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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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waren die beiden schon angezogen und gürteten ihre Schwerter. Im Lager der Legion ertönten Alarmsignale. Wieder bebten die Wände der Burg unter Einschlägen, auf den Gängen schrien Leute. »Lasst sie im freien Gelände hinter der Burg antreten. Die Kavallerie soll die Flanken überwachen. Wagt euch nicht zu weit vor, haltet die Schlachtordnung. Vergesst nicht, dass ihr eine Legion seid und am besten auf freiem Gelände kämpft. Wir dürfen hier nicht im Handgemenge Hunderte von Leuten opfern. Da verliere ich lieber die Burg und halte die Angreifer später auf.«
    »Ja, General.«
    »Dina, Pavel. Ihr habt den Befehl, wartet nicht auf mich. Entscheidet selbst.« Sie nickten. »Gut. Geht jetzt.«
    Roberto wandte sich an den Adjutanten und streckte die Hände aus, um sich die Handschuhe überstreifen zu lassen. Dann nahm er den Helm und setzte ihn auf. Zusammen mit dem vertrauten Gewicht erwachten viele Erinnerungen. Sein Herz schlug auf einmal schneller, und sein Körper war von einer neuen Energie erfüllt. Jetzt musste er sich einem Problem stellen, das sie schon vor einem Jahrzehnt hätten lösen sollen. Er hatte diese Luft schon einmal gerochen und wusste genau, was es zu bedeuten hatte. Die Konkordanz musste für die Nachsicht der Vergangenheit büßen.
    »Bring dich in Sicherheit, Herides«, befahl er ihm. »Geh ins Lager.«
    »Mein Platz ist hier an Eurer Seite«, widersprach Herides. »So war es schon immer.«
    Roberto legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der Mann, der ihn anstarrte, hatte immer noch die Augen des jungen Kerls, den er vor so vielen Jahren auf einem tsardonischen Schlachtfeld in seine Dienste genommen hatte, doch Krankheiten hatten ihm die Kraft geraubt, und seine Glieder zitterten.
    »Ich habe diese Rüstung lange nicht getragen, aber ich bin nach wie vor ein Mitglied der Legion. Das bist du nicht, und deshalb darfst du dich nicht in Gefahr bringen. Ich brauche deinen Verstand, mein Freund, und deshalb musst du auf deinen Kopf gut aufpassen.«
    »Mein General«, sagte Herides.
    »Anders kannst du mich wohl nicht anreden, was?«
    »Es scheint mir der einzig passende Titel.«
    Roberto eilte zur Tür. Männer und Frauen rannten an ihm vorbei, sie wollten offenbar das Tor schützen. Rüstungen klirrten, Speerspitzen schimmerten im Licht der Laternen, die auf der Burg wieder angezündet worden waren. Herides ging nach rechts, Roberto nach links. Adranis kam gerade vom Balkon herunter. Roberto war sehr erleichtert, und die Männer umarmten sich einen Moment.
    »Du brauchst deine Rüstung«, sagte Roberto.
    »Ich weiß. Hör zu, Roberto. Uns haben keine tsardonischen Steine getroffen. Die Angreifer haben die Katapulte auf der Plattform umgedreht. Wir müssen davon ausgehen, dass die Tsardonier das Torhaus eingenommen haben. Überlebende sind vor dem Tor, und weitere folgen ihnen, aber …«
    Roberto sah seinem Bruder in die verwirrten Augen.
    »Was ist? Komm schon, erzähl.«
    »Diejenigen, die ihnen folgen – mit ihnen stimmt etwas nicht.«
    »Und der Sturm, der uns getroffen hat«, ergänzte Roberto, »fühlte sich auch nicht natürlich an, was?«
    Adranis schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Er war es auch nicht. Zieh dich an und komme dann zu mir zum Tor. Wir brauchen dich und deinen Mut. Der abtrünnige Aufgestiegene steckt dahinter.«
    Roberto eilte weiter zum Tor. Ein Flügel war schon geöffnet, um die verschreckten Bürger einzulassen. Vor dem Eingang drängten sich Soldaten. Roberto rief seinen Leuten zu, ihm Platz zu machen, und schob sich nach vorn. Er achtete nicht auf die Worte, die er hörte, und die Ängste, die dies alles bei den Torwächtern auslösen musste.
    »Haltet sie fest, Hauptmann«, rief er der Kommandantin der Burg zu. »Wir müssen sie alle befragen.«
    »Ja, Herr«, antwortete sie. »Ihr habt gehört, was der Botschafter gesagt hat. Bringt sie in die Messe und gebt ihnen etwas Warmes zu trinken und etwas zu essen.«
    »Die Bärenkrallen kommen«, fuhr Roberto fort. »Gebt diesen Kampf noch nicht verloren.«
    Wieder prallten Steine gegen die Burg. Staub und Putz fielen herunter.
    »Die Burg wird die Nacht überstehen«, rief die Kommandantin. »Haltet eure Positionen. Bogenschützen auf die Wehrgänge.«
    Roberto blickte zum offenen Tor hinaus. Bürger der Konkordanz kamen über die Brücke. Dahinter war das Torhaus wieder hell erleuchtet, und auf der Geschützplattform wehte die tsardonische Flagge. Im Tor und in allen Fenstern drängten sich feindliche Kämpfer.

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