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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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geistesabwesenden Lächeln an. Er hatte angefangen, sich auszuziehen.
    Nachdem er Weste und Jacke aufgehängt hatte, ließ er sich auf die Bettkante sinken. Dort saß er, als Monica aus dem Bad kam. Einer seiner Schuhe baumelte am Schnürsenkel von seinen Händen herunter.
    Er sah ihr zu, wie sie ins Bett kletterte. Sie schob das Kissen gegen das Kopfende, lehnte sich dagegen und zog die Decke bis zur Hüfte hoch. Sie setzte ihre Lesebrille auf und griff nach einem Buch auf dem Nachttisch.
    »Was hast du heute gegessen?« fragte sie und spähte ihn dabei über den Brillenrand an.
    »Nicht viel«, log er mühelos. »Nach diesem unheimlichen Frühstück heute morgen brauchte ich ja kaum noch etwas. Das Lunch habe ich ausfallen lassen, und zum Abendessen gab es ein Sandwich und ein Bier.«
    »Ein Sandwich?«
    »Nur eins.«
    »Was für eins?«
    »Truthahnbrust, Salat und Tomatenscheiben auf Roggenbrot. Mit Russian Dressing.«
    »Daran wird's liegen«, sagte sie nickend. »Kein Wunder, daß du so abwesend wirkst.«
    »Abwesend?« fragte er. »Wirklich?«
    Als er sich wieder aufrichtete, merkte er, daß Monica ihn noch immer anstarrte.
    »Wie läuft der Fall?« fragte sie ruhig.
    »Nicht schlecht. Wir stehen erst am Anfang. Die Dinge geraten nur allmählich in Bewegung.«
    »Jeder redet nur vom Hotel-Ripper. Auf dem Treffen heute kam das Thema immer wieder auf. Natürlich nur bei den privaten Unterhaltungen; nicht in den Vorträgen. Edward, die Leute machen Witze darüber und lachen, aber in Wirklichkeit haben sie Angst.«
    »Natürlich«, sagte er. »Wer hätte das nicht?«
    »Glaubst du immer noch, daß es sich um eine Frau handelt?«
    »Ja.«
    Er stand auf, legte Schlips und Hemd ab. Noch immer hatte sie ihr Buch nicht geöffnet. Sie sah zu, wie er seine Hosentaschen auf die Kommode leerte.
    »Eigentlich wollte ich es dir ja nicht erzählen«, sagte sie, »aber ich denke, jetzt werde ich es doch tun.«
    Er hielt in seiner Tätigkeit inne und blickte sie an.
    »Mir was erzählen?« fragte er.
    »Ich habe die Leute, mit denen ich mich unterhalten habe, gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, daß der Hotel-Ripper eine Frau wäre. Meine private kleine Meinungsumfrage. Ich habe sechs Leute gefragt: drei Männer und drei Frauen. Alle Männer sagten, der Killer könnte niemals eine Frau sein, und alle Frauen, die ich gefragt habe, meinten, es wäre durchaus möglich, daß es sich bei dem Killer um eine Frau handelt. Ist das nicht komisch?«
    Er legte sich aufs Bett, verschränkte die Hände im Nacken und starrte die Decke an.
    »Warum wohl könnte eine Frau solche Dinge tun?« fragte er und blickte Monica an.
    Sie ließ ihr Buch sinken. »Ich dachte, du wärst an Motiven nicht interessiert?«
    »Das habe ich mit Sicherheit nicht gesagt. Jeder Polizist ist an Motiven interessiert. Nicht an den zugrundeliegenden psychologischen oder sozialen Ursachen, wohl aber am unmittelbaren Motiv. Ein Mann tötet aus Gier, meinetwegen — und das ist wichtig für den Cop. Was die Gier verursacht hat, ist wiederum weniger wichtig. Was für ein unmittelbares Motiv könnte eine Frau für eine Reihe brutaler Morde wie diese haben? Rache? Sie verstümmelt die Genitalien der Opfer. Könnte sie Opfer einer Vergewaltigung geworden sein?«
    »Könnte sein«, sagte Monica prompt. »Grund genug wäre es. Aber es muß nicht einmal Vergewaltigung sein. Vielleicht ist sie nur ihr Leben lang von Männern ausgenutzt worden. Vielleicht haben sie sie gebumst und dann weggeworfen, so daß sie sich wertlos vorkam, wie ein Gegenstand. Und jetzt rächt sie sich.«
    »Ja, das wäre möglich«, sagte er. »In jedem Fall spielt Sex dabei eine Rolle, und ich weiß nicht, inwiefern. Könnte es sein, daß sie bloß durch und durch sadistisch veranlagt ist?«
    »Nein«, sagte Monica, »das glaube ich nicht. Körperlicher Sadismus ist unter Frauen nicht so weit verbreitet. Und Sadisten ziehen lange Leiden dem raschen Tod vor.«
    »Vielleicht ist sie von einem Mann sitzengelassen worden«, sagte er. »Betrogen. Eine verschmähte Frau…«
    Monica überlegte. »Nein, glaube ich auch nicht. Eine Frau kann von einem Mann furchtbar verletzt worden sein, aber ich glaube nicht, daß sie ihre Selbstachtung dadurch wiederherstellen würde, daß sie hingeht und Fremde abschlachtet. Ich glaube, deine erste Idee war richtig: es muß etwas mit Sex zu tun haben.«
    »Es könnte Angst sein«, sagte er. »Angst davor, mit einem Mann zu schlafen«.
    Sie blickte ihn verwirrt an. »Da

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