Die dritte Todsuende
bemerkte der Arzt. »Nur ein kleines bißchen. Kein Anlaß zur Sorge. So, und jetzt zu unserer Dracula-Nummer.«
Gladys reichte ihm Spritze und Nadel. Sie tupfte die Innenseite von Zoes Unterarm ab. Zoe wandte sich ab. Sie spürte den Einstich, ihr Körper erschauerte. Der Glaskolben füllte sich mit ihrem vergifteten Blut.
Wenige Sekunden später drückte der Arzt gegen ihren Arm und zog die Nadel heraus. Er reichte Gladys die volle Spritze. Die Schwester legte sie beiseite und klebte ein kleines, rundes Pflaster auf den roten Punkt in Zoes Unterarm.
»Und nun zum angenehmen Teil«, sagte Dr. Stark.
Er zog seinen fahrbaren Stuhl näher heran und starrte durch seine Brille mit den halben Gläsern kritisch auf Zoes nackten Busen. Er begann ihre Brüste zu betasten. Sie ließ den Kopf sinken. Mit halbgeschlossenen Augen beobachtete sie, wie seine pelzigen Finger über ihr Fleisch krochen. Wie schwarze Raupen.
Er benutzte die Flächen seiner breiten Fingerkuppen und bewegte seine Hände in kleinen Kreisen, um das Gewebe unter der Haut abzutasten. Er beendete die Examinierung damit, jede Warze leicht zu kneifen, um ihre Erektion zu beobachten. Da hatte Zoe Kohler ihre Augen bereits fest geschlossen.
»Okay«, sagte Dr. Stark. »Sie können jetzt wieder aufwachen. Untersuchen Sie Ihre Brüste manchmal selbst, Zoe?«
»Ich… nein, tue ich nicht.«
»Warum nicht? Ich habe Ihnen doch gezeigt, wie.«
»Ich habe es lieber, wenn ein Arzt das macht.«
»Na gut. Jetzt kommt der Ritt auf dem eisernen Pony.«
Gladys half ihr auf den gepolsterten Untersuchungstisch, schob das Kissen unter ihrem Kopf zurecht und glättete das Laken, das ihren Körper bis zur Hüfte bedeckte. Dr. Stark rollte zwischen ihre Beine, wobei er den Stuhl mit den Füßen vorwärtspaddelte. Die Schwester streifte ihm Gummihandschuhe über. Er begann mit der Untersuchung. Zoe starrte die Decke an und biß sich auf die Unterlippe. Sie fühlte keinen Schmerz. Nur die Demütigung.
»Entspannen Sie sich«, sagte er. »Es hilft, wenn Sie versuchen, sich zu entspannen. Sie sind ganz verkrampft. Atmen Sie tief ein und aus.«
Sie versuchte sich zu entspannen. Sie dachte an blauen Himmel, Weizenfelder, ruhige Seen. Sie atmete tief ein und aus.
»Spatel«, sagte der Arzt leise.
Sie spürte nichts, aber sie wußte, daß er jetzt den Abstrich vornahm.
»Tut's weh?«
»Nein«, keuchte sie.
»Empfindlich?«
»Nein.«
Er begann, ihren Unterleib abzutasten.
»Hier Schmerzen?«
»Nein.«
»Spüren Sie hier etwas?«
»Nein.«
»Nur noch eine Minute.«
Sie wartete, wußte, was folgen würde. Sie hatte mit weitoffenen Augen zur Decke hochgestarrt. Sie war fest entschlossen, nicht zu weinen. Dabei ging es gar nicht um den Schmerz; sie spürte keinen Schmerz. Ein Stechen hier und da, das Gefühl, daß etwas gespannt, der fremden Welt dort draußen geöffnet wurde, aber kein Schmerz. Warum also mußte sie gegen die Tränen ankämpfen? Sie wußte es nicht.
Langsam, sanft, zartfühlend wurden Finger und Hände zurückgezogen. Dr. Stark streifte seine Handschuhe ab. Er versetzte ihr einen leichten Schlag auf das nackte Knie.
»Wunderbar«, sagte er. »Sie sind in großartiger Verfassung. Ziehen Sie sich an und kommen Sie zu mir ins Sprechzimmer.«
Sie zog sich langsam an. Strich mit einem Kamm durch ihre Haare. Sie fühlte sich ausgelaugt und irgendwie befriedigt.
Dr. Stark war hinter seinen Schreibtisch gesunken, die Brille hatte er auf sein weißes Haar geschoben. Müde rieb er sich die faltendurchfurchte Stirn.
»Sieht alles ganz normal aus«, berichtete er Zoe. »Die Laborberichte werden wir in drei Tagen erhalten. Ich erwarte keine ungewöhnlichen Resultate. Wenn doch was sein sollte, rufe ich Sie an.«
»Kann ich Sie nicht anrufen?« fragte Zoe ängstlich. »Wenn ich nichts von Ihnen höre? In drei oder vier Tagen?«
»Sicher«, sagte er gleichmütig. »Warum nicht?« Er legte den kurzen Zigarrenstummel aus der Hand. Er betrachtete Zoe freundlich.
»Kommt Ihre Periode regelmäßig, Zoe?«
»Oh ja«, sagte sie. »Alle sechsundzwanzig, siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Tage. Um den Dreh herum.«
»Gut«, sagte er. »Wann ist die nächste fällig?«
»Am zehnten April«, sagte sie prompt.
»Haben Sie immer noch diese Krämpfe?«
»Ja.«
»Wann fangen sie an?«
»Einen oder zwei Tage früher.«
»Schlimm?«
»Sie werden immer schlimmer. Erst wenn ich zu bluten beginne, hören sie auf.«
Er verzog das Gesicht, blinzelte und schüttelte
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