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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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noch einen Moment in seiner ehrerbietigen Haltung, kam dann mit einem Ruck wieder nach oben und hob die Arme.
    »Und habt ihr sie gesehen, ihr braven Bremer? Das blühende Leben ist diese Frau. Sie hat sich nicht angesteckt, weil der Oberste selbst seine schützende Hand über solch ein engelsgleiches Wesen hält!«
    Wieder jubelte die Menge schier außer sich vor Freude auf.
    Und erneut hob Scheller die Arme. »Doch wir müssen hier die Unschuld des zu Unrecht Beschuldigten beweisen, also lasst uns zur Sache zurückkehren.«
    Siegbert von Goossen hatte die Verteidigungsmaßnahmen des Advokaten genau verfolgt. Seiner Meinung nach war dieser ein weit besserer Schauspieler als Rechtsgelehrter, findig mit Worten und Gesten und damit genau der richtige Verteidiger für diese Art von Prozess, erkannte er zufrieden.
    »Also, Hanno. Ihr kamt am Morgen ins Haus der Bürgerin Schonau, um Euer Gewissen zu erleichtern. Ist das richtig?«
    Hanno sah in die Menge und erkannte das Gesicht des Lautzers, der fast unmerklich mit dem Kopf schüttelte.
    »Nein«, war die knappe Antwort.
    »Was meint Ihr damit? Dass Ihr nicht in ihr Haus kamt oder dass Ihr nicht Eure Seele erleichtern wolltet? Hattet Ihr vielleicht nur vor, mit der Tat vor ihr zu prahlen?«
    Der Angesprochene trat von einem Bein aufs andere. »Ich war nicht dort.«
    »Ach nein? Dann wollt Ihr mir also weismachen, die gute Bürgerin Schonau hätte sich Euer Geständnis nur ausgedacht?«
    »Ich, ich …«, stammelte er.
    »Verdammt noch mal, Hanno! Sag jetzt endlich die Wahrheit und tu wenigstens einmal in deinem elenden Leben das Richtige!« Margrite war von ihrem Platz aufgesprungen und stemmte die Hände in die Hüfte. »Das ist die letzte Gelegenheit, die der Herr dir gibt, bevor er dich im Ewigen Feuer brennen lässt.«
    Erschrocken blickte Hanno zu ihr hinunter, dann schlug er die Hände vors Gesicht und sank in sich zusammen, als hätte er körperliche Schmerzen.
    »Ich war es nicht. Doch ich wusste, was sie vorhatten, und habe nichts dagegen getan.«
    Mit einem schnellen Schritt war Scheller an seiner Seite und stützte ihn. Rasch warf er dem Schreiber einen Blick zu. »Habt Ihr das aufgeschrieben? Konntet Ihr seine Worte verstehen?«
    Der Schreiber nickte und notierte rasch einige Worte mit dem Federkiel auf das Pergament, bevor er wieder aufblickte und dem Advokaten bedeutete, alles aufgeschrieben zu haben.
    Nun kam Bewegung in die Menge, und auch Annas Herz schlug schneller. Die Menschen drängten weiter nach vorne, um die nächsten, offenbar alles entscheidenden Momente nur ja nicht zu verpassen.
    Sie spürte, dass dies die Wende sein könnte. Hanno stand mittig auf dem Podest, die Hände noch immer vor dem Gesicht, und schien seinen bebenden Schultern nach zu weinen. Der Advokat legte tröstend seinen Arm um ihn und bat erneut mit einer Geste seiner Hand um Ruhe.
    »Es ist nicht leicht!«, rief er in die Menge.
    »Er wurde zur Falschaussage angestiftet und hat nun verständlicherweise Angst vor denen, die schon vor den Morden an den Meistern nicht zurückgeschreckt sind.«
    Hanno ließ seine Hände sinken, und Scheller blieb neben ihm stehen und bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick.
    »Gleich wird er uns sagen, was wirklich geschehen ist.«
    Mit bedächtigen Schritten ging der Anwalt zu seinem Platz zurück und setzte sich.
    »Jordan soll ihm alles hinterlassen haben, dem Lehrburschen! Stimmt das?«
    Der Ruf kam aus dem Publikum. Sofort sprang Advokat Scheller auf. »Wer hat das gefragt?« Wütend funkelten seine Augen die in erster Reihe vor dem Podest Stehenden an.
    »Das war ich!« Ein Mann trat hervor und hob den Arm.
    Bürgermeister Doneldey stand nun ebenfalls auf.
    »Bist du nicht der, den sie den Lautzer nennen?«
    »Das ist richtig, Herr!«
    »Wenn das so ist«, entgegnete Scheller, »sollst du, wenn wir der Bürgerin Margrite Glauben schenken, was wohl jeder hier tut, deine Leute zu den Meistermorden angestachelt haben. Womöglich warst du sogar dabei.«
    »Ich kann Euch eine Vielzahl von Namen nennen, mit denen ich in der Mordnacht zusammen war und die dies beschwören werden. Doch Ihr habt meine Frage nicht beantwortet: Stimmt es, dass der Lehrjunge alles erbt?«
    »Das ist richtig«, antwortete Doneldey statt Scheller.
    »Dann scheint mir die Sache eindeutig«, brüllte der Lautzer zu ihm hinauf und grinste schief.
    »Und welchen Grund und vor allem wie sollte der Beschuldigte es in nur einer Stunde geschafft haben«, fragte der

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