Die Druidengöttin
böses Wort zwischen ihnen gefallen.
Keely deckte ihn bis über beide Schultern zu und ging barfuß zum Fenster. Der Tag hatte grau und trüb begonnen, der Himmel war bedeckt, als stünde Schnee ins Haus – nicht ungewöhnlich für den einundzwanzigsten Dezember.
Keelys Herz hallte wider von dem Lied ihrer Druidenahnen. Heute war die Wintersonnwende, Alban Arthuan, das Fest des Lichts, wenn die Sonne die Dunkelheit der Welt überwand und die Tage wieder länger wurden.
Keely wünschte sich, sie könnte diesen Feiertag draußen begehen und nach den heiligen Mistelzweigen suchen, aber der Graf hatte recht. Wenn diese Engländer, die von nichts eine Ahnung hatten, sie dabei erwischten, würden sie sie als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrennen.
Als ihr Blick noch einmal auf ihren schlafenden Ehemann fiel, überlegte sie kurz, ob sie ihn aufwecken sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. An einer heidnischen Zeremonie teilzunehmen, würde für ihn wohl nie an erster Stelle stehen.
Keely zog sich ihre Zeremonienrobe über das Nachtgewand und wählte einen schwarzen Obsidian, um die schwarze Magie fernzuhalten. Mit den Achaten legte sie einen Kreis in der Mitte des Zimmers. Dabei ließ sie nur im Westen einen Eingang offen.
Durch diesen Eingang betrat sie den Kreis und schloß ihn mit dem letzten weißen Achat, wobei sie flüsterte: »Störende Gedanken bleiben draußen.«
Sie stellte die Kerze in die Mitte des Kreises und legte den schwarzen Obsidian daneben. Dann schloß sie den Kreis, indem sie ihn mit ihrer goldenen Sichel nachzog. Wieder in der Mitte des Kreises, drehte sie sich dreimal im Uhrzeigersinn und kam, den Blick nach Osten gerichtet, zum Stehen.
Sie kniete sich nieder, schloß die Augen und sang: »Die Alten sind hier, sie warten ab und sehen zu. Die Sterne sprechen durch die Steine, und das Licht scheint durch die dickste Eiche. Himmel und Erde sind ein Reich.«
Daraufhin nahm sie die Kerze und hob sie gen Osten. »Heil dir, Große Muttergöttin, die du das Licht aus der Dunkelheit bringst und die Wiedergeburt aus dem Tod. Ich bitte dich um eine Gnade: Beschütze mein ungeborenes Kind, sorge für seine Sicherheit. Und obwohl er kein Gläubiger ist, befreie meinen Ehemann von dem Bösen, das in seiner Nähe lauert.«
Nachdem sie die Kerze ausgeblasen hatte, erhob sich Keely, trat an den westlichen Rand des Kreises und hob einen Achat auf, womit der Bann gebrochen war. Sie warf kurz einen Blick auf das Bett und erstarrte.
Richard lag auf der Seite und beobachtete sie. »Wie geht es dir?« fragte er sie schlaftrunken.
»Gut.« Keely machte sich auf eine Standpauke gefaßt.
»Es ist doch äußerst merkwürdig, daß die Morgenübelkeit dir nur am Sonntag zu schaffen macht, wenn wir uns für den Kirchgang zurechtmachen«, bemerkte Richard schmunzelnd.
Keely überging diese scharfsinnige Beobachtung. Sie sammelte ihre magischen Steine ein und räumte sie auf, bevor sie die Zeremonienrobe auszog und zurück ins Bett kletterte.
Richard hob einladend die Decke hoch, und Keely kuschelte sich an ihn. Er zog sie in seine Arme, und sie legte den Kopf auf seine Brust.
»Du hast gebetet, Schatz«, flüsterte Richard, während er mit dem Daumen ihre seidene Wange liebkoste. »Danke, daß du mich in deine Gebete eingeschlossen hast.«
»Gern geschehen.« Dann jammerte sie: »Den Kreis hier im Zimmer zu legen, behindert meine Andacht.«
Richard grinste und gähnte. »Es ist noch so früh, schlafen wir noch ein wenig.«
Keely schloß die Augen und kuschelte sich wieder an Richard. In seinen Armen fühlte sie sich sicher. Eine Zeitlang lagen sie zufrieden da und schwiegen.
»Richard?«
»Ja, Schatz?«
»Wann ziehst du die Zeremonienrobe an, die ich für dich gemacht habe?«
»Vielleicht wenn du Das Leben der Heiligen fertig gelesen hast.«
»Aber ich habe noch gar nicht damit angefangen.«
»Ich weiß ...«
Bei schlechtem Wetter vertrieben sich die Höflinge mit Kartenspielen, Glücksspiel, Wahrsagen und Tennis die Zeit. Vor dem Abendessen verließ Richard das gemeinsame Schlafzimmer, um Herzog Robert aufzusuchen, der ihn zu einem riskanten Glücksspiel eingeladen hatte.
Keely war an diesem Tag nach keiner der üblichen Vergnügungen zumute. Sie hatte es sich statt dessen vor dem Kaminfeuer bequem gemacht und nähte Babykleider. Zwischendurch lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück, schaute dem Spiel der Flammen zu und versuchte dabei, sich ihre Tochter vorzustellen. Ob sie wohl rote Haare und
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