Die Druidengöttin
Fuß zu massieren, blickte er ihr in die Augen und neckte sie: »Entspannt Euch. Ich beiße Euch schon nicht die Zehen ab.«
»Das ist meine geringste Sorge«, mußte Keely wider Willen lachen.
Wieder ernst, fragte Richard: »Erzählt mir Eure Sorgen, Teuerste.«
Der Zeitpunkt für ihr Geständnis war gekommen.
»Es waren Odo und Hew, die Euch in Shropshire überfallen haben«, platzte Keely heraus.
»Ich weiß«, lächelte Richard voller Bewunderung für ihre Ehrlichkeit.
Keely war so aufgeregt, daß sie nicht hörte, was er sagte, und sein Lächeln nicht sah. Hastig sprudelte sie die Entschuldigung für ihre Cousins heraus. »Der Überfall war ein dummer Zufall. Ihr wart zur falschen Zeit am falschen Ort und habt Euch so ablehnend verhalten. Wenn Ihr nur etwas entgegenkommender gewesen wärt ... Odo und Hew waren besorgt wegen mir. Schließlich haben sie Euch den Talisman gelassen, den Karneol, damit er Euch beschützt. Es ist nichts Schlimmes geschehen ... also ... Was habt Ihr gesagt?«
Wäre Straßenräuberei kein so schweres Verbrechen gewesen, hätte Richard über ihren überraschten Gesichtsausdruck gelacht. »Ich sagte, ich weiß, daß Odo und Hew mich überfallen haben.«
»Wie könnt Ihr das wissen?« rief Keely.
»Eure Cousins sind unfähige Hohlköpfe. Zum einen waren sie nicht maskiert, und dann verkauften sie noch mein Pferd an meinen eigenen Stallmeister.«
»Warum habt Ihr sie nicht festnehmen lassen?« fragte Keely mißtrauisch.
»Ist es das, was Ihr wollt?«
»Nein!«
»Ursprünglich wollte ich sie hängen sehen«, gestand Richard. »Aber dann sah ich Euch mit den beiden im Gasthof.«
»Ich verstehe nicht.«
Richard beugte sich zu ihr, sein faszinierendes Gesicht war nur noch eine Handbreit von ihrem entfernt. »Ich würde nie etwas tun, was dich verletzen könnte«, flüsterte er heiser.
Sanft nahm er sie in die Arme. Gebannt von seinem Blick, konnte Keely dem ungewohnten und unwiderstehlichen Leuchten seiner Smaragdaugen nichts entgegensetzen.
Einen kurzen Augenblick war Richards Gesicht ganz nah, dann glitt seine kräftige Hand zu ihrem Hinterkopf und hielt sie fest. Ihre Lippen berührten einander in einem Kuß.
Als Keely sich in seinen Armen entspannte, wurde Richards Kuß immer verlangender, glühender, raubte ihr schier den Atem. Seine Zunge öffnete mit sanfter Überzeugungskraft ihre Lippen und erforschte ihren süßen Mund.
Und dann war es vorüber.
Richard zog sich zurück und blickte ihr in die verwirrten Augen. Er streichelte sanft die seidene Wange, liebkoste mit dem Daumen ihre Lippen und flüsterte: »Es ist schon zu spät, du mußt nach Hause. Deine Schönheit könnte die Moral eines Heiligen in Wanken bringen. Und wegen deiner Cousins mach dir keine Sorgen. Ihr Geheimnis ist gut bei mir aufgehoben.«
Wieder errötete Keely. Jetzt, da er sie geküßt und sie diesen Kuß zugelassen hatte, wie sollte sie ihm da je wieder in die Augen sehen können? Der Graf schien sich deshalb keine Gedanken zu machen, ganz locker schien er darüber hinwegzugehen, was für sie ein entscheidender Meilenstein ihres Lebens war: ihr erster Kuß.
Richard bückte sich nach ihren Stiefeln, um ihr zu helfen. Doch Keely war schneller. Mit den Worten: »Ich werde sie tragen« schnappte sie ihm die Stiefel weg, bevor er sie zu fassen bekam.
Richard stand auf und zog eine Augenbraue in die Höhe. »Du willst barfuß gehen?«
»Ich spüre Mutter Erde so gerne unter meinen Füßen.«
Richard wunderte sich, daß sie sich noch immer zu genieren schien. Es sei denn ... »Ich begleite dich nach Hause«, erklärte er.
»Das ist nicht nötig«, lehnte sie ab. »Ich habe bereits genug von Eurer Zeit vergeudet, Mylord.«
»Die Zeit, die ich mit dir verbringe, ist nicht vergeudet«, widersprach Richard ihr galant. »Im Gegenteil, für mich hast du diesen Tag zum Strahlen gebracht. Und ich bin ein Lord. Erinnerst du dich?«
So verlegen sie war, nun mußte Keely lächeln. »Ich danke Euch für Euer Verständnis.« Barfuß ging sie zur Tür, doch bevor sie auf den Gang hinaus verschwand, hielt er sie zurück.
»Keely?«
Sie drehte sich um. »Ja?«
Richard lief zu ihr und sagte nur: »Danke.«
Verwirrt sah Keely ihn an. »Wofür, mein Mylord?«
Richard hob sanft ihr Kinn und blickte in die erstaunlichsten Augen, die er je gesehen hatte. »Dafür, daß du mir deinen ersten Kuß geschenkt hast.«
Keely hatte das Gefühl, vor Scham im Boden versinken zu müssen. »Wie könnt Ihr das wissen?«
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