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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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Freund reden«, erwiderte er und sah seinem Gegenüber in die Augen. »Wenn du also erlaubst?« Er wischte die Hand von seiner Schulter, drehte sich um und ging hinaus.
    Einen Augenblick später erschien Hanno vor der Tür.
    »Du bringst mich noch in Schwierigkeiten mit deinem Gerede. Was willst du überhaupt hier, wenn du dich uns ohnehin nicht anschließen willst? Schickt Jordan dich, um mir zu sagen, dass ich nicht mehr wiederkommen soll?«
    »Nein, darum geht es nicht.« Gawin spähte in alle Richtungen, um sicherzugehen, dass niemand sie belauschen konnte. Er war noch immer aufgewühlt von der Auseinandersetzung mit dem Lautzer, zwang sich jedoch zur Ruhe. »Es geht um Margrite und Anderlin.«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie haben Binhildis bei sich aufgenommen. Womöglich hat sie sich mit der Pest angesteckt. Wir können vorerst nicht ins Haus zurück.«
    »Und wo sollen wir hin?«
    »Anna hat angeboten, dass wir bei ihrem Großvater unterkommen können.«
    »Bei
ihrem
Großvater? Ist er nicht auch ebenso dein Großvater?«
    Gawin trat von einem Bein aufs andere. Ihm wollte keine schnelle Antwort darauf einfallen, und er ärgerte sich, seine Worte nicht besser gewählt zu haben.
    »Willst du nun dort wohnen oder nicht?«
    »Aber ja doch. Wenn er mich bei sich aufnimmt. Gewiss werde ich mich daran gewöhnen, in einem Raum mit einem weichen Bett und jeder Menge Prunk zu schlafen.«
    »Pass nur auf, was du dort sagst und wie du dich verhältst«, warnte Gawin ihn eindringlich. »Sonst sitzt du schneller wieder auf der Straße, als du Reden schwingen kannst.«
    Er sah Hanno an, dass er etwas darauf erwidern wollte, sich dann aber eines Besseren besann.
    »Ich muss zurück in die Werkstatt. Und du solltest auch lieber mitkommen und wieder arbeiten, als dich hier volllaufen und von den Kerlen aufstacheln zu lassen. Komm heute Abend zum Goossen-Haus. Ich werde Bescheid geben, dass man dich einlassen soll.«
    »Ist recht«, meinte Hanno, wandte sich um und ging zurück in die Schänke.
    Gawins Hoffnung, den Freund am Abend einigermaßen nüchtern Siegbert von Goossen vorstellen zu können, war damit dahin. Mit einem Seufzer machte er kehrt und ging zur Werkstatt zurück, um wenigstens noch einen Teil seines Tagewerks zu beenden.
    Unterwegs kamen ihm nur zwei Menschen entgegen, die sich Tücher vor den Mund hielten und rasch an ihm vorbeihuschten. Ansonsten war die Stadt wie ausgestorben. Nur aus den Schänken hörte man den ein oder anderen Laut nach draußen dringen, und von weiter weg vernahm Gawin das Quieken der Schweine, die beim Knochenhauer in einem engen Pferch auf ihr Ende warteten.
    Wie sehr sich Bremen doch in den letzten Wochen verändert hatte. Gawin schlug den Kragen seines Umhangs höher und stapfte missmutig weiter, bis er die Werkstatt des alten Jordan erreicht hatte. Er wollte gerade die Tür öffnen, als jemand rasch an seine Seite trat und ihn am Arm festhielt.
    »Auf ein Wort.« Gawin blickte in die hellblauen Augen Siegberts von Goossen und bemerkte zum ersten Mal, wie ähnlich sie denen Annas waren.
    »Gern«, brachte er hervor. »Wollt Ihr nicht eintreten?«
    »Besser nicht. Ich will nicht, dass Jordan uns hört.«
    »Dann gehen wir ein Stück.«
    Sie schlenderten gemeinsam in Richtung Hafen. Außer ihnen war weit und breit keine Menschenseele zu sehen.
    »Fast unheimlich, wie verlassen die Stadt wirkt, nicht wahr?«
    Gawin nickte. »Was kann ich für Euch tun, Ratsherr Goossen?«
    »Ich bat dich schon einmal, mich Siegbert zu nennen. Schon um Annas willen. Es gibt bereits Stimmen, die sich wundern, dass sie bei mir wohnt, während ihr Bruder dies ablehnt.«
    »Wenn es Euch … ich meine dir recht ist, würde ich das gerne ändern.«
    »Ich habe schon gehört, dass deine Hauswirtin sich womöglich angesteckt haben könnte.«
    Gawin blieb stehen. »Das ist noch längst nicht gesagt. Sie hat lediglich eine Kranke bei sich aufgenommen, bei der noch nicht klar ist, ob sie die Pest hat oder nicht irgendetwas anderes.« Sein Herz schlug schneller bei dem Gedanken, dass sowohl Margrites als auch Anderlins Leben in Gefahr sein könnte.
    Siegbert nickte und meinte dann mitfühlend. »Wir wollen dafür beten, dass ihr Gast lediglich von einem heftigen Fieber heimgesucht wird und am Ende alle Vorsicht unnötig war.«
    Gawin nickte ebenfalls, und sie gingen weiter.
    »Und was wollt …«, er räusperte sich, »was willst du nun von mir?«
    Sie hatten den Hafen erreicht. Der Wind fegte um die Häuser und

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