Die Duftnäherin
aus dem Staub gemacht. Und nach den Aussagen des Wirtes, der die Täter benennen musste, da ihm ansonsten niemand seinen Schaden ersetzen würde, war die Sache für die Büttel eindeutig. Sie sperrten die Schläger in den Kerker. So kam es, dass noch bevor der gesamte Rat überhaupt zusammentrat, die Schuldfrage bereits geklärt war. In der daran anschließenden Ratssitzung ging es nur noch darum, hart gegen die Schläger durchzugreifen und Stärke zu beweisen, um kopfloses Handeln unter den guten Bürgern Bremens zu vermeiden. Selbst wenn es stimmen sollte und der Teufel seine Dämonen wirklich in die Stadt geschickt hatte, um die Menschen zu prüfen und mit der Pest zu bestrafen, wollte der Rat doch keinen Zweifel daran lassen, wer hier das Sagen hatte.
»Wir können zu den Vorfällen der vergangenen Nacht nicht schweigen«, stellte Bürgermeister Doneldey klar. »Die Menschen erwarten von uns, dass wir auf die Geschehnisse reagieren. Wenn wir tatenlos zusehen, wie einige wenige unsere Stadt aufrühren, werden wir ihr Vertrauen verlieren.«
»Was schlägst du vor, das getan werden soll?«, wollte von Goossen wissen.
»Vor allem«, antwortete der Bürgermeister, »müssen wir diejenigen, die wir wegen ihrer blinden Zerstörungswut im Gasthaus dingfest gemacht haben, baldmöglichst öffentlich bestrafen.«
»Und wie?«
»Nun«, Doneldey legte eine Hand in seinen schmerzenden Nacken, »die Strafe sollte abschreckend wirken, aber keinesfalls zu hart sein. Schließlich sind wir gottesfürchtige, mitfühlende Menschen.« Er sah in die Runde und nahm zufrieden das zustimmende Nicken der meisten Mitglieder des Rates wahr. »Mein Vorschlag ist deshalb, dass wir sie tauchen.«
Jetzt wurden Blicke zwischen den Ratsherren getauscht und leise Worte getuschelt.
»Eure Meinungen bitte«, forderte Doneldey.
»Ein wahrhaft vortrefflicher Vorschlag, Bürgermeister«, sprach Siegbert von Goossen als Erster. »Allerdings gebe ich zu bedenken, dass diese Bestrafung, bei der die Verurteilten unter Wasser sind, recht schweigsam verläuft. Klagelaute würden womöglich abschreckender auf das Volk wirken.«
»Welch erhellender Gedanke.« Die Augen des Bürgermeisters leuchteten auf. »Was haltet ihr dann von Rutenschlägen? Sagen wir zwanzig?«
»Dreißig!«, forderte ein Ratsherr lautstark.
»Dann dreißig«, pflichtete der Bürgermeister ihm bei. »Ich unterstütze diesen Antrag und bitte um sofortige Abstimmung. Wer dafür ist, die Schläger auspeitschen zu lassen, der hebe den Arm.«
Augenblicklich gaben alle Anwesenden ihr Handzeichen. Keiner von ihnen wagte, sich gegen die beiden mächtigsten Männer der Stadt zu stellen.
»Gut!«, stellte der Bürgermeister zufrieden fest. »Dann lasst nach den Bütteln schicken und verkündet, dass die Aufrührer in zwei Tagen zur achten Stunde auf dem Marktplatz ausgepeitscht werden.« Noch während er dies sagte, machte er eine grüßende Geste, erhob sich und verließ den Ratssaal. Die Sitzung war damit geschlossen.
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29 . Kapitel
I ch schwöre es, Herr! Ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich hatte noch nicht einmal mit der Befragung begonnen.« Mit ungläubigem Blick starrte der Henker auf den verdrehten Leib des Predigers, der tot und blutüberströmt auf dem nackten Zellenboden lag.
Albrecht zog die Stirn in Falten. »Wer hatte Zutritt zu dieser Zelle?«
»Niemand, Herr!« Der Henker raufte sich verzweifelt die Haare. »Und die Zellentür war verschlossen, als ich herkam.«
»Diese Erklärung scheint mir ein bisschen zu einfach zu sein. Was ist mit den Wachen und was mit der Frau und den Brüdern des Predigers? Haben sie etwas gehört oder vielleicht sogar jemanden gesehen?«
»Nein, Herr«, schüttelte der Henker eingeschüchtert den Kopf. Albrecht ging zu der Leiche hinüber und sah ihr in die noch immer geöffneten, weit hervorgetretenen Augen. Rot-blaue Flecken am Hals hoben sich deutlich von der sonst milchweißen Haut ab. Ein Hemdsärmel des Predigers war zerrissen. Sein Hals war so weit nach hinten gedreht, dass auch für einen Unkundigen leicht zu erkennen war, dass er nicht nur gewürgt worden war. Man hatte ihm eindeutig das Genick gebrochen.
»Wir müssen klären, wie das geschehen konnte«, erklärte Albrecht, trat an dem Henker vorbei in den Gang und verließ den Kerker.
Kräftig klopfte er an die Tür, bis ein Diener ihm öffnete.
»Bitte?«
»Mein Name ist Wyland Gross. Dein Herr erwartet mich.«
Der Diener trat einen Schritt beiseite und gab die
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