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Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden

Titel: Die duemmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Frydrych
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Aufgeregt wirkt auch der Sportfachbereichsleiter. Bei ihm sind zwei Schüler vom Reck gefallen und mussten zum Unfallarzt. Ob er seinen nächsten Urlaub auf die Malediven noch finanzieren kann? Schließlich hat er es auch versäumt, ein Sitzungsprotokoll termingerecht zu erstellen und mit gebügelten Hosen zum Dienst zu erscheinen. Außerdem schwänzen in seiner Klasse drei Schüler. Da kommt er übers Grundgehalt nicht hinaus. Er muss seinen Urlaub wohl im Westerwald verbringen. Ich grinse schon mal schadenfroh zu ihm rüber.

    Frau Weißbecker sieht der Prämienverteilung vertrauensvoll entgegen. Ihre Klasse hat den bezirksinternen Lesewettbewerb gewonnen, und die Stadtteilzeitung hat sogar darüber berichtet. Das gibt für gute Außenwirkung gleich zwei Bonusstufen extra! Ich rechne auch mit einer Leistungsprämie. Beim letzten Aufsatz haben meine Schüler und Schülerinnen nur Einsen und Zweien produziert. Dazu sind im vergangenen Monat meine Bewertungen auf » www.spickmich.de « sehr gut ausgefallen. Eine beachtliche Prämie wird sicher der Kollege erhalten, der zum Empfang des Bundespräsidenten eingeladen war. Er ist zwar keineswegs der beste Pädagoge unserer Anstalt, aber der bestgekleidete, und er versteht es, sich wirksam in Szene zu setzen. Bösartige Kollegen munkeln, dass er privat beim Schulleiter ein- und ausgeht. Sein Scheck steckt in einem goldenen Umschlag: Er ist »Lehrer des Monats« und kommt auf die Plakatwand am Eingang: »Unsere Leistungsträger«. Natürlich werden dort auch die Minderleister ausgestellt.
    Prämien gibt es für die Kollegin, die zehn neue Mitglieder für den Förderverein werben konnte. Andere Leistungsträger haben 22 Schüler für einen Wahlpflichtkurs Latein gewonnen oder die begehrte Arbeitsgemeinschaft »Fallschirmspringen« angeboten. Das macht sich gut auf unserer Homepage. Eine Kollegin hat den Schulgarten umgegraben und alle Kartoffelkäfer eingesammelt, eine andere alle Fußbälle aufgepumpt. Kritische Anmerkungen auf Gesamtkonferenzen führen in der Regel zu Bonusverlusten. Dann erklärt der Schulleiter zu unser aller Empörung, warum die Nachbarschule in der externenEvaluation erfolgreicher ist als wir. Sie hat heimlich einen Kollegen dafür abgestellt, der unwillige Schüler rausekelt und so den Leistungslevel erhält.
    Am Ende der Konferenz tanzen wir alle eine Runde um den Jackpot und singen: »Von den Banken lernen heißt siegen lernen!« Im Jackpot befinden sich Spenden unserer Sponsoren und Bußgelder von Eltern, deren Kinder keine Hausaufgaben gemacht haben. Nur ein Kollege tanzt nicht mit. Der verweigert sich standhaft der neuen Orientierung und kommt mit seinem Grundgehalt aus. Er will nicht dem schnöden Mammon dienen. Er meint ernsthaft, bei den Schülern mit einer Arbeitsgemeinschaft »Ethos und Moral in Zeiten der Globalisierung und Pekunisierung« landen zu können.
    Als ich mich fröhlich mit meinem Scheck in die Klasse begeben will, steht Max-Linus schon im Türrahmen und hält seine Hand auf: »Non scholae, sed pecuniae discimus! Wenn Sie uns nicht an Ihrer Prämie beteiligen, stimmen wir nächstes Mal bei Spickmich für Herrn Meier-Lühr! Und die Kontrollarbeit in Wirtschaftswissenschaft können Sie auch vergessen!«

Mein erstes Foto-Shooting
    I ch schreibe für eine Illustrierte Erziehungs- und Schultipps. Für diese Ratgeberseite soll ich nicht nur mein pädagogisches Wissen, sondern auch ein Porträtfoto zur Verfügung stellen. Wie man jedoch aus dem »Lehrerhasserbuch« weiß, sind Lehrer und Lehrerinnen in der Regel ungepflegt und unattraktiv. Deshalb braucht man diverse Assistenten und Hilfsmittel, um ein halbwegs annehmbares Foto hinzubekommen.
    Etliche meiner Schülerinnen würden entzückt zu so einem Shooting gehen. Ich betrete das Atelier mit verhaltener Begeisterung und schaue erst mal um die Ecke, ob Domina Heidi Klum irgendwo lauert. Daheim habe ich mich sorgfältig geschminkt, die Ausgehsachen gebügelt und kantenrein gefaltet. Das hätte ich mir schenken können. Ich habe einen eigenen Stylisten, der mich mit einem Kleiderständer voller Überraschungen erwartet.
    Die Pflege seines interessanten Bartes dürfte mindestens so lange dauern wie die Korrektur eines Aufsatzstapels (9. Klasse, 30 Kinder, wenig Akzeptanz der deutschen Rechtschreibung). Der Stylist hat für mich bunte Teile in Pink und Lindgrün besorgt. Ich soll ja flott und jugendlich rüberkommen. Am Telefon habe ich meine Konfektionsgröße durchgegeben, trotzdem

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