Die Druidengöttin
fragte er sie.
Keely zögerte. Sie war nach England gereist, weil sie sich unter seinen Schutz stellen wollte. Ihre Mutter hatte es so gewollt. Schließlich nickte sie. »Ja, Euer Gnaden.«
»Das ist zu formell für Vater und Tochter«, erklärte der Herzog erleichtert. »Meine anderen Kinder nennen mich Papa.«
Dieses Wort auszusprechen, danach hatte Keely sich immer gesehnt. Aber sie konnte die langen Leidensjahre nicht so einfach vom Tisch wischen. So sehr es auch all ihren Grundsätzen zuwiderlief, einen anderen zu verletzen, konnte Keely nicht anders. Der Herzog hatte ihre schwangere Mutter verlassen und damit das Kind – sie – zu einer leidvollen Kindheit verurteilt. Der Drang, ihn genauso zu verletzen, wie er sie verletzt hatte, erwies sich als unwiderstehlich.
Sie wappnete sich gegen die Hoffnung, die ihr aus seinen veilchenblauen Augen entgegen schien, und antwortete: »Das bringe ich nicht über die Lippen, Euer Gnaden.«
Ihre Worte verletzten sie genauso wie ihn. Als sie seinen unglücklichen Gesichtsausdruck sah, brach Keely beinahe das Herz. Aber ließ sich sein Schmerz mit dem Leid messen, das sie achtzehn Jahre lang erfahren hatte?
Herzog Robert fing sich schnell wieder. Er legte ihr den Arm um die Schulter und küßte sie auf die Schläfe. »Wann immer du dazu in der Lage bist, mich Papa zu nennen, werde ich sehr stolz sein.«
Ein Kloß bildete sich in Keelys Hals. Ihre Unterlippe bebte. Zwei dicke Tränen kullerten ihr über die Wangen.
»Das lassen wir bleiben.« Sanft wischte ihr Herzog Robert die Tränen aus dem Gesicht. »Eine herrliche Zukunft liegt hier in England vor dir, und das Elend der letzten achtzehn Jahre wird bald verblassen.«
»Ich bin anders«, flüsterte Keely. »Ich bin Waliserin und gehöre nicht hierher.«
»Du bist beinahe so englisch wie ich«, widersprach ihr der Herzog und hob ihr Kinn, um besser in die veilchenblauen Augen sehen zu können, die so sehr den seinen glichen. »Ich habe deine Mutter geliebt und wollte sie heiraten, aber mein Vater spiegelte mir vor, sie sei tot.«
»Wenn Ihr sie wirklich geliebt habt«, warf Keely ein, »warum seid Ihr dann nicht nach Wales zurückgekehrt, um Euch selbst von ihrem Tod zu überzeugen?«
»Ich hatte damals keinen Grund, das Wort meines Vaters anzuzweifeln.« Herzog Robert richtete den Blick in die Ferne. »Würdest du nicht auch meinen Worten glauben?«
»Nein.« Das Wort fiel wie ein Axt. Keely spürte es in ihrem Innersten und sah es in seinen Augen.
Megan hatte seinen Liebesschwüren geglaubt – aber konnte sie es?
»Kind meines Herzens«, fuhr der Herzog fort und zog sie noch näher an sich, »ich liebe dich so sehr wie meine anderen Kinder. Das Schicksal hat mir eine zweite Chance gewährt, denn wenn ich dich ansehe, spüre ich Megan.«
Keely blickte ihm ins Gesicht. Daß diese Worte aus seinem Herzen kamen, war offensichtlich. Wenn er Megan wirklich geliebt und sie für tot gehalten hatte, welches Elend hatte er dann all die Jahre erduldet?
»Megan hat dich mir geschickt«, fuhr der Herzog fort. »Betrachte das hier als dein Zuhause.«
»Odo und Hew ...«, hub Keely an.
»Deine Cousins sind hier willkommen, so lange sie hierzubleiben wünschen«, unterbrach Herzog Robert sie. »Im Augenblick halten sie sich in den Stallgebäuden auf. Möchtest du sie sprechen?«
»O ja, ist das möglich?«
»Das hier ist dein Zuhause, Kind. Du kannst hingehen, wohin du wünschst. Übrigens, Merlin ist ein ausgezeichnetes Pferd, aber«, lachte Herzog Robert, »eine Stute.«
Keely schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Ich weiß.«
»Wie sehr du mich an Megan erinnerst«, seufzte Herzog Robert wehmütig und küßte sie erneut auf die Schläfe. »Noch eine Frage.«
Keely nickte.
»Unter welchen Umständen hast du den jungen Devereux getroffen?«
»Der Graf stellte sich mir in dem Gasthof vor, in dem wir übernachteten.«
»Und sonst gibt es nichts zu berichten?«
Keely sah ihn verwundert an. »Was sollte es sonst noch geben?«
Bei ihrem unschuldigen Blick atmete Herzog Robert beruhigt auf. Der verrufenste Frauenheld am Hofe der Tudors hatte sie nicht angerührt. Noch nicht. Mit etwas Glück waren die beiden verheiratet, bevor dies geschah.
»Nun lauf und such deine Cousins«, erklärte Herzog Robert und ließ sie los.
Keely überraschte ihn vollends, als sie ihm auf Zehenspitzen einen Kuß auf die Wange drückte und »Danke, Euer Gnaden« flüsterte.
Mit diesen Worten lief sie aus dem Saal in das
Weitere Kostenlose Bücher