Die dritte Todsuende
eine Bouillabaisse serviert bekommen würde. Der Gedanke an diese aromatische Fischsuppe vertrieb die Erinnerung an Monicas großartiges Frühstück.
Er überquerte den Times Square, dessen aufdringliche, grelle Verwahrlosung ihm nicht das geringste ausmachte. Trotz all ihrer Häßlichkeit hatte die Gegend eine schrille Vitalität, die ihn erregte. Dieser Platz war die Quintessenz von New York. Wer den Times Square nicht ertrug, der ertrug auch keine Veränderung.
Aber es gab auch dort ein paar Dinge, die sich nie veränderten; Pierre au Tunnel war genauso, wie Delaney es in Erinnerung behalten hatte.
Die meisten Kunden waren Stammgäste. Es war der Typ des Bistros nebenan, in dem die alten Gäste die alten Kellnerinnen küßten.
Da die Mittagszeit vorüber war, fand Delaney seinen Lieblingstisch in der Ecke des vorderen Raums frei vor. Er bestellte die Bouillabaisse und eine kleine Flasche kalten Muscadet. Er stopfte sich die Serviette in den Kragen und breitete sie vor der Brust aus.
Er aß langsam und tunkte immer wieder kleine Stücke des knusprigen französischen Brots in die Suppe. Sie war so gut, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte, und der herbe, trockene Wein stellte die ideale Ergänzung dar. Zum Nachtisch bestellte er sich Kaffee und ein Zitroneneis und noch später ein Gläschen Armagnac.
Gewöhnlich hätte er sich damit amüsiert, die anderen Gäste und das Treiben an der Bar zu beobachten, während er aß, aber mit der aufgeschlagenen Hotelfachzeitschrift neben seinem Teller hatte er andere Dinge zu tun.
Seine ursprüngliche Absicht war ja gewesen, bei der Untersuchung eine etwas aktivere Rolle zu spielen. Er hatte gehofft, die Suche nach den Personen, die Zugang zu den Informationen über die laufenden Kongresse in New York hatten, allein übernehmen zu können. Jetzt mußte er allerdings einsehen, daß dieses Unterfangen seine Fähigkeiten oder die eines jeden anderen einzelnen Beamten überstieg. Es würde zehn, vielleicht zwanzig, wahrscheinlich sogar dreißig Männer erfordern, alle Quellen aufzusuchen und eine Liste aller New Yorker anzufertigen, die sich in den Besitz eines derartigen Veranstaltungskalenders bringen konnten.
Es war ein lähmendes, mühsames Unterfangen, das am Ende womöglich in eine Sackgasse führte. Aber, so dachte er grimmig, erledigt werden mußte es. Während er seinen Armagnac schlürfte, begann er sich zu überlegen, wie die Männer, die für diesen Job in Frage kamen, organisiert und motiviert werden konnten.
Er traf im Revier Manhattan Nord um kurz nach halb vier Uhr nachmittags ein. Ivar Thorsen war bereits da und erwartete ihn zusammen mit Boone im Büro des Sergeants.
»Ich habe alles so geregelt, wie du es haben wolltest, Edward«, sagte er. »Morgen gebe ich eine Pressekonferenz. Die offizielle Version wird heißen, daß neue Spuren eine Ausweitung der Untersuchung erforderlich machen — was ja auch stimmt — und daß wir jetzt nach einem Täter Ausschau halten, der sowohl männlich als auch weiblich sein kann. Über die blonde Perücke werde ich kein Wort verlieren.«
»Gut«, sagte Boone. »In Bergdorfers Suite im Cameron Arms haben sie weitere blonde Haare vom Teppich gesaugt. Was ist mit der Messerspitze? Und dem Mace?«
»Das halten wir unter Verschluß, jedenfalls im Moment noch«, sagte Thorsen. »Wir können nicht unser ganzes Pulver auf einmal verschießen. Wenn das Gebrüll nach Ergebnissen zu laut wird, haben wir noch das Messer und das Tränengas, um ihnen den Rachen zu stopfen. Das war der Wunsch der PR-Jungs. Es sieht ja ganz nach einer längeren Jagd aus, und deshalb müssen wir etwas in der Hinterhand behalten, um zu beweisen, daß wir Fortschritte machen.«
Delaney und Boone seufzten, denn die machiavellistischen Manipulationen der Public Relations gingen über ihren Horizont.
»Edward«, fuhr Thorsen fort, »über die Tatsache, daß du uns hilfst, möchten wir im Augenblick auch noch Stillschweigen bewahren.«
»Soweit es mich betrifft, könnt ihr das ganz für euch behalten.«
»Sergeant, alle Anfragen der Medien werden an mich weitergeleitet. In diesem Fall bin ich der einzige, ich wiederhole, einzige Sprecher des Departments.«
»Jawohl, Sir.«
»Sehen Sie darauf, daß Ihre Männer das ebenfalls kapieren. Ich will keine unautorisierten Statements der Presse gegenüber, und wenn ich irgend jemand dabei erwische, daß er Informationen weitergibt, wird er sich so schnell als Parkplatz-Wächter in der South Bronx wiederfinden,
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