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Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Titel: Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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daß sie über das Meer ging in ein Land, in dem es keine Nacht gibt, und wo sie ewig lebt in der Hoffnung, daß Oshikai sie findet.«
    »Deine Geschichte ist hübscher«, gab Gorkai zu, »und beide würden erklären, warum der Kriegsherr sie nicht finden kann. Was machen wir jetzt?«
    »Wir warten ab, was der Morgen bringt«, sagte Talisman und ging zu den Zimmern, die Gorkai für sie gefunden hatte. Es waren dreißig kleine Kammern im Hauptgebäude, alle für die Zwecke von Pilgern gedacht. Zhusai hatte ihre Decken auf dem Boden unter dem Fenster ausgebreitet und gab vor zu schlafen, als Talisman eintrat. Er ging nicht zu ihr, sondern zog sich einen Stuhl heran und betrachtete die Sterne. Sie konnte das Schweigen nicht länger ertragen und fragte:
    »Ist der Geist nicht zu dir gekommen?«
    »Doch, er kam.« Langsam erzählte er ihr die ganze Geschichte von Oshikais Suche nach Shul-sen und von den zwei Legenden, die von ihrem Hinscheiden berichteten.
    Zhusai setzte sich auf und schlang sich die Decke um die Schultern. »Es gibt noch andere Geschichten über Shul-sen – daß man sie von einem Gipfel in den Mondbergen hinabstieß, daß sie in einen Baum verwandelt wurde. Jeder Stamm hat eine andere Geschichte. Aber es ist traurig, daß er sie nicht finden kann.«
    »Mehr als traurig«, sagte Talisman. »Er sagte, ohne sie gäbe es kein Paradies.«
    »Wie schön«, meinte sie, »Aber er war auch ein Chiatze, und wir sind ein feinfühliges Volk«
    »Ich habe bislang immer festgestellt, daß Menschen, die sich ihrer Feinfühligkeit rühmen, nur so lange feinfühlig sind, wie es um ihre eigenen Bedürfnisse geht. Den Bedürfhissen anderer gegenüber sind sie meist völlig gleichgültig. Aber egal, ich bin nicht in der Stimmung, um darüber zu streiten.« Er nahm seine Decke, legte sich neben sie und schlief ein. Wie immer waren seine Träume qualvoll.
     
    Die Peitsche schnitt tief in seinen Rücken, aber er schrie nicht. Er war ein Nadir, und gleich, wie groß seine Schmerzen auch waren, er würde diesen
gajin,
diesen rundäugigen Fremden, niemals zeigen, daß er litt. Die Peitsche hatte er selber machen müssen, das Leder fest um einen hölzernen Griff winden, dann in dünne Streifen schneiden, die am Ende mit kleinen Bleiplättchen versehen waren. Okai zählte jeden Hieb bis zu den befohlenen fünfzehn mit. Als der letzte Peitschenhieb seinen blutenden Rücken traf, gestattete er sich, gegen den Pfahl zu sinken. »Gib ihm noch fünf«, ertönte die Stimme Gargans.
    »Das würde gegen die Regeln verstoßen, Herr«, antwortete Premian. »Er hat schon die Höchststrafe für einen fünfzehnjährigen Kadetten erhalten.« Okai konnte kaum glauben, daß Premian für ihn gesprochen hatte. Der Hauspräfekt hatte nie ein Hehl aus seinem Abscheu für die Nadirknaben gemacht.
    Gargan erwiderte: »Die Regel gilt für menschliche Wesen, Premian, nicht für Nadirabschaum. Wie du siehst, hat er überhaupt nicht gelitten. Er hat keinen Laut von sich gegeben. Wo kein Verstand ist, ist auch kein Gefühl. Noch fünf!«
    »Ich kann dir nicht gehorchen, Herr.«
    »Du bist deines Amtes enthoben, Premian. Ich hatte Besseres von dir erwartet.«
    »Und ich von dir, Graf Gargan.« Okai hörte, wie die Peitsche zu Boden fiel. »Wenn dieser junge Mann noch einen einzigen Hieb bekommt, werde ich meinem Vater im Palast von diesem Zwischenfall berichten. Fünfzehn Hiebe waren schlimm genug für ein Vergehen. Zwanzig wären unglaublich grausam.«
    »Schweig!« donnerte Gargan. »Noch ein Wort, und du erhältst dieselbe Strafe, und dazu wirst du von dieser Akademie verwiesen. Ich dulde weder Ungehorsam noch Insubordination. Du!« sagte er und deutete auf einen Jungen, den Okai nicht sehen konnte. »Noch fünf Hiebe, wenn ich bitten darf.«
    Okai hörte das leise Wischen, als die Peitsche aufgehoben wurde, und versuchte sich zu wappnen. Erst als der erste Hieb ihn traf, erkannte er, daß Premian sich zurückgehalten hatte. Wer immer jetzt auch die Peitsche hielt, schwang sie voller Rache. Der dritte Hieb entriß ihm ein Stöhnen, das ihn mehr beschämte als die Bestrafung selbst, aber er biß in den Lederriemen zwischen seinen Zähnen und gab keinen weiteren Laut von sich. Blut strömte über seinen Rücken und sammelte sich über dem Gürtel seiner Beinkleider. Beim fünften Hieb senkte sich eine tiefe Stille über die Halle. Gargan brach sie. »Nun, Premian, kannst du gehen und deinem Vater schreiben. Schneidet dieses Stück Abschaum ab.«
    Drei

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