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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Soll ich rausgehen?«
    »Nein, nein. Ich möchte, daß du das hörst.«
    Er wählte eine Nummer und lauschte eine Sekunde. Dann sagte er: »Mary? Ivar Thorsen hier. Stell mich bitte zu ihm durch. Er erwartet meinen Anruf.« Während er wartete, blinzelte er Delaney zu. »Timothy? Ivar Thorsen hier. In Ordnung, Timmy, ich übernehme den Job.« Er legte auf und drehte sich um.
    »Du Bastard!« Delaney schnappte nach Luft. »Du mußt doch wohl der größte Hundesohn sein, der mir je begegnet ist«
    »Das höre ich nicht zum erstenmal«, meinte der Admiral.
    Nachdem er Thorsen hinausbegleitet hatte, wanderte Delaney zurück in die Küche. Monica hatte gerade ein paar Schweineschnitzel in der Pfanne. Der Chief holte eine Stange Sellerie aus dem Kühlschrank und lehnte sich kauend an die Spüle, um Monica zuzusehen.
    »Ich habe Ivar zugesagt, ihm bei dem Hotel-Ripper-Fall zu helfen.«
    Sie nickte. »Ich habe mir schon gedacht, daß er so was von dir wollte.«
    »Er hat jetzt die Leitung der Untersuchung übernommen. Abner Boone wird den Kontakt zwischen uns halten.«
    »Gut«, sagte sie unerwarteterweise. »Ich bin froh, daß du wieder eine wichtige Aufgabe hast.«
    »Bin ich dir auf die Nerven gefallen?«
    Sie bedachte ihn mit einem schnellen, schelmischen Lächeln. »Nicht mehr als gewöhnlich. Hast du Ivar gesagt, daß du eine Frau für den Täter hältst?«
    »Ja.«
    »Hat er dir zugestimmt?«
    »Er hat weder ja noch nein gesagt. Er will behutsam vorgehen. Das ist in Ordnung; immerhin geht es um seinen Ruf und seine Karriere. Er will eines Tages Commissioner werden.«
    »Ich weiß.«
    »Du weißt? Wieso weißt du?«
    »Karen hat es mir gesagt.«
    »Und du hast es mir nie erzählt?«
    »Ich dachte, du wüßtest es. Abgesehen davon, erzähle ich dir doch nicht alles.«
    »Nicht? Ich erzähle dir alles.«
    »Quatsch«, sagte sie, und er küßte sie.

7
    Es war weniger eine Schwäche als eine generelle Abgespanntheit. Ihr Wille war abgestumpft; ihr Körper schien das Kommando über ihre Handlungen übernommen zu haben. Sie schlief lange Stunden wie betäubt und erwachte kraftlos mit einer geradezu schmerzenden Müdigkeit in den Muskeln.
    Jeden Morgen stieg sie auf die Waage im Badezimmer. Sie sah zu, wie sich ihr Gewicht unaufhaltsam verringerte. Nach einer Zeit hörte sie auf, sich zu wiegen; sie wollte es einfach nicht mehr wissen. Es war etwas, daß sich ihrer Kontrolle entzog. Vage dachte sie, daß es wohl auf ihren Mangel an Appetit zurückzuführen sein mußte; Essen machte sie krank, all das Zeug, was da in ihrem Mund verschwand…
    Ihre Periode hatte aufgehört, aber die Krämpfe setzten sich fort. Manchmal war ihr schlecht; zweimal hatte sie sich ohne ersichtlichen Grund übergeben müssen. Sie wurde von unerklärlichen Anfällen von Durchfall heimgesucht, auf die ebenso unerklärliche Tage mit Verstopfung folgten. Sie fiel öfter und länger in Ohnmacht.
    Sie hatte den Eindruck, daß ihr Körper, die fleischliche Hülle, in der sie sich befand, langsam aber sicher zerfiel, sich auflöste, seine Funktionen und Programme vergaß und dem Chaos anheimfiel. Ihr fiel plötzlich ein, daß sie vielleicht im Begriff sei, zu sterben. Sie lief in die Küche, um eine Valium zu schlucken.
    Sie blickte an ihrem nackten Körper herunter. Sie betastete ihre Haut, das Haar, weiches Fett und harte Knochen. Sie war noch da, unbezweifelbar; warm und pulsierend. Zwicken tat weh, Streicheln war angenehm. Aber tief innen saß Fäulnis, dessen war sie sicher. Fäulnis. Es erstaunte sie mehr, als es ihr Angst einjagte.
    Sie funktionierte; sie tat, was sie zu tun hatte. Ließ das abgebrochene Messer in einen Gully fallen. Wickelte die leere Mace-Dose in einen Lumpen und warf sie in eine kleine Mülltonne zwei Blocks von ihrem Haus entfernt. Suchte ihren Körper und ihre Kleidung nach Blutflecken ab. Sie tat all das mit einer trägen Losgelöstheit, ohne sich zu fragen, warum.
    Sie badete jeden Tag, zog sich an und ging zur Arbeit. Plauderte am Telefon mit Ernest Mittle. Aß mit Maddie Kurnitz zu Mittag. Alles wurde zum Traum, wenn man es erst losgelöst von der Realität erlebte.
    Einmal rief sie Sergeant Coe an, um ihn zu fragen, ob er für Barney McMillan einspringen könnte. Coes Frau nahm den Hörer ab, und Zoe sagte: »Hier spricht Irene«, hielt verwirrt inne und sagte schließlich: »Hier spricht Zoe Kohler.«
    Etwas geschah mit ihr. Etwas langsam, schrittweise Ablaufendes, Unabänderliches. Und sie ließ zu, daß es sie übernahm,

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