Die dritte Jungfrau
auf und probierte es zehn Minuten später noch mal. Besetzt. Vielleicht ein Schwätzchen mit Veyrenc. Das Abhörgerät, das gleichmäßige rote Blinksignale aussandte, führte ihn ein letztes Mal in Versuchung. Heftig drückte er den Knopf.
Nichts, nur das Geräusch eines Fernsehers. Adamsberg stellte lauter. Welche Ironie des Schicksals: Veyrenc hörte eine Diskussion zum Thema Eifersucht, während er mit dem Staubsauger durch seine Einraumwohnung lief. Daß er diese Sendung bei sich zu Hause von Veyrencs Apparat aus hörte, noch dazu in seiner indirekten Gesellschaft, kam ihm ein wenig hinterhältig vor. Ein Psychiater erläuterte gerade Ursachen und Auswirkungen des Besitzzwangs, Adamsberg legte sich aufs Bett und stellte erleichtert fest, daß er trotz seines Rückfalls gerade eben keines der beschriebenen Symptome aufwies.
Plötzlich weckte ihn Stimmenlärm. Mit einem Satz richtete er sich auf, um den Fernseher abzuschalten, der durch sein Zimmer plärrte.
» Laß dir bloß nicht einfallen, dich von der Stelle zu rühren, Arschloch. «
Adamsberg machte drei Schritte bis zum Ende des Zimmers und hatte den Irrtum schon erkannt. Es war nicht sein Fernseher, sondern das Sendegerät, das von Veyrenc aus einen Film übertrug. Schläfrig suchte er nach dem Knopf, hielt jedoch inne, als er die Stimme des Lieutenant erkannte, die dem Filmhelden antwortete. Und Veyrencs Stimme war zu einzigartig, als daß sie aus einem Fernseher kommen konnte. Adamsberg schaute auf seine Uhren, gleich zwei Uhr morgens. Veyrenc hatte nächtlichen Besuch.
» Hast du ’ne Knarre? «
» Meine Dienstwaffe. «
» Wo? «
» Auf dem Stuhl. «
» Die sacken wir mal ein, was dagegen? «
» Das also wollen Sie? Waffen? «
» Und deiner Meinung nach? «
» Ich hab keine Meinung. «
Adamsberg wählte hastig die Nummer der Brigade.
»Maurel, wer ist bei Ihnen?«
»Mordent.«
»Fahren Sie schnell zu Veyrencs Wohnung, bewaffneter Überfall. Sie sind zu zweit. Im Galopp, Maurel, die haben es auf ihn abgesehen.«
Adamsberg legte auf und rief Danglard an, während er sich mit einer Hand die Schuhe zuband.
» Na, dann denk mal scharf nach, mein Junge. «
» Kommst du nicht drauf? «
» Tut mir leid, ich kenne Sie nicht. «
» Na, dann wollen wir deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen. Zieh dir trotzdem ’ne Hose über, dann siehste angemessener aus. «
» Wohin gehen wir? «
» Wir machen ’n kleinen Ausflug. Du fährst, wir sagen dir schon, wohin. «
»Danglard? Zwei Kerle überfallen Veyrenc in seiner Wohnung. Sausen Sie zur Brigade rüber, Sie müssen Veyrenc weiter abhören. Bleiben Sie ja am Gerät, ich komme.«
»Wie, abhören?«
»Scheiße, hören, was Veyrenc sagt.«
»Ich habe doch gar nicht seine Handynummer. Wie soll ich da veranlassen, daß er abgehört wird?«
»Sie sollen gar nichts veranlassen, sondern das Abhörgerät übernehmen. Der Apparat steht in Froissys Schrank, dem links. Machen Sie schnell, Herrgott, und sagen Sie Retancourt Bescheid.«
»Froissys Schrank ist abgeschlossen, Kommissar.«
»Holen Sie sich den Zweitschlüssel aus meiner Schublade, Herrgott noch mal!« schrie Adamsberg und stürzte die Treppen hinunter.
»Okay«, sagte Danglard.
Es wurde wer abgehört, es gab einen Überfall, und während er noch hastig sein Hemd überzog, zitterte Danglard bereits bei dem Gedanken, warum. Zwanzig Minuten später kniete er vor Froissys Schrank und schaltete das Empfangsgerät ein. Er hörte Schritte hinter sich, Adamsberg kam angerannt.
»Wie weit sind sie?« fragte der Kommissar. »Schon weg?«
»Noch nicht. Veyrenc hat sie zappeln lassen, sich in aller Ruhe angezogen und seine Autoschlüssel gesucht.«
»Sie nehmen seinen Wagen?«
»Ja. Gerade hat er die Schlüssel gefunden, die Kerle wurden …«
»Halten Sie die Klappe, Danglard.«
Auf Knien beugten sich beide Männer über den Sender.
» Nein, du Pfeife, dein Handy läßt du hübsch hier. Hältst du uns für Idioten? «
»Sie schmeißen sein Handy weg«, sagte Danglard. »Wir werden keinen Empfang mehr haben.«
»Schalten Sie die Wanze ein, schnell.«
»Was für eine Wanze?«
»Die in seinem Auto, Herrgott noch mal! Schalten Sie den Bildschirm ein, wir werden das GPS verfolgen.«
»Wir kriegen nichts mehr rein. Sie müssen auf dem Weg von der Wohnung zum Auto sein.«
»Mordent?« Adamsberg rief seine beiden Männer im Auto an. »Sie sind draußen auf der Straße, in der Nähe seiner
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