Die dritte Ebene
Glauben schenken konnte. Noch war Waynes Leiche nicht zur Bestattung freigegeben, und es wurde nach einem Pärchen gefahndet, das im Verdacht stand, den Einbruch verübt zu haben. Weiter hatte Vargas erzählt, dass die Polizei nur deshalb auf das Pärchen aufmerksam geworden sei, weil es Tage nach dem Einbruch noch einmal an den Tatort zurückgekehrt war. Vermutlich hatten es die Täter auf eine ganz bestimmte Beute abgesehen und beim ersten Mal überhastet die Wohnung verlassen. Für Cliff klang die Geschichte äußerst kurios. Möglicherweise brachte das Treffen mit dem Journalisten neue Hinweise auf die Ursachen der außergewöhnlichen Stürme, aber warum hatte Wayne die Daten an die Presse übermittelt und nicht ihm zugesandt? Hatte Wayne kein Vertrauen zu ihm gehabt?
Cliff blickte zum Computer. Dieses verdammte Ding. Noch nicht einmal die E-Mails konnten wiederhergestellt werden. Er stutzte. Hatte Wayne sich vielleicht per E-Mail gemeldet und die Daten als Anhang übersandt?
Der Meteorologe nickte. Das war die einzig logische Erklärung, denn er selbst saß zu dieser Zeit im Krisenstab des Weißen Hauses und schlug sich mit diesem Schnösel herum, der vor Arroganz und Größenwahn nur so strotzte. Hatte Wayne sich an die Presse gewandt, weil er keine Antwort auf seine Mail erhielt? Oder steckte etwas derart Haarsträubendes dahinter, dass er keinen anderen Ausweg sah, als an die Öffentlichkeit zu gehen? Fühlte Wayne sich vielleicht in die Enge getrieben? Verfolgt, belauscht. So wie er.
Cliff Sebastian starrte auf das Telefon. Von der Wanze hatte er bislang noch keinem erzählt. Anfänglich nahm er an, dass Wagner hinter der Aktion stand und wissen wollte, ob sich Cliff wegen der verpatzten Evakuierung von New Orleans an die Presse wandte. Aber wenn er es sich recht überlegte, was hatte Wagner von so einer Aktion? Ein Gespräch mit der Presse würde er durch eine Abhöraktion nicht verhindern können.
Er legte den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Ein unglaublicher Verdacht keimte in ihm auf. Er warf erneut einen Blick auf das zweiseitige Dokument, das ihm der Journalist zugefaxt hatte. Wirklich schade, dass die Seiten nicht vollständig waren. Hatte dieses Dokument vielleicht etwas mit dem Tod Waynes zu tun? Wurde er ermordet, weil er bei der Analyse der Wirbelstürme eine Entdeckung gemacht hatte, die er nie hätte machen dürfen? Gab es einen Zusammenhang?
Wieder schaute Cliff auf seinen Computer. Der eigene PC durch eine Vireninfektion unbrauchbar und im Telefon eine Wanze. Welches teuflische Spiel wurde hier gespielt?
Er erhob sich und verließ das Büro. Er wanderte durch die neondurchfluteten Gänge, bis er ein freies Zimmer fand, das mit einem Computer ausgestattet war. Er setzte sich hinter den Schreibtisch und meldete sich mit seinem Kennwort an. Nachdem sich der Bildschirm aufgebaut hatte, rief er seinen E-Mail-Account auf. Wenn die Mails noch nicht abgerufen waren, standen sie noch eine geraume Zeit auf dem Server des Providers zur Verfügung. Wieder gab er seinen Benutzernamen und das Kennwort seines Accounts ein. Eine Maske öffnete sich. Das Eingangspostfach war leer. Er aktivierte die weiteren Ordner. Gelöschte Mails, gesendete Mails, Entwürfe – alle Ordner waren ebenfalls leer.
Cliff atmete tief ein. Einen Augenblick starrte er auf den Bildschirm. Schließlich griff er zum Telefon und wählte die Nummer der Außendienstbereitschaft.
»Bereitschaftsdienst, Haie am Apparat«, tönte es aus der Muschel.
»Haie, hier Sebastian. Lassen Sie die Maschine klarmachen, ich muss heute noch nach Toronto. Und melden Sie den Flug bei der Luftüberwachung an. Verstanden?«
»Ja, Sir«, erhielt er zur Antwort. »Wird sofort gemacht.«
Mit zitternden Händen lenkte er seinen Lincoln aus der Tiefgarage. Die Maschine wartete auf ihn auf dem Stapleton International Airport in Denver. Er bog nach Osten in Richtung Lafayette in die Straße ein. Je mehr er über die Sache nachdachte, umso verwirrender wurde sie. Jemand war auf seinem E-Mail-Account gewesen und hatte all seine Mails gelöscht. Das konnte mit dem Virus auf seinem Computer nicht im Zusammenhang stehen, denn der Server war ein autarkes und mehrfach abgesichertes System des Providers. Mit einem Mal betrachtete er die Wanze im Telefon und den Tod von Wayne aus einem ganz anderen Blickwinkel. Er fuhr aus der Stadt hinaus und bog auf die Interstate 36 nach Denver ein. Ab und zu warf er einen prüfenden Blick in den Rückspiegel,
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