Die dritte Ebene
trat wieder in die Zelle und ließ sich neben Jack auf der Pritsche nieder. »Hat er seinen Namen genannt?«
Wiederum schüttelte Jack den Kopf.
»Woher er stammt, wohin er will, was er mitten in der Nacht da draußen tut?«, fragte der Sheriff. »Mein Gott, er muss doch etwas gesagt haben?«
»Ich habe ihn nicht gefragt«, erwiderte Jack Silverwolfe. »Er war krank, allein und verlassen. Ich wollte ihm helfen. Mehr nicht.«
»Hatte er etwas bei sich? Papiere, einen Ausweis oder einen Führerschein?«
Der Alte überlegte. »Er hatte einen Beutel bei sich.«
»Wo ist der Beutel?« Dwain Hamiltons Stimme klang fordernd.
»Ich wollte den Beutel zu ihm legen, aber dann kam Crow, der für den weißen Mann die Mülltonnen leert, und ich bin schnell weggefahren. Ich nahm mir vor, ihn auf sein Grab zu legen. Aber ich habe es auf dem Friedhof nicht gefunden.«
»Wo hast du den Beutel gelassen?«
»Im Wagen. Er ist noch immer in meinem Wagen. Ich würde ihn gern zurückgeben, aber ich habe seinen toten Körper nicht gefunden.«
Dwain atmete tief ein. Er glaubte dem alten Indianer. »Ich werde dafür sorgen, dass er seinen Beutel zurückerhält«, sagte er leise.
»Wirst du mein Land durchsuchen?«
Der Sheriff schüttelte den Kopf. »Die Ruhe der Toten ist heilig. Egal, welche Hautfarbe ihre Körper trugen.«
»Kann ich jetzt gehen?«
Dwain nickte und zog ein Dokument hervor. »Du musst diese Verzichtserklärung noch unterschrieben, dann werde ich dich zu deinem Wagen fahren, und du wirst mir alles geben, was dem Toten gehört.«
Jack griff nach dem Bogen Papier und schaute ihn fragend an. »Was ist das?«
»Es ist eine Formalität«, erklärte Dwain. »Du erklärst damit, dass du wegen deiner Inhaftierung keine Ansprüche an die Stadt Socorro stellst. Du musst nur unterschreiben.«
»Ich kann nicht schreiben«, erwiderte Jack. »Ich lese den Wind und die Spuren, und ich schreibe in das Holz. Aber eure Zeichen sind mir fremd.«
»Dann mach einfach ein Kreuz.«
Zwanzig Minuten später fuhr Sheriff Dwain Hamilton zusammen mit dem alten Indianer zurück an die Stelle, wo der Pick-up noch immer im Straßengraben stand. Voller Hoffnung öffnete er den kleinen weißen Beutel, nachdem Jack ihn aus seinem Wagen geholt hatte. Doch es befand sich nur ein schmutziges Handtuch darin. Enttäuscht suchte Dwain weiter, bis er die kleine eingenähte Tasche an der Innenseite des Beutels entdeckte. Er fasste hinein und zog eine kleine Plastikkarte mit Anstecknadel heraus. Eine Karte, wie sie Besucher in einem Krankenhaus erhielten. Auf der Vorderseite stand nur eine siebenstellige Nummernkombination, die mit den Ziffern NRC-C08 endete. Dwain drehte die Karte um und starrte sekundenlang auf die schwarzen Buchstaben. Allan Mcnish, stand dort geschrieben. Immerhin, ein Name.
Kennedy Space Center, Florida
»Meine Damen, meine Herren, ich freue mich, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und ich Sie hier auf dem Gelände des Kennedy Space Center willkommen heißen darf«, begrüßte Professor Paul die Anwesenden, die sich im klimatisierten Konferenzzimmer im zweiten Stock des NASA-Verwaltungsgebäudes versammelt hatten.
Sieben Personen, darunter zwei Frauen, saßen an dem langen Tisch.
»Noch ist unser Team nicht ganz vollständig, doch unser fehlender Gast ist erst vor wenigen Minuten in Orlando gelandet«, fuhr Paul fort. »Ich hoffe, dass er es noch rechtzeitig schafft, bevor wir in die Materie einsteigen. Meine Damen, meine Herren, Sie gehören zu den führenden Köpfen, die unsere Wissenschaft in den Bereichen Psychologie, Meteorologie, Physik und Raumfahrt aufzuweisen hat. Ich denke, die meisten unter Ihnen werden sich kennen. Wenn nicht, dann wird später Gelegenheit sein, sich miteinander bekannt zu machen. Ich will Sie nicht weiter auf die Folter spannen. Der Grund, warum wir Sie hergebeten haben, ist ganz einfach: Die NASA braucht Ihre Hilfe.«
Gemurmel erhob sich unter den Anwesenden. Fragende Blicke wurden ausgetauscht.
»Vor zwei Wochen geriet unsere Raumfähre Discovery beim Landeanflug in einen dieser ungewöhnlich heftigen Frühjahrsstürme. Das Raumschiff wurde schwer beschädigt, dennoch gelang es dem Piloten, es unter größter Anstrengung auf Edwards zu landen. Ein Blitzeinschlag hat vermutlich sämtliche Systeme einschließlich der Landetelemetrie lahmgelegt. Sogar die Steuerungseinheit, die mit einer Cäsiumuhr ausgestattet ist, wurde beschädigt. Zwei der drei Astronauten lagen ein paar Tage im Koma
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