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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Mutter.«
    »Wie heißt sie mit Vornamen?«
    »Irene«, sagte sie.
    Die Sprechstundenhilfe von Dr. Stark hatte Zoes Telefonnummer von zu Hause und ihre Büronummer in ihren Unterlagen. Am Nachmittag des 13. Mai rief der Doktor Zoe im Hotel an und fragte sie, wie sie sich fühle.
    Sie erklärte, es gehe ihr besser, seit ihre Periode vorüber sei, aber manchmal fühle sie sich schwerfällig und kraftlos. Sie erzählte ihm nichts von ihrer Übelkeit, dem fortgesetzten Gewichtsverlust und den wachsenden Ohnmachtsanfällen.
    Er fragte, ob sie die doppelte Dosis Cortison und die Salztabletten nehme. Sie bejahte und fügte auf seine weiteren Fragen hinzu, daß die Einnahme ihr keine Magenbeschwerden verursache.
    Darauf sagte er, daß er die Ergebnisse der letzten Urin- und Blutuntersuchung jetzt vorliegen habe und daß sie einen leichten Cortisonmangel erkennen ließen. Das sei kein Anlaß zur Beunruhigung, aber auch nichts, das man ignorieren dürfe. Sie solle sich weiterhin streng an ihre Medikamentierung halten, bis er nach ihrem Termin am 3. Juni in seiner Praxis zu einer Neueinschätzung der Lage kommen könne.
    In der Zwischenzeit solle Zoe in der Praxis vorbeikommen und sich ein neues Rezept abholen, das er bei der Sprechstundenhilfe für sie hinterlegen würde, damit sie nicht zu warten brauchte.
    Das Rezept laute auf zwei Dinge. Das erste war ein Kettchen, von dem Stark wollte, daß Zoe es stets trug. Es würde ihren Namen enthalten und den von Dr. Stark und seine Telefonnummer. Weiterhin würde darauf stehen, daß sie an einer Fehlfunktion der Nebenniere leide und im Falle einer Verletzung oder einer Ohnmacht eine Hydrocortisoninjektion brauche.
    Das Hydrocortison sei in einem kleinen, etikettierten Päckchen, das Zoe immer in ihrer Handtasche aufbewahren solle. Die Lösung befände sich in einer abgepackten, sterilen Spritze und könne sofort injiziert werden.
    Dr. Stark wiederholte alles und fragte, ob Zoe es verstanden hätte. Sie bejahte das, und er versicherte ihr, Kettchen und Medikament seien nur eine ›Vorsichtsmaßnahme‹, und er bezweifle, daß sie jemals gebraucht würden. Er lasse sie in einer Apotheke an der Third Avenue bereitstellen.
    Sie schrieb sich Namen und Adresse der Apotheke auf.
    Am folgenden Tag benutzte sie ihre Mittagspause dazu, das Rezept in Dr. Starks Praxis abzuholen und anschließend in der Apotheke an der Third Avenue Kettchen und Medikament zu erstehen. Als sie wieder im Hotel war, verstaute sie beides ganz hinten in der untersten Schreibtischschublade. Sie holte sie nie wieder heraus.
    Am Abend des 16. Mai war Zoe allein zu Hause. Sie hatte gerade geduscht und trug nichts als ihren alten Flanellmorgenrock und ein Paar ausgefranste Hausschuhe. Sie hatte sich auf der Couch zusammengerollt, feilte ihre Fingernägel, wobei sie sich über eine leichte Verfärbung ihrer Fingerknöchel wunderte, und sah sich eine Wiederholung von ›Rebecca‹ im Fernsehen an.
    Kurz vor zehn klingelte das Telefon, und der Portier meldete, daß eine Mrs. Kurnitz in der Halle warte und nach oben kommen wolle. Zoe bat ihn, sie heraufzulassen und ging zur Tür.
    Mit großen Schritten stürmte Maddie aus dem Fahrstuhl. Sie hatte sich einen dreckigen weißen Regenmantel wie ein Cape um die Schultern geworfen, die Schöße flatterten hinter ihr wie gebrochene Flügel. Ihr Make-up war ein Chaos, verschmiert und um die Augen herum verlaufen. Zoe hatte den Eindruck, daß sie geweint haben mußte.
    »Maddie«, sagte sie, »was machst du?«
    »Hast du was zu trinken?« fragte Maddie. »Bier, Whiskey, Wein? Oder Salzsäure, Seifenlauge, Schierling? Mir ist alles recht.«
    Zoe ließ sie eintreten und verschloß die Tür hinter ihr. Maddie ließ ihren Mantel auf den Boden fallen. Zoe hob ihn auf. Maddie versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, ihre Finger zitterten aber so sehr, daß sie sie zerbrach. Sie ließ sie ebenfalls auf den Boden fallen, und Zoe hob die beiden Hälften auf. Schließlich gelang es Maddie, sich Feuer zu geben. Sie warf sich auf die Couch, wo sie nervös vor sich hin paffte.
    »Ich habe etwas Wodka«, sagte Zoe, »und…«
    »Wodka ist gut. Einen groooßen Wodka. On the rocks. Nichts dazu. Nur jede Menge Wodka.«
    Zoe ging in die Küche, um Maddie einen Wodka einzuschenken und sich selber ein Glas Weißwein. Weil ihr Valiumvorrat sich dem Ende zuneigte, nahm sie zwei Librium, bevor sie wieder ins Wohnzimmer ging.
    Mit zwei großen Schlucken schüttete Maddie die Hälfte des Wodkas hinunter.

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