Die Druidengöttin
auf. »Ich kann es nicht glauben, sie passen perfekt.«
»Wie schön Ihr seid«, meinte Lady Dawn anerkennend. »Möchtet Ihr Euch im Spiegel betrachten?«
Keely nickte begierig wie ein kleines Mädchen.
Lady Dawn öffnete die Tür und winkte Keely, ihr zu folgen. Zwei Türen weiter schlüpften sie in ein Zimmer, das, wie die Gräfin ihrem Schützling erklärte, das Zimmer des Herzogs war.
Der riesige Raum war reich geschmückt. Perserteppiche bedeckten den Boden, und an den Wänden hingen farbenprächtige Gobelins. Durch die Fenster fiel das von den Vorhängen gedämpfte Sonnenlicht. Hinter einem Wandschirm befand sich ein Spiegel.
Als Keely davor trat, fiel ihr vor Überraschung die Kinnlade nach unten. War diese wunderschöne junge Frau tatsächlich sie?
Das brokatverzierte Kleid war oben schmal geschnitten und hatte einen geraden, tiefen Ausschnitt. Die langen, enganliegenden Ärmel waren am Handgelenk mit wunderbaren Spitzen verziert.
Keely sah aus wie eine Prinzessin – und sie fühlte sich auch so. Sie strahlte vor Freude, bis ihr Blick auf das gewagteste Dekolleté fiel, das sie je getragen hatte. Der Drachenanhänger funkelte auf dem makellosen Teint und zog die Blicke geradezu auf den Ansatz ihrer Brüste. Unsicher biß sich Keely auf die Unterlippe.
Lady Dawn konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als sie Keelys Gesichtsausdruck sah. »Ich bin sicher, Morgana sah niemals so hübsch aus wie Ihr.«
»Vielleicht paßten meine eigenen Kleider besser zu mir«, warf Keely ein. »Das Mieder ist zu gewagt, findet Ihr nicht?«
»Verglichen mit dem, was man bei Hofe sieht, ist es die verkörperte Unschuld«, widersprach die Gräfin. »Nun kommt, meine Liebe. Euer Vater wünscht Euch zu sehen.«
Keely war froh, daß sie nicht ihr eigenes langweiliges Kleid tragen mußte, und folgte der Gräfin den Gang entlang und die Treppe hinunter.
»Vielen Dank, Mylady«, flüsterte Keely ihrer Begleiterin zu, bevor sie den Saal betraten, wo ihr Vater sie schon erwartete.
Die Gräfin nahm sie liebevoll in die Arme und ließ die beiden alleine.
Herzog Robert war vor dem Kamin gesessen, stand jedoch auf, als Keely den Saal betrat. Er musterte sie vom Scheitel bis zur Sohle. Dann ging er auf sie zu, um sie zu begrüßen.
Sein Blick hatte Keely etwas aus der Fassung gebracht. Mit ihrem gesenkten Blick bot sie ihrem Vater nun das vollkommene Bild weiblicher Demut. Als er schließlich vor ihr stand, hob sie scheu die Augen.
»Du bist so entzückend wie deine Mutter«, begrüßte der Herzog sie mit belegter Stimme – die Erinnerung war zu überwältigend. »Setz dich zu mir ans Feuer.«
»Vielen Dank, daß ich dieses Kleid tragen darf, Euer Gnaden«, faßte Keely sich ein Herz und legte ihre Hand in die des Herzogs.
Herzog Robert entging der förmliche Ton nicht, aber er ging nicht weiter darauf ein. Statt dessen führte er sie zu einem der beiden Sessel, die vor dem Kamin standen. Er selbst setzte sich ebenfalls.
Keely legte die Hände gefaltet in den Schoß und blickte zu Boden. Ihr war merkwürdig zumute. Da hatte sie sich achtzehn lange Jahre nach einem Vater gesehnt, und nun, da sie einen hatte, wußte sie nicht, was sie sagen sollte. Ihr Vater war ein Fremder für sie.
Verstohlen blickte sie zu ihm hoch und begegnete seinem Blick. Er schien sie die ganze Zeit über aufmerksam gemustert zu haben. Sie brach das Schweigen. »Vielen Dank dafür, daß Ihr mich eingeladen habt, die Nacht hier zu verbringen.«
»Das ist dein Zuhause«, entgegnete der Herzog.
»Ein Haus ist noch kein Zuhause«, erwiderte Keely, den Blick in des prasselnde Feuer gerichtet. »Zuhause bedeutet für mich Menschen, die mich lieben und die ich lieben kann.«
»Ich liebe dich«, erklärte er ihr.
»Ihr könnt mich unmöglich lieben«, wandte sie ein und wagte, ihm einen Seitenblick zuzuwerfen. »Ihr kennt mich nicht einmal.«
»Du bist der Samen, der meinen Lenden entsprang«, hielt Herzog Robert dagegen. Bei diesen Worten trieb es Keely die Röte ins Gesicht. Lieber Gott, wie viele Jahre lag es zurück, daß er eine Frau aufrichtig hatte erröten sehen? »Wenn du einmal selbst Mutter bist, wirst du verstehen, warum ich mir meiner Liebe so sicher bin.«
»Wenn Ihr es sagt, Euer Gnaden«, murmelte Keely, den Blick unverwandt auf die Hände in ihrem Schoß gerichtet.
Ein peinliches Schweigen entstand. Es schmerzte sie zwar, aber ihr Stolz verbot es ihr, auf die offen gezeigte Zuneigung des Herzogs einzugehen. Er hatte ihre Mutter und
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