Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Arbeit aus öffentlichen Geldern bezahlt. Man hatte ihm sogar eine Steuernummer zugeteilt, das wichtigste Symbol der Bürgerlichkeit, die ihm das Recht verlieh, an Wahlen teilzunehmen. Er besaß ein kleines Haus im Südostviertel und eine Haushälterin, die ihm auch sein Bett wärmte. Weit davon entfernt, reich zu sein, hatte Jarid jedoch den kleinen Dieb, der er einst war, weit hinter sich gelassen.
Von seiner Stellung in der Gasse hatte er beobachtet, wie Druss das
Zerbrochene Schwert
betrat, und war ihm hineingefolgt. Er hatte gelauscht, wie er sein Essen bestellte, und gehört, wie das Schankmädchen ihm erklärte, daß das Haus fast vollbesetzt war und das Essen eine Weile dauern würde.
Jarid hatte die Taverne verlassen und war zu Copass gelaufen, der auf ihn wartete. Er gab dem Mann Anweisungen und verzog sich dann abwartend in den Schatten. Copass kam schon bald mit einem Dutzend Männer zurück. Die meisten waren zwar gute Kämpfer, hatten sich aber trotzdem mit Messern und Keulen bewaffnet. Der letzte Mann trug eine kleine Armbrust. Jarid nahm den wieselgesichtigen Bogenschützen am Arm und führte ihn ein Stück weg von den anderen, dann sprach er leise auf ihn ein. »Du schießt erst, wenn alles andere fehlschlägt. Du bekommst dein Geld, ob du nun schießt oder nicht. Dein Ziel ist ein Drenai mit schwarzem Bart und dunklem Lederhemd – du wirst keine Schwierigkeiten haben, ihn auszumachen.«
»Warum kann ich ihn nicht einfach töten, wenn er in der Tür erscheint?«
»Weil ich es dir sage, du Dummkopf. Er ist der Drenai-Meister. Es dient unseren Zwecken am besten, wenn er lediglich verwundet wird – verstehst du?«
»Und von welchen Zwecken reden wir hier?«
Jarid lächelte. »Im morgigen Kampf sind hohe Summen gesetzt worden. Wenn du willst, sage ich dir den Namen meines Auftraggebers. Du solltest aber wissen, daß ich dir danach das Genick brechen werde. Du hast die Wahl. Willst du es wissen?«
»Nein. Ich verstehe schon. Aber du mußt begreifen, wenn deine Männer versagen, muß ich im Dunklen auf ein sich bewegendes Ziel schießen. Ich kann nicht garantieren, daß ich ihn nicht töte! Was passiert dann?«
»Du bekommst dein Geld trotzdem. Und jetzt nimm deine Position ein.« Jarid wandte sich an die anderen, scharte sie eng um sich und redete im Flüsterton auf sie ein. »Der Drenai ist ein furchtbarer Kämpfer und sehr stark. Sobald einer von euch ihm ein Messer in den Oberkörper, Schultern, Brust oder Arme gestoßen hat, hört ihr anderen auf und lauft weg. Versteht ihr? Das ist kein Kampf auf Leben und Tod, wir brauchen nur eine tiefe Wunde.«
»Ich bitte um Verzeihung, Herr«, sagte ein hagerer Mann, dem die Vorderzähne fehlten, »aber ich habe auf Klay gewettet. Ist die Wette nicht ungültig, wenn der Drenai nicht kämpfen kann?«
Jarid schüttelte den Kopf. »Die Wette lautet darauf, daß Klay Gold gewinnt. Wenn der Drenai nicht kämpft, geht das Gold automatisch an Klay.«
»Und wenn ein Messer zu tief trifft und er stirbt?« fragte ein anderer.
Jarid zuckte die Achseln. »Das ganze Leben ist ein Risiko.«
Er entfernte sich von den Männern, tauchte in eine Gasse ein, überquerte ein Stück Brachland und verschwand dann in den Schatten eines Hauseingangs. Die Lange Tess stand vor einem zerbrochenen Spiegel. Das rote Kleid hatte sie vorn aufgeschnürt und bis zur Hüfte heruntergeschoben. Sie rieb sich den nackten Oberkörper mit einem Schwamm ab.
»Es ist warm heute abend«, sagte sie und grinste Jarid an. Er erwiderte ihr Lächeln nicht, sondern trat dicht vor sie, packte ihren Arm und drehte ihn schmerzhaft herum. Tess schrie auf.
»Halt den Mund!« befahl er. »Ich sagte doch, keine anderen Kunden heute Abend, ich will meine Weiber frisch haben.«
»Es waren auch keine anderen da, mein Liebster«, sagte sie. »Ich mußte den ganzen Weg vom Hospiz hierher rennen. Deswegen bin ich verschwitzt.«
»Hospiz? Wovon redest du, Mädel?« Er ließ ihren Arm los und trat einen Schritt zurück. Tess rieb sich den knochigen Arm.
»Loira. Sie haben sie heute dorthin gebracht. Klay hat sie geholt. Hat sie in seiner Kutsche abgeholt, ehrlich. Sie war wundervoll, Jarid. Ganz aus dunklem, schwarz lackiertem Holz, mit gepolsterten Ledersitzen und Satinkissen. Und sie liegt jetzt in einem Bett, mit Laken so weiß, als wären sie aus Wolken gesponnen.«
»Ich wußte nicht, daß Klay einer ihrer Kunden war?«
»War er auch nicht. Ihr Kleiner, Flinker Finger, ging zu ihm und bettelte um
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