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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Notwendigkeit, die sich aus der Kleinheit des Materials und der Schwäche des pulverförmigen Mörtels ergibt. «
    Adamsberg legte das Buch hin und begegnete dem Blick seines Sohnes.
    »Ich weiß nicht, was dieses opus piscatum ist, Sohn, und es ist mir auch schnurz. Dir auch. Wir sind uns also einig. Aber ich werde dir beibringen, wie man ein Problem dieser Art im Leben löst. Wie du dich rauslavierst, wenn du nichts begreifst. Schau mir zu.«
    Adamsberg holte sein Mobiltelefon heraus und wählte vor dem unbestimmten Blick des Kindes langsam eine Nummer.
    »Du rufst Danglard an«, erklärte er. »Ganz einfach. Erinnere dich gut daran, du solltest seine Nummer immer dabei haben. Er hilft dir bei allen möglichen Dingen dieser Art. Du wirst sehen, paß auf.«
    »Danglard? Adamsberg. Ich störe Sie, aber der Kleine stolpert hier gerade über ein Wort und verlangt nach Erklärungen.«
    »Lassen Sie hören«, antwortete Danglard mit müder Stimme, er war es gewohnt, daß der Kommissar gelegentlich vom Wege abkam, und hatte den stillschweigenden Auftrag, ihn immer wieder dahin zurückzubringen.
    » Opus piscatum. Er will wissen, was das bedeutet.«
    »Nein. Er ist neun Monate alt, Herrgott noch mal.«
    »Ich mache keine Witze, Capitaine. Er will’s wissen.«
    »Commandant«, berichtigte Danglard.
    »Sagen Sie mal, Danglard, werden Sie mir noch lange mit Ihrem Dienstgrad auf den Wecker fallen? Commandant oder Capitaine, was ändert das schon groß? Darum geht’s im übrigen auch gar nicht. Es geht um das opus piscatum. «
    » Spicatum «, korrigierte Danglard.
    »Genau das. Ein opus, das zu Kompensationszwecken in die Mäuerchen der Dörfer eingefügt wird. Tom und ich sind ganz fixiert auf dieses Ding, unfähig, an etwas anderes zu denken. Außer daran, daß vor einem Monat ein Kerl in Brétilly einen Hirsch massakriert und nicht mal das Geweih mitgenommen hat, dafür hat er ihm das Herz herausgerissen. Was sagen Sie dazu?«
    »Ein total Übergeschnappter, ein Besessener«, sagte Danglard in trübsinnigem Ton.
    »Genau. Das sagt auch Robert.«
    »Wer ist Robert?«
    Danglard mochte zwar murren, jedesmal wenn Adamsberg ihn wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten ohne Zusammenhang anrief, trotzdem hatte er es nie verstanden, sich dem Gespräch zu entziehen, sein Recht oder seine Wut geltend zu machen und sofort aufzulegen. Die Stimme des Kommissars, die wie ein Windhauch vorüberzog, langsam, lau und wogend, trug seine ungewollte Zustimmung mit sich fort, als wäre er ein Blatt, das über den Boden rollte, oder einer von diesen verdammten Steinen in seinem verdammten Fluß, der alles über sich ergehen ließ. Danglard warf sich das oft vor und gab doch immer wieder nach. Am Ende gewinnt das Wasser.
    »Robert ist ein Freund, den ich in Haroncourt kennengelernt habe.«
    Es war überflüssig, Commandant Danglard zu erläutern, wo genau der kleine Marktflecken Haroncourt lag. Da er über eine straff organisierte Gedächtnismasse verfügte, kannte sich der Commandant mit sämtlichen Kantonen und Kommunen im Land bin ins kleinste aus und war in der Lage, ihm augenblicklich den Namen des Bullen zu nennen, der für das Gebiet zuständig war.
    »Guten Abend gehabt, demnach?«
    »Einen sehr guten.«
    »Immer noch Kameraden?« wagte Danglard sich vor.
    »Hoffnungslos. Das opus piscatum, Danglard, da waren wir stehengeblieben.«
    » Spicatum. Wenn Sie ihn schon erziehen wollen, versuchen Sie wenigstens, es korrekt zu tun.«
    »Deswegen rufe ich Sie ja an. Robert meint, ein junger Mensch hätte das getan, ein junger Besessener. Aber der Alte, Angelbert, behauptet, darüber ließe sich streiten und aus einem jungen Besessenen würde, wenn er älter wird, ein alter Besessener.«
    »Wo fand dieses Kolloquium denn statt?«
    »Im Café, beim Aperitif.«
    »Wie viele Gläser?«
    »Drei. Und Sie?«
    Danglard machte sich steif. Der Kommissar verfolgte genau, wie es in puncto Alkohol bergab ging mit ihm, und das war ihm lästig.
    »Ich stelle Ihnen auch keine Fragen, Kommissar.«
    »Doch. Sie fragen mich, ob Camille immer noch nur eine Kameradin ist.«
    »Na gut«, sagte Danglard und machte einen Rückzieher. »Das opus spicatum ist eine bestimmte Art des Mauerns, bei der flache Steine, Ziegel oder längliche Kiesel in zwei übereinanderliegenden Schichten abwechselnd schräg zueinander gesetzt werden, wodurch im Mauerwerk ein Ährenmuster entsteht, daher sein Name. Schon die Römer haben damit gearbeitet.«
    »Ah ja. Und weiter?«
    »Nichts

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