Die dritte Sünde (German Edition)
Isobel kümmern und sonst am besten um ihre eigenen Angelegenheiten. Die Felder sind tatsächlich in einem besseren Zustand als unter dem alten Rapkin. Was will ich mehr? Der Mann ist fleißig und tut seine Arbeit, ohne zu murren.« Finley atmete erleichtert aus. Seine Intervention kam offensichtlich zu spät, war aber Gott sei Dank wohl sowieso überflüssig gewesen. Das Problem, so es denn je eines gewesen war, hatte sich von allein gelöst. Einzig die Sorge um den kleinen Burschen musste die Thomsons nun noch plagen, und das war sicher Sorge genug. Doch da wurde Finley abgelenkt. Ein Rudel Rotwild hatte die Lichtung betreten und es war seine Aufgabe, seinem nicht immer ganz treffsicheren Herrn zu einem guten Schuss zu verhelfen.
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Cathy spähte durch das Fenster in die Wohnküche. Ja, der Vater war schon gegangen. Sie schluckte und wagte es dann, das Wohnhaus zu betreten, um sich wieder um Billie zu kümmern. Mary fühlte sich dafür nicht zuständig. Sie saß an der Feuerstelle und spielte mit einigen Wurzelstöcken, denen sie Lumpenfetzen umgebunden hatte und die für sie Puppen darstellten. Seit gut einer Woche ging dieses Versteckspiel nun so und Cathy schwante, dass es so auch bleiben würde. Als sie am Morgen nach Billies Unfall wieder zur Tür hereingekommen war, hatte der Vater sie keines Blickes gewürdigt. Als wäre sie Luft, hatte er lediglich Augen für Billie gehabt und war, nachdem er ihm einen etwas seltsam riechenden Tee gegeben und ihn noch eine Weile in den Armen gehalten hatte, ohne ein Wort zur Arbeit auf die Felder gegangen. Scham und Trauer hatten Cathy die Kehle zugedrückt, aber sie hatte, so gut es ihr trotz der schlimmen Schmerzen möglich war, ihre Pflichten erfüllt, hatte die Tiere gefüttert und den Stall ausgemistet. Dann hatte sie im Haus Ordnung gemacht und das Essen vorbereitet, das, wie fast jeden Tag, aus einem Gemüseeintopf mit ein wenig geräuchertem Hammelfleisch bestand. Obwohl ihr Rücken dabei unerträglich wehtat und die Wunden wie kleine Flammen brannten, verbiss sie sich jede Klage. Ein Blick auf Billie, der unruhig greinend auf der Bettstatt lag, genügte, um jedes Selbstmitleid im Keim zu ersticken. Als der Vater am späteren Nachmittag zurückgekehrt war, hatte sie gehofft, er würde nun wieder mit ihr sprechen, aber als sie ihren Hocker zurechtgerückt hatte, um sich ebenfalls an den Tisch zu setzen, wo der Vater und Mary schon den kräftigen Eintopf löffelten, hatte sie ein derart feindseliger Blick aus seinen dunklen Augen getroffen, dass sie erschreckt zurückgewichen und wieder in den Stall geflohen war. Dort hatte sie endlich ihrer Traurigkeit, die schon den ganzen Tag wie ein Klumpen in ihrer Brust gesessen hatte, freien Lauf gelassen. Es wurde ihr bewusst, dass ihre Sünde unverzeihlich war. Sie war schuld an Billies Unglück und war es wohl nicht mehr wert, zur Familie zu gehören. Aber sie musste wenigstens versuchen, es wieder gutzumachen und nun fleißiger als früher ihre Pflichten erfüllen und sich um Billie kümmern.
Und so war es geblieben. Zwar hatte die Kräuterfrau, die ihr trotz ihrer Freundlichkeit eine unbestimmte Furcht einflößte, in den darauffolgenden Tagen noch mehrmals bei ihnen vorbeigeschaut, aber da war der Vater nie zu Hause gewesen. Auf die Versuche der Frau, mit ihr ein Gespräch anzufangen, war sie nicht eingegangen. Sie war wie erstarrt, sie wusste selbst nicht, warum. Während sie früher gerne mit ihren Geschwistern gelacht und getobt hatte, fühlte sie jetzt nur noch eine stumpfe, quälende Traurigkeit, die sich zäh in ihrer schmalen Brust festgesetzt hatte. Sie hätte wohl gar nichts mehr gespürt, wenn ihr Rücken nicht immer noch so wehgetan hätte. Aber das geschah ihr ja wohl auch recht. Sie hatte es verdient.
Kapitel 7
Billie ging es irgendwann im Verlauf der Wochen besser. Er rannte, den verletzten Arm immer noch an den Körper gebunden, schon wieder um die Schuppen herum, was Cathy einerseits mit Erleichterung, andererseits aber mit noch mehr Sorge erfüllte. Die Schwester wagte es nicht, ihn aus den Augen zu lassen, musste aber auch ihre Arbeit tun. Beides zugleich war aber schlecht möglich. Als Cathy Mary einmal gebeten hatte, ihr zu helfen, hatte ihr diese nur frech die Zunge herausgestreckt und den Rücken zugewandt, um sich dann wieder ihrem versunkenen, merkwürdigen Sing-Sang-Spiel zu widmen. Das hätte früher zu ein paar kräftigen Knüffen und scharfen Worten geführt, aber nun fühlte Thomsons
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