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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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wusste, dass es eine Frage von Sekunden war, bis er sie in Conrads Hals graben würde. Das durfte nicht sein! Ich fühlte ganz plötzlich, dassich Conrad brauchte, er war kein Opfer für Friedrich, sondern ein Freund, der mir Hilfe und Schutz bot.
    Ohne zu zögern, stürzte ich auf Friedrich zu und riss ihn, als er zum Biss ansetzen wollte, im letzten Augenblick zurück.
    Er fuhr herum und wandte sich drohend gegen mich. Seine Augen leuchteten gelb vor Gier und er war wie von Sinnen.
    »Friedrich!«, schrie ich ihn an. »Friedrich! Ich bin es, Amanda! Hör auf ! Lenz ist ein Freund! Du darfst sein Blut nicht trinken! Lass ab!«
    Aber mein Flehen war vergeblich. Friedrich schleuderte mich mit einer einzigen herrischen Geste wie ein lästiges Ungeziefer von sich. Zorn und Verzweiflung mischten sich in mir und plötzlich spürte ich aus meinem Kiefer ebenfalls die Eckzähne hervorbrechen, und wenige Augenblicke später standen Friedrich und ich uns wie fauchende Bestien gegenüber. Um dem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu machen und um Conrad zu schützen, wandte ich mich mit verzweifelter Anstrengung von Friedrich ab und warf mich über Lenz. Im selben Moment kam er wieder zur Besinnung, sah mein Gesicht über dem seinen und zog mich an sich zu einem aberwitzigen Kuss, der nach Blut, Regen und Sturm schmeckte und mich in einer Situation völlig überrumpelte, die nicht unromantischer und dramatischer hätte sein können. Sein Leben stand auf dem Spiel, vielleicht auch meins, und er küsste mich?! War er von Sinnen?
    Aber was mir absolut irrsinnig erschien, war letztlich seine Rettung. Friedrich wich zurück. Es war, als hätte dieser Kuss, so knapp vor seinem Biss, meinen Anspruch auf Lenz und dessen Vorrang vor Friedrichs Begehren markiert. Undwenn es einen Ehrenkodex unter Vampiren gab, so handelte Friedrich nun offensichtlich danach. Lenz gehörte mir und war damit für ihn tabu, jetzt und für alle Zeit.
    Doch sogleich war mir klar, dass ich für Conrad keine geringere Gefahr darstellte, denn kaum spürte ich sein Blut auf meinen Lippen, geriet ich selbst ebenfalls in den Taumel tanzender Gier und ersehnte nichts mehr, als mir jeden schmackhaften Tropfen davon einzuverleiben. Aber als Friedrich sich abwandte und einen grauenhaft qualvollen und markerschütternden Schrei ausstieß, krampfte sich mein Herz zusammen und mein Körper wurde von einem derart brennenden Schmerz überzogen, dass ich das Gefühl hatte, jemand würde mir die Haut in Streifen vom Leib schneiden. Ein schwarzer Schatten senkte seine Schwingen auf mich nieder, doch ehe er mich ganz durchdringen konnte, stieß ich Conrad mit letzter Kraft von mir und sprang auf.
    Friedrich stieg ins Auto, wo er apathisch in sich zusammensank. Ich wusste aus der Chronik, dass er mit jeder Minute alterte und dringend Blut zu sich nehmen musste, um diesen Prozess aufzuhalten. Eile war geboten.
    So zog ich hastig auch Conrad vom Boden hoch, holte ein paar Tücher aus meiner Reisetasche und versorgte notdürftig seine Verletzungen. Es hatte schlimmer ausgesehen, als es war, aber eine blutige Schramme über Nase, Lippen und Kinn sowie ein Veilchen am Auge würde er wohl als Andenken ein paar Tage zurückbehalten.
    Er hatte durch seine kurze Bewusstlosigkeit kaum etwas von dem Vorfall mitbekommen. Das, woran er sich erinnerte, war ihm nun jedoch sehr unangenehm, sodass er sich sofort bei mir entschuldigte.
    »Macht nichts«, sagte ich und schob ihn in RichtungAuto. »Es gibt Schlimmeres.« Wie gut, dass er keine Ahnung hatte, wie viel schlimmer.
    Er setzte sich wieder hinter das Steuer, während ich auf dem Beifahrersitz Platz nahm, und da das Auto nun tatsächlich an dem umgestürzten Baum vorbeikam, setzten wir unsere Fahrt nach Berlin durch Regen und Sturm zwar langsam, aber ohne weitere Störungen fort.
     
    N
achdem Friedrich in der Brüderstraße sein altes Zimmer bezogen hatte, das der Großvater wohl in einer Anwandlung von Sentimentalität genauso unberührt konserviert hatte wie das von meiner Mutter Estelle, waren wir noch in derselben Nacht aufgebrochen, um ihm ein passendes Opfer für die absolut überlebensnotwendige erste Blutmahlzeit nach seinem Tiefschlaf zu besorgen. In Berlin hatte ich inzwischen genügend Quellen aufgetan, an denen ich nun, da ich um meine wahre Natur wusste, meinen vampirischen Blutdurst stillen konnte. Es wimmelte in der Stadt nicht nur von zwielichtigen Gestalten, sondern auch von Kriegsversehrten und Arbeitslosen, und ich

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