Die dritte Ebene
Sarah und Tom geht es gut, er hat bereits einen Gehgips. Jetzt sag schon, was ist los mit dir?«
»Ich melde mich wieder. Mach dir keine Sorgen.«
Suzannah legte den Hörer zurück auf die Gabel und wischte sich die Tränen von den Wangen. Eine Weile blieb sie regungslos in der Telefonzelle stehen. Als es an der Scheibe klopfte, fuhr sie erschrocken zusammen. Brian stand davor und schaute sie fragend an.
»Alles okay?«, fragte er, nachdem sie die Tür geöffnet hatte.
Sie nickte stumm. »Was machen wir jetzt?«
Brian schaute auf seine Armbanduhr. »Porky müsste schon längst wieder zurück sein.«
»Und wenn er geschnappt wurde, zusammen mit Waynes Dokument?«
»Wir brauchen unbedingt die Kopien. Wenn ihnen das Original in die Hände gelangt, dann lassen sie es für immer verschwinden, und Wayne wäre umsonst gestorben.« Brian fuhr sich durch die nassen Haare. »Wir warten noch eine Stunde, dann fahren wir«, entschied er und schaute hinüber zu der kleinen Spelunke, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag. Große Regenlachen breiteten sich auf der Straße aus. Der Regen nahm zu.
St. Thomas, Ontario, Kanada
»Eine Kontaktaufnahme zur Schwester ist erfolgt«, berichtete der technische Mitarbeiter aus der Spezialabteilung.
Agent Coburn trommelte mit den Fingern auf den kleinen Beistelltisch vor seinem Sessel. »Wann und wo?«
»Die Gesprächszeit war nur kurz und enthielt keinerlei Hinweise«, entgegnete der Techniker zögernd. »Das Telefonat kam aus dem kanadischen Teil am Eriesee. Wir haben es bis zum Knotenpunkt in Buffalo verfolgen können. Ab dort sind die Leitungen noch analog, für eine genauere Ortung war die Zeit einfach nicht ausreichend. Der Anruf erfolgte vor zehn Minuten.«
Coburn runzelte die Stirn. »Was heißt das genau?«
»Die Frau befindet sich im Umkreis von sechzig Kilometern um Buffalo im kanadischen Teil der Region. Eine engere Lokalisierung war nicht möglich.«
»Gut, ich habe verstanden«, sagte Coburn. »Gibt es schon Neuigkeiten aus Ottawa?«
»Bislang haben wir noch kein grünes Licht erhalten.«
»Danke.« Coburn beendete das Gespräch. Wie viel Zeit brauchten die Kanadier noch? Was war so schwer daran, eine Akte zu studieren und zu dem einzig richtigen Ergebnis zu kommen? Für Coburn war das nichts Neues. Immer wenn kanadische Staatsbürger im Mittelpunkt amerikanischer Ermittlungen standen, spielten die Behörden in Ottawa auf Zeit.
Der NSA-Agent überlegte. Zuerst das Debakel im Hafen und jetzt ein Anruf der Frau aus der Gegend um Buffalo. Die Gesuchten waren anscheinend äußerst beweglich. Coburn glaubte nicht, dass sie sich dabei auf öffentliche Verkehrsmittel verließen. Schließlich wussten sie, dass nach ihnen gefahndet wurde. Weiterhin mussten sie damit rechnen, dass sich auch die kanadische Polizei längst an der Suche beteiligte. Saint-Claire verfügte offenbar über andere Möglichkeiten. Und da sie sich im Gebiet des Eriesees aufhielten, führte die schnellste Verbindung zum anderen Ufer direkt über das Wasser.
»Lassen Sie feststellen, ob auf diesen Saint-Claire ein Boot registriert ist«, befahl Coburn seinem Begleiter.
Langsam wuchs in ihm die Ungeduld. Er hatte es nicht gern, wenn ihn die Gesuchten an der Nase herumführten. Einen zweiten Vorfall wie den im Hafen von Sandusky würde es nicht mehr geben. Dieser kanadische Bauer, der das nette Verwechslungsspiel mitgemacht hatte, war längst wieder auf freiem Fuß, und der Chefredakteur des Clevelander Geisterjägermagazins war noch immer verschwunden. Coburn musste höllisch aufpassen, dass ihm die Fäden nicht vollends entglitten.
Erneut klingelte das Telefon. Coburn meldete sich mit einem kurzen »Ja!«.
»Eine weitere Kontaktaufnahme wurde registriert. Sie kam ebenfalls aus der Gegend um Buffalo«, meldete der Techniker.
»Und wer wurde angerufen?«
»Der Mann von der NOAA in Boulder. Es dauerte kaum zwanzig Sekunden, dann wurde das Gespräch an einen anderen Apparat vermittelt. Der Anrufer gab sich als Journalist aus. Das weitere Gespräch konnte nicht aufgezeichnet werden.«
Coburn pfiff durch die Zähne. Er beendete das Telefonat ohne weiteren Kommentar und wählte die Nummer der Zentrale in Washington.
Port Colborne, Ontario, Kanada
Porky tauchte gegen 16 Uhr am vereinbarten Treffpunkt auf. Er stieg aus einem Taxi und rannte durch den Regen. Als er die kleine Gaststätte am Hafen betreten hatte, schüttelte er sich wie ein Hund die Nässe aus den Haaren.
Brian und Suzannah
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