenfalls kannst du ihn selbst fragen. Er hat dich zu sich nach Hause eingeladen für morgen Abend – und ich wäre dir dankbar, wenn du annehmen könntest.«
»Du wärest mir dankbar? Gehe ich recht in der Annahme, daß eine Frau dahintersteckt?«
»Jetzt, wo du es erwähnst, ja, ich habe ein entzückendes Serviermädchen im Palast kennengelernt. Sie scheint zu glauben, daß ich eine Art ausländischer Prinz bin.«
»Wie sie bloß auf diese Idee kommt«, brummte Druss.
»Keine Ahnung, alter Freund. Jedenfalls habe ich sie eingeladen, hier morgen Abend mit mir zu speisen. Außerdem glaube ich, daß dir Klay gefallen wird. Er ist gescheit und weltgewandt und verbirgt seine Arroganz gut.«
»O sicher«, stöhnte Druss. »Er gefällt mir jetzt schon.«
Kapitel zwei
Das Haus in der Webergasse war ein altes nach Gothir-Art erbautes Haus aus grauen Steinen, zwei Stockwerke und ein Dach aus roten Lehmziegeln. Im Innern waren die Räume jedoch nach dem Geschmack eines Chiatze umgestaltet worden. Es gab keine quadratischen oder rechteckigen Räume mehr, jetzt flossen die Wände in vollkommenen Kurven: Ovale oder Kreise, oder Kreise auf Ovalen. Türen und Türrahmen folgten diesen Linien, selbst die schweren, eckigen Fenster, düster und funktional von außen, waren innen mit exquisit geschnitzten kreisförmigen Läden versehen worden.
Im kleinen Arbeitszimmer saß Chorin-Tsu mit überkreuzten Beinen auf einem gestickten Teppich aus Chiatze-Seide. Seine tiefbraunen Augen starrten den Mann, der vor ihm kniete, ohne zu blinzeln an. Dessen Augen waren dunkel und wachsam, und obwohl er kniete – wie es in Gegenwart seines Gastgebers üblich war –, war sein Körper angespannt und sprungbereit. Er erinnerte Chorin-Tsu an eine zusammengeringelte Schlange, ganz still, doch jederzeit bereit zuzuschlagen. Talisman betrachtete die Reliefs aus geschnitztem, lackierten Holz an den runden Wänden und die zarten Gemälde in ihren lackierten Rahmen. Sein Blick schweifte über die Kunstwerke, ohne innezuhalten, um sie zu mustern. Rasch wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem kleinen Chiatze zu. Mag ich dich? überlegte Chorin-Tsu, als sich das Schweigen ausdehnte. Bist du ein Mann, dem man vertrauen kann? Ohne zu blinzeln studierte Chorin-Tsu das Gesicht des jungen Mannes. Er hatte eine hohe Stirn, was oft auf Intelligenz hindeutete, und seine Haut hatte eher den Goldton der Chiatze als das kränkliche Gelb der Nadir. Wie alt mochte er sein? Neunzehn? Zwanzig? So jung! Und er strahlte Kraft aus, Zielstrebigkeit. Du hast über deine Jahre hinaus Erfahrung gesammelt, dachte der alte Mann. Und was siehst du vor dir, junger Krieger? Einen faltigen Alten – eine Laterne, deren Öl fast verbraucht ist, deren Flamme beginnt zu flackern? Ein alter Mann in einem Raum voll hübscher Bilder! Nun, einst war ich so stark wie du, und auch ich hatte große Träume. Bei dem Gedanken an diese Träume schweifte er ab, kam mit einem Ruck wieder zu sich und merkte, daß er in Talismans pechschwarze Augen starrte. Ein Hauch von
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