Die Druidengöttin
klargeworden war, was sie beinahe über sich verraten hätte.
»Ihr habt den hübschesten Akzent«, meinte Richard.
»Den Akzent habt doch Ihr«, widersprach Keely und warf ihm einen Seitenblick zu, als flirte sie unbewußt mit ihm.
»Wir Engländer haben einen Ausdruck, der euch Waliser sehr gut beschreibt«, erwiderte Richard ihr Lächeln. »Taffy – Trottel.«
Keelys Lächeln erstarb. Eine makellose ebenholzschwarze Augenbraue schoß nach oben – eine vollkommene Imitation seiner eigenen irritierenden Angewohnheit. »Wir Waliser haben ein Ausdruck, der am besten solch englische Hohlköpfe wie Euch beschreibt – erfinderisch.«
Richard brüllte vor Lachen – nicht nur darüber, was sie soeben gesagt hatte, sondern auch über ihre Respektlosigkeit seinem hohen Rang gegenüber. Man stelle sich nur vor, den Favoriten der Königin so zu beleidigen!
Was Keely anging, stand ihr die Verblüffung ins Gesicht geschrieben. Seine gute Laune anbetrachts dessen, was sie für eine niederschmetternde Beleidigung hielt, überraschte sie.
»Ich bin getroffen«, erklärte Richard mit vor Vergnügen funkelnden Augen. »Eure scharfe Zunge ist eine höchst gefährliche Waffe.«
»Was für ein glückliches Wesen Ihr seid«, entgegnete Keely, »Ihr findet an den unmöglichsten Stellen Grund, fröhlich zu sein.«
»Dudley sollte das hören.«
»Wer?«
»Robert Dudley, der Graf von Leicester«, antwortete Richard, als erkläre dies alles.
Keely starrte ihn verständnislos an. »Ich habe noch nie von dem Mann gehört.«
Richard verzog den Mund zu einem Lächeln. »Ich fange an, Euch mehr und mehr zu mögen.«
»Ich mag Euch ebenfalls«, antwortete Keely. Ihre Treuherzigkeit schien Richard eine angenehme Abwechslung nach all den Frauen am Hofe. »Könnten wir vielleicht Freunde sein?«
Richard nickte. Er wünschte sich mehr als nur die Freundschaft dieser Schönheit, aber er war klug genug, das im Augenblick für sich zu behalten. Mit dem Instinkt des Raubtiers wußte Richard, daß Keely im Gegensatz zu den übrigen ihm bekannten Damen die Flucht ergreifen würde, bewegte er sich zu schnell. Außerdem brauchte er noch etwas Zeit, um herauszufinden, welche Rolle sie bei dem Überfall ihrer Cousins gespielt hatte.
Mit vorgetäuschter Beiläufigkeit streckte Richard die Beine aus und zog einen braunroten Stein aus der Tasche, um mit ihm zu spielen, wobei er Keely aus den Augenwinkeln beobachtete.
»Einzigartiger Stein, nicht wahr?« bemerkte er. Ihre weit aufgerissenen Augen entgingen ihm nicht.
Sie nickte und blickte zur Seite. »Der Karneol schützt seinen Besitzer vor jeglichem Schaden. Woher habt Ihr diesen Stein?«
»Ich habe ihn in Shropshire gefunden und ihn als Glücksbringer behalten.« Schlau fügte Richard hinzu: »Eure Cousins ...«
Keely zuckte zusammen. Da war Richard klar, daß sie von dem Überfall wußte. Ob sie vor der Tat oder danach davon erfahren hatte, fragte er sich.
»Eure Cousins kommen mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann mich nicht erinnern, woher ich sie kenne.«
»Meine Cousins haben mich aus Wales hierher begleitet. Ich bin sicher, daß Ihr sie im Gasthof zum erstenmal gesehen habt.«
Richard lächelte, nickte und ließ das Thema fallen. Er wollte nicht, daß sie Verdacht schöpfte, er hätte ihre Cousins erkannt. »Nachdem Ihr erst in England angekommen seid und es noch gar nicht kennt, laßt mich Euch doch bitte die größten Sehenswürdigkeiten Londons zeigen.«
»Ohne Anstandsperson wäre das unziemlich«, wandte sie ein.
Richard hob ihre Hand an seine Lippen. Mit einem tiefen Blick in ihre veilchenblauen Augen erklärte er ihr mit belegter Stimme: »Eure Schönheit verleitet mich zu unziemlichen Gedanken.«
Seine Lippen auf ihrer Hand und diese zärtlichen Worte waren zuviel. Keely war überwältigt von seinem entwaffnenden smaragdgrünen Blick.
Ein umwerfend lässiges Lächeln, und Richard rückte näher heran, langsam bewegten sich seine Lippen auf ihren geöffneten Mund zu, um ihn in Besitz zu nehmen. Keely schloß die Augen, und ihre Lippen berührten einander, das wäre ihr erster Kuß gewesen, hätte nicht ... eine fette weiße Gans sie mit ihrem Geschnatter auseinanderfahren lassen. Das Tier mit dem gelben Schnabel watschelte über den Rasen auf sie zu. Um den Hals trug es ein goldenes, mit Smaragden und Diamanten geschmücktes Halsband. Ein paar Schritte hinter der Gans folgte Lady Dawn, die von zwei Jungen begleitet wurde.
»Hallo, Anthony«, rief Richard und
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