Die dritte Sünde (German Edition)
hinterließen, ritterlich ignorierend und bemühte sich, die lange Flut ihres Haares aus den Ranken zu befreien, in die es sich inzwischen rettungslos verheddert hatte.
Cathy begann nach einem kurzen Augenblick der Verlegenheit zu kichern und steckte damit auch Aaron zum Lachen an. Doch schließlich war es dem hilfreichen Ritter gelungen, die Gefangene aus ihrem Dornenkerker zu befreien und beide traten, die stachligen Zweige vorsichtig zur Seite schiebend, aus dem Gestrüpp heraus.
»Ich hätte mir die Haare vorher zum Knoten binden sollen«, erklärte Cathy etwas verlegen, »aber ich wollte eigentlich gar nicht so viel pflücken. Irgendwie erschienen mir aber die Früchte im Inneren der Hecke viel größer und saftiger zu sein und ich bin immer tiefer hineingegangen.«
Aaron sah sie fasziniert an. Sie war so schön, dass es ihm buchstäblich den Atem verschlug. Sie schien völlig verändert. Nie hatte er sie bis jetzt mit offenem Haar gesehen. Wie ein dunkelrot leuchtender, seidener Fluss reichte es in weichen Wellen über ihre Schultern bis weit hinunter auf den Rücken. Auch ihre Haut wirkte nun nicht mehr so kränklich blass, sondern erschien, obwohl immer noch von einer reinen milchweißen Farbe, gesund und blühend. Die dunkelblauen Augen strahlten sanft und einladend wie die Oberfläche des Weihers hinter ihr. Aarons Herz klopfte heftig. Er wusste, dass er nun eigentlich etwas hätte sagen sollen, aber er brachte einfach kein Wort heraus. Er konnte seinen Blick nicht von ihr lösen. Statt des üblichen grauen Gewands war sie nun in einen einfachen blauen Miederrock gekleidet, unter dem sie eine weiße Baumwollbluse trug. Deren Schnürung am Ausschnitt hatte sie wohl der Hitze wegen gelockert. Das gewährte ihm einen verlockenden Blick auf den Ansatz ihrer Brüste.
Cathy bemerkte Aarons sprachloses Staunen, wusste aber weder wie sie darauf reagieren noch wohin sie schauen sollte. Verlegen zupfte sie mit ihrer freien Hand den lockeren Ausschnitt ihrer Bluse zurecht und ging dann mit ihrer Ernte schnell hinüber zum Weidenkorb, um die Beeren den anderen schon gepflückten hinzuzufügen.
»Ich … äh … ich wollte eigentlich schon längst bei meiner Familie sein«, erklärte sie hastig und zog derweil die Kordel ihrer Bluse wieder enger. »Ich wollte sie heute besuchen und dann dachte ich mir, Billie und der kleine Wycliff – der Junge heißt wie mein Vater, weißt du«, schob sie fahrig ein, »würden sich sicher über die Beeren freuen. Und dann war es so warm und ich bin schwimmen gegangen im See und habe mir dann das Haar mit etwas Seifenkraut [15] , das ich dort am Ufer fand, gewaschen.« Sie wies nervös mit der Hand auf die andere Seite des Sees. »Deshalb habe ich es auch nicht zusammengebunden, als ich die Beeren pflückte. Es musste doch trocknen …« Ihre Worte vertröpfelten. Aaron schaute sie immer noch einfach nur stumm an. Cathy lächelte unsicher.
Dann endlich fand Aaron seine Sprache wieder. Er räusperte sich. »Ich bin auch hergekommen, um mir ein Bad zu gönnen.«
»Ja, dann werde ich mich wohl auf den Weg machen!«, meinte Cathy und griff schnell nach ihrem Weidenkorb.
»Nein!«, entfuhr es ihm.
Sie zögerte.
»Ich meine, kannst du nicht noch etwas bleiben? Bitte!«, fügte er an.
Einen Augenblick besann sie sich, doch dann nickte sie schließlich. Aaron war überglücklich. Was war er doch für ein Glückspilz!
»Hat dir Mrs Finley nicht erzählt, dass ich dich besuchen wollte?«
»Doch!«, Cathy sah zu Boden.
»Ich hoffte, du würdest dich darüber freuen!«
»Doch … ja! Aber ich glaube nicht, dass es so gut ist, wenn wir uns sehen«, antwortete sie zweifelnd. Dann lächelte sie gezwungen, als wolle sie einen unguten Gedanken beiseiteschieben. »Gut, ich bleibe ein wenig! Ich freue mich wirklich, dich zu sehen, Aaron.« Sie setzte sich ans Ufer des Sees und stellte den Korb mit den Früchten neben sich. Aaron folgte ihr. Er wurde einfach nicht richtig schlau aus ihr.
Die Sonne brannte auf seine nackte Haut und der Schweiß sickerte ihm schmerzhaft in die Kratzer, die er sich in den Dornen geholt hatte. Er war – und das erstaunte ihn selbst – ziemlich ratlos, wie er sich jetzt verhalten sollte. Deshalb beschloss er, sich erst einmal eine Abkühlung zu gönnen. Er entledigte sich seiner Reitstiefel, behielt aber, weil er Cathy nicht in Verlegenheit bringen wollte, seine Hose an und stellte sich dann bis zu den Schenkeln ins Wasser. Die Kühle des Weihers tat ihm gut
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