Die dritte Todsuende
zu sein — mit Ihnen. Wenn ein Mann mir hinterher ein kleines Geschenk machen will, weil er sich so gut amüsiert hat…«
»Oh sicher, Irene«, sagte er und schluckte. »Ich verstehe.«
»Haben Sie ein Radio?« fragte sie abrupt. »Schalten Sie das Radio ein, damit wir endlich loslegen können.«
Er schaltete das Nachttischradio ein. Discomusik dröhnte in den Raum.
»Wow!« rief sie und schnippte mit den Fingern, »das ist toll. Haben Sie Lust zu tanzen?«
Er kippte hastig den Bourbon hinunter. »Ich bin kein besonders guter Tänzer«, sagte er.
»Dann tanze ich allein.«
Sie begann durch den Raum zu gleiten, mit erhobenen Händen und schwingenden Hüften. Ein Träger glitt von ihrer Schulter und hing lose herunter.
Er saß auf dem Bettrand, das leere Glas an den Lippen und beobachtete sie mit verwunderten Augen.
»Zu viele Klamotten«, sagte sie und schob sich im Rhythmus der Musik auf ihn zu, drehte sich um und kommandierte: »Aufmachen!«
Gehorsam öffnete er den Reißverschluß im Rücken ihres Kleides. Sie hörte nicht auf sich zu bewegen. Sie schlüpfte aus dem zweiten Träger, ließ das Kleid herunterfallen, stieg heraus und kickte es auf einen Stuhl.
Sie stand einen Moment lang still, bekleidet mit ihrer herzchenbestickten Unterwäsche, der rötlichen Strumpfhose und den hochhackigen Schuhen. Sie starrten sich an. Dann wechselte die Musik, ein Tango erklang. Wieder begann sie, durch den Raum zu schweben.
»Ich schwöre bei Gott«, sagte er heiser, »das ist das Verrückteste, was mir je passiert ist. Irene, Sie sind eine tolle Frau. Ich kann's noch immer nicht fassen.«
»Fassen Sie's ruhig«, sagte sie lachend. »Es ist wahr.«
Sie fuhr fort, für ihn zu tanzen, bis die Musik zu Ende war. Dann streifte sie Schuhe und Strumpfhose ab. Jerry blickte zu Boden.
»Jerry«, sagte sie.
Er hob den Kopf und sah sie an.
»Gefalle ich dir?« fragte sie und posierte mit den Händen auf den Hüften, das Gewicht auf das linke Bein verlagert. Sie kniff ein Auge zusammen und legte den Kopf schief.
Er nickte. Er wirkte verängstigt und bemitleidenswert. Sie trat auf ihn zu und blieb zwischen seinen Beinen stehen. Sie nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände und zog sein Gesicht an ihren weichen, duftenden Bauch.
»Zieh dich aus, Herzchen«, sagte sie kehlig. »Ich muß mal Pi-pi. Dauert nur eine Minute.«
Sie ergriff ihre Schultertasche und ging zum Badezimmer. An der Tür drehte sie sich um, aber er blickte ihr nicht nach.
Sie traf die üblichen Vorbereitungen und dachte dabei, daß er ziemlich schwierig war. Er war verwirrt. Er hatte kein Selbstvertrauen. Das war nicht fair.
Nackt verließ sie das Badezimmer, ein Handtuch über den rechten Unterarm und die Hand gebreitet. »Hier bin ich!« sagte sie fröhlich.
Er lag nicht nackt unter der Bettdecke. Er hatte nur Jackett und Weste ausgezogen, den Schlips gelockert und den Kragen geöffnet. Er saß immer noch auf dem Bettrand, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er drehte das Glas in seinen zernarbten Händen hin und her. Es war jetzt fast bis zum Rand voll mit Whiskey.
Als er ihre Stimme hörte, wandte er den Kopf.
»Allmächtiger!« sagte er ehrfürchtig.
Sie ging zum Bett und kniete sich hinter ihn. Mit ihrer linken Hand zog sie ihn sacht nach hinten, bis er sich gegen sie lehnte.
»Jerry«, fragte sie, »was ist los?«
Er stöhnte. »Irene, das hier ist nicht richtig. Ich kann es nicht tun. Ich kann's einfach nicht, es tut mir leid. Hör zu, ich gebe dir Geld. Ich will deine Zeit nicht länger vergeuden. Aber wenn ich an mein kleines Mädchen denke, das zu Hause auf mich wartet, kann ich einfach nicht…«
»Psst, Psst«, sagte sie beruhigend. Sie legte ihre Handfläche sanft auf seine Stirn und zog seinen Kopf zurück, bis er zwischen ihren Brüsten lag. »Denk nicht daran. Denk einfach an gar nichts.«
Sie ließ das Handtuch fallen. Sie stieß ihm die Messerklinge unterhalb seines linken Ohres in den Hals und zog sie dann mit aller Kraft ruckweise nach rechts.
Sein Körper sprang mit einem konvulsivischen Zucken vom Bett. Das Glas klirrte zu Boden. Whiskey spritzte. Jerry schlug der Länge nach hin. Seine Arme arbeiteten wie Dreschflegel.
Aber es war nicht das, was sie erstaunte. Das Erschreckende war die Fontäne seines Bluts, der wilde Strahl, der mit einer solchen Macht herausgeschossen war, daß kleine Fleischfetzen bis an die Wand gespritzt waren und dort langsam hinunterrutschten.
Fasziniert beobachtete Zoe einen Moment, wie sich
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