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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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laut und ungehobelt«, brach es aus ihr hervor.
    »Oh, ja, natürlich«, sagte er rasch. »Das stimmt.«
    »Sie… sie drängeln sich so vor«, fuhr sie fort. »Sie nennen sich Feministinnen, aber ich glaube nicht, daß sie besonders weiblich sind.«
    »Da haben Sie sehr recht«, sagte er.
    »Ich bin der Meinung, Frauen sollten in erster Linie und überall Ladies sein. Finden Sie nicht auch? Ich meine, sie sollten kultiviert und vornehm sein, sauber und gepflegt, großzügig und verständnisvoll.«
    »Ich wurde dazu erzogen, Respekt vor Frauen zu haben«, sagte er.
    »So bin ich auch erzogen worden. Meine Mutter hat immer gesagt, wenn du dich wie eine Lady benimmst, werden die Männer dich auch respektieren.«
    »Ist Ihre Mutter noch am Leben?« fragte Ernest.
    »Oh ja.«
    »Sie scheint eine wundervolle Frau zu sein.«
    »Das ist sie auch«, sagte Zoe leidenschaftlich. »Sie ist jetzt | schon über Sechzig, aber immer noch sehr aktiv. Ich meine, sie sitzt nicht bloß zu Hause und putzt und kocht die ganze Zeit.
    Sie hat ihr eigenes Leben. Das heißt natürlich nicht, daß sie sich nicht um Vater kümmern würde; das tut sie sehr wohl. Aber er ist nicht ihr ganzes Leben. Sie ist eine sehr unabhängige Frau.«
    »Das ist großartig«, sagte Ernest. »Ich meine, daß sie so viele interessante Dinge zu tun hat.«
    »Sie sollten sie einmal sehen«, sagte Zoe. »Sie sieht viel jünger aus, als sie ist. Und sie geht jede Woche zum Friseur und läßt eine Blauspülung machen, und wie sie sich anzieht! Sie hat einen phantastischen Geschmack, wenn es um Kleider geht. Sie ist makellos.«
    »Klingt nach einer wirklichen Dame«, sagte Ernest.
    »Ja, das ist sie auch. Eine wirkliche Dame.«
    Dann begann Ernest Mittle über seine Mutter zu sprechen, die der Frau, die Zoe beschrieben hatte, überaus ähnlich zu sein schien. Nach einer Weile vernahm sie seine Stimme nur noch als eine Art Dröhnen. Sie hörte, was er sagte, und ihre Augen ruhten mit höflichem Interesse auf seinem Gesicht. Aber in ihrem Kopf vermischte sich die Vergangenheit mit der Gegenwart.
    Sie hatte ungefähr ein Jahr in New York gelebt, als sie, fast wahnsinnig vor Einsamkeit, beschlossen hatte, eine Bar in der Second Avenue zu besuchen, die mit dem Slogan warb: »Für den kultivierten Single, der den kleinen Unterschied kennt und ihn auch machen will!« Die Bar hieß The Meet Market.
    Sie hatte viel Zeit darauf verwandt, sich zu überlegen, was sie anziehen und wie sie sich verhalten sollte. Sie würde attraktiv sein, aber nicht grell. Sie würde lebhaft und fröhlich wirken, den Männern genau zuhören und wenig sprechen. Freundlich, nicht vorlaut. Ihre Meinung würde sie nur sagen, wenn man sie danach fragte.
    Sie hatte sich ein wenig gepudert, einen Hauch Rouge aufgetragen und die Lippen angemalt. Ihr erster Versuch mit falschen Wimpern hatte nicht besonders geklappt; sie saßen schief und verliehen ihr einen verworfenen, orientalischen Ausdruck. Schließlich hatte sie sie wieder abgenommen und ihre eigenen Wimpern getuscht.
    Das Meet Market war ein Schock gewesen. Die Bar war viel kleiner, als Zoe erwartet hatte, und die Gäste standen bis auf die Straße. Sie tranken Bier und mußten sich gegenseitig anbrüllen, um den Lärm der Jukebox gleich hinter der Tür zu übertönen.
    Zoe drängte sich mit klopfendem Herzen hinein und mußte bestürzt feststellen, daß die Frauen, ob allein oder in Begleitung, fast alle jünger waren als sie. Die meisten waren um die zwanzig und trugen ausländische Mode in lebhaften Farben. Neben ihnen sah Zoe wie eine alte Schachtel aus.
    Sie brauchte fünfzehn Minuten, um sich zur Bar vorzuarbeiten, und weitere fünf Minuten, um bei einem der geschäftigen, überheblichen Barkeeper ein Glas Bier zu bestellen. Um sie herum brandete das Leben: Gelächter, gebrüllte Unterhaltungen, obszöne Witze, das Schmettern der Jukebox. Die Frauen waren genauso liederlich wie die Männer. Trotzdem blieb sie stehen, wo sie stand, lächelte entschlossen und bestellte ein weiteres Glas Bier.
    »Entschuldige, Puppe«, sagte ein Mann, als er über ihre Schulter langte, um seinen Drink aus der Hand des Barkeepers entgegenzunehmen, und sie dabei anstieß.
    Sie blickte sich um. Ein stämmiger junger Mann, dunkelhäutig, mit einem Helm pomadisierter schwarzer Locken, das Profil einer römischen Münze entliehen. Er trug ein besticktes, bis zum Bauchnabel aufgeknöpftes Hemd. Sein Eau de toilette verströmte einen so ekelerregenden Moschusgeruch, daß

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