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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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konnte nichts damit anfangen, es waren nur bedeutungslose Kringel, Punkte und Linien. Aber nicht nur das Gesicht ängstigte Kessian, sondern auch die Aura. Sie war kalt. Kalt wie der Tod, obwohl er kein Wiederbelebter war. Wer er auch war, der Mann verneigte sich vor Gorian.
    »Mein Herr Gorian«, sagte er mit starkem Akzent. Seine Stimme klang, als würden Steine aneinanderreihen.
    Gorian nickte ihm zu und verneigte sich vor dem König. »König Khuran, wenn es erlaubt ist?«
    Der König zuckte mit den Achseln und machte eine Geste.
    »Wie ist der Zustand?«, fragte Gorian den Tätowierten.
    »Beträchtliche Schäden. Starke Abnutzung. Einschläge von Geschossen aus dieser Höhe richten erhebliche Zerstörung an. Ich schätze, dass vierzig Prozent ohne Reparaturen nicht weiterkönnen. Eine Verschwendung von Faden und letztlich eine Verschwendung Eurer Energie, Herr.«
    »Muskelschwund?«
    »Überwiegend. Oft sind die Gliedmaßen betroffen, auch Brüche von Beinen und der Wirbelsäule kommen häufig vor. Sie können marschieren, werden aber rasch verfallen, und die Belastung für Euch wird es nicht wert sein.«
    »Vorschläge?«
    »Ich werde sie sortieren. Ihr könnt sie gelegentlich inspizieren und diejenigen berühren, die Eurer Ansicht nach nicht mehr von Nutzen sind.«
    Gorian nickte. »Ihr wirkt ein wenig traurig, Edler Hasheth. Ihr werdet doch keine gefühlsmäßige Bindung entwickeln?«
    »Es sind meine Jungen und Mädchen«, erwiderte Hasheth und entblößte lächelnd seine bemalten Zähne. Die vorderen waren spitz zugefeilt. »Jeder General sorgt sich um seine Truppe.«
    »Danke, Hasheth. Ich werde die Inspektion später vornehmen. Wegtreten.«
    Hasheth verneigte sich ein weiteres Mal und marschierte durch die tsardonischen Reihen davon. Kessian sah ihm hinterher und bemerkte, wie jeder Soldat ihm Platz machte. Kessian wollte unbedingt fragen, was es mit Hasheth auf sich hatte, aber der König wartete.
    »Trotz alledem hältst du es für einen Erfolg?« Khurans Gesicht war versteinert.
    »Ihr habt keinen einzigen Kämpfer an den Feind verloren, mein König«, erwiderte Gorian. »Keiner hat auch nur einen Kratzer davongetragen.«
    »Und die Toten haben keinen einzigen Streich geführt«, erwiderte Khuran. »Keine neuen Toten, keine tote Armee, würdest du mir nicht zustimmen?«
    Gorian schien einen Augenblick verwirrt. »Tote kann man überall bekommen. Das Schlachtfeld ist der beste Ort, aber bei weitem nicht die einzige Quelle, die uns zur Verfügung steht.«
    Khuran kniff die Augen zusammen und errötete vor Zorn. »Du weißt, was wir verabredet haben, Gorian. Du kennst die Schwächen dieser anderen Quellen. Du weißt, warum wir frische kämpfende Tote brauchen, keine fetten Soldaten aus städtischen Garnisonen.«
    Gorian warf einen raschen Blick zu Kessian, dem schon wieder schrecklich kalt wurde, was aber nicht am Wetter lag. Er begriff es nicht genau, aber Khurans Worte bereiteten ihm großes Unbehagen.
    »Mein König, für uns alle ist diese Art der Kriegführung neu. Wir werden unsere Taktik verbessern.«
    »Ich habe nicht genügend Kräfte, um den Kampf zu gewinnen, den wir begonnen haben«, gab Khuran scharf zurück. »Die Rechnung ist sehr einfach. Wenn ich auch nur einen Augenblick glaube, dass du nicht liefern kannst, was ich brauche, dann ziehe ich mich zurück. Ich werde mein Land nicht schutzlos lassen. Verstehst du das?«
    »Ihr macht Euch unnötige Sorgen«, erwiderte Gorian unterwürfig. »Wir haben schon den halben Weg nach Inthen-Gor geschafft. Sobald wir haben, was wir dort holen wollen, gehört uns die ganze Front vom Norden bis zum Süden. Wir können nicht verlieren, Khuran. Vertraut mir.«
    Khuran betrachtete Gorian eine Weile, ehe er sich an Kessian wandte. Der Junge schluckte und fühlte sich, als würde ihn dieser mächtige, herrische Blick auf die Knie zwingen.
    »Euer Majestät«, sagte Kessian.
    »Wer bist du?«
    »Ich bin Kessian.« Er verneigte sich. »Euer Majestät.«
    »Oh du meine Güte«, sagte Khuran.
    Kessian fühlte sich, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Auch Gorian zuckte zusammen.
    »Er ist mein Sohn«, erklärte er. Kessian hob den Kopf und empfand tatsächlich Stolz. Zugleich kamen auch Schuldgefühle auf.
    »Mir ist durchaus klar, wer er ist«, sagte Khuran. »Auch ist mir bewusst, mit welchem Feind wir es zu tun haben. Wie alt bist du, Junge?«
    »Zehn, Euer Majestät.«
    »Zehn.« Khuran kaute förmlich auf dem Wort herum. »Zehn. Und dein ganzes Leben von

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