Die Druidengöttin
Devereux. Falls Eure Absichten nicht durch und durch ehrenhaft sind, bin ich gezwungen, Euch zu töten.«
»Ich verstehe, Euer Gnaden.« Mit diesen Worten lief Richard den Korridor entlang und verschwand im Treppenhaus.
Was, zum Teufel soll ich nun machen? fragte sich der Herzog mit vor Reue wehem Herzen. Welches meiner drei geliebten Kinder soll ich zerstören?
Sein erstgeborenes Kind, das wunderbare Ergebnis der größten Liebe seines Lebens, hielt sich selbst für einen Bastard. Doch nur Herzog Robert wußte, daß er und Megan Glendower vor dem Gesetz Mann und Frau gewesen waren, auch wenn diese Eheschließung geheim war. Keely war seine legitime Erbin.
Und genau darin lag das Problem. Obwohl sich Herzog Robert danach sehnte, den Kummer der ersten achtzehn Jahre in Keelys Leben wettzumachen, konnte er den Gedanken nicht ertragen, seinen einzigen Sohn einen Bastard zu heißen.
Herzog Robert hielt die Schultern gerade und hob das Kinn. Henry war unschuldig, er konnte nichts für die Bigamie seines Vaters und sollte dafür auch nicht bestraft werden.
Seine wilde Entschlossenheit, alles für Keely zu tun, was in seiner Macht stand, war ihm ins Gesicht geschrieben. Er würde sie öffentlich anerkennen, sie am Hofe vorstellen und die bestmögliche Ehe für sie arrangieren. Keely verdiente einen Ehemann, der sie glücklich machte, und der reiche Graf von Basildon schien sich wegen ihrer angeblichen unehelichen Herkunft keine Gedanken zu machen.
Herzog Roberts Züge entspannten sich. Er würde alles tun, um diese Verbindung zu fördern. Mit der Hilfe der Gräfin von Cheshire würde er es schaffen, Richard und Keely zu verheiraten, bevor die Glocken das neue Jahreinläuteten.
Viertes Kapitel
»Guten Morgen, meine Liebe.«
Bei dem Klang der weit entfernt scheinenden Stimme tauchte Keely aus den Tiefen ihres Unterbewußtseins langsam nach oben und schlug die Augen auf. »Träume ich?« fragte sie sich und blickte sich in dem fremden Zimmer um.
»Es ist Zeit aufzuwachen.«
Keely wandte sich um. Neben dem Bett stand Lady Dawn und lächelte sie an.
»Guten Morgen, Mylady.« Keely strich sich das ebenholzschwarze Haar aus dem Gesicht, rieb sich die Augen und reckte sich. »Wie spät ist es?«
»Zwölf Uhr.«
Keelys Blick wanderte hinüber zu den Fenstern, durch die graues Licht in das Zimmer drang. »Für zwölf Uhr ist es zu hell«, meinte sie.
»Zwölf Uhr mittag an einem düsteren Tag.«
Ungläubig sah Keely die Gräfin an. »Das ist unmöglich. Ich wache immer zur Dämmerung auf.«
»Überzeugt Euch doch selbst«, entgegnete Lady Dawn, »heute gab es keine Dämmerung.«
»Auf jede Nacht folgt eine Dämmerung«, widersprach Keely.
»So wird es wohl sein«, stimmte ihr die Gräfin zu und lachte ihr kehliges Lachen. »Aber ganz sicher kann ich das nicht sagen, weil ich nämlich die Dämmerung meistens verschlafe.«
»Die Dämmerung ist die beflügelndste Zeit des ganzen Tages«, erklärte Keely ihr und setzte sich auf. »Möchtet Ihr, daß ich Euch morgen aufwecke, damit Ihr Euch selbst davon überzeugen könnt? Wo ist Euer Schlafzimmer?«
»Ich nächtige im Schlafzimmer des Herzogs«, antwortete Lady Dawn, neugierig, wie Keely dies aufnehmen würde.
»Und Seine Gnaden, wo ...?« Keely wurde puterrot. »Oh!«
Lady Dawn unterdrückte ein Schmunzeln. »Stört es Euch, daß ich das Bett Eures Vaters teile?« fragte sie forsch.
Falls dies möglich war, errötete Keely noch mehr. »Liebt Ihr ihn?«
»Sehr.«
»In diesem Fall stört es mich überhaupt nicht, wenn Ihr das Bett mit ihm teilt.«
»Ich denke, wir werden sehr gute Freunde werden«, rief Lady Dawn voller Freude, eine Verbündete im Hause der Talbots zu haben. »Auf dem Tisch steht ein Tablett, und der Nachttopf befindet sich hinter dem Wandschirm dort. Wie Ihr seht, ist das Badewasser im Zuber vor dem Kamin dampfend heiß. Ich bin gleich wieder da und bringe Euch ein Kleid.«
»Bitte macht Euch meinetwegen keine Umstände«, rief Keely.
»Unsinn«, winkte die Gräfin ab und ging zur Tür, »ich bin entzückt, daß Ihr hier seid.«
Wieder allein, beschloß Keely, die Götter anzurufen und um ihren Schutz zu bitten. Schließlich war sie fremd in diesem Haushalt. Wer wußte schon, welche unsichtbaren Mächte hier am Werk waren?
Sie zog ihr Hemd aus und trat ans Fenster. Sie wünschte sich, sie wäre den Naturkräften draußen näher, schloß die Augen und legte die rechte Hand gegen die Glasscheibe.
»Große Muttergöttin, du mächtige
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