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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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herumzuwandern, aber seine Anziehungskraft war so groß, dass ich ihn einfach berühren musste. Wenn nicht mit meinen Blicken, dann mit den Händen. Dabei wäre es andersherum doch viel weniger gefährlich gewesen!
    Ich streichelte vorsichtig und sehr sanft über seinen leicht behaarten Arm, über die Brust, den Hals hinauf … dann betastete ich mit den Spitzen von Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand seine Lippen. Er zuckte, als hätte er die Berührung gespürt, verzog ein wenig den Mund und lächelte dann leicht.
    »Conrad«, flüsterte ich und mir war, als würde ich ihn in diesem Augenblick zum ersten Mal wirklich ansehen.
    »Amanda«, seufzte er, griff im Schlaf nach mir und zog mich näher an seine Seite auf das Bett. Ich ließ es geschehen und lag nun eng neben ihm und atmete seine Nähe. Das tat so gut …
    Immer hatte Conrad mit gutgetan, doch ich hatte es bisher nie zugeben wollen, mochte nicht in seiner Schuld stehen. Nun waren wir quitt. Ich hatte ihn vor dem Wolf gerettet, so wie er mich vor Müller-Wagners Experimenten gerettet hatte. Wir waren nun auf gleicher Augenhöhe.Nicht nur weil wir hier und jetzt nebeneinander auf diesem Bett lagen, sondern weil ich nicht mehr durch die Dankbarkeit gelähmt war, die ich Conrad so einseitig geschuldet hatte und die mir einen normalen freien Umgang mit ihm bisher unmöglich gemacht hatte. Immer waren wir Arzt und Patientin – hier jedoch nur noch eine Frau und ein Mann –, und als hätte mein Unterbewusstsein das seine mit meiner Libido sanft gestreichelt, begann er unruhig zu werden und mich im Halbschlaf zu betasten … Mit flatterndem Herzen und fiebriger Begierde zog ich ihm die restlichen Kleidungsstücke vom Leib und bedeckte seine Nacktheit sogleich mit Küssen. Er stöhnte lustvoll auf, und als ich mich seinem Hals mit dem Munde näherte, fühlte ich das Blut in seiner Halsschlagader pulsieren. Schlagartig spürte ich monströs den Blutdurst in mir aufsteigen und in meinem Kiefer begann ein schmerzhaftes Ziehen … und ich verfluchte das unbarmherzige Schicksal, welches mich als Vampirin in diese Welt gesetzt hatte. Aber der Moment ging vorbei und ich bäumte mich gegen den Fatalismus auf, der mich eben noch niederzuziehen drohte. Ich hatte Conrad mit meinem Blut das Leben gerettet, und es war darum absolut widersinnig, jetzt das seine zu begehren.
    Was ich in diesem Augenblick wirklich begehrte, war einzig und allein sein Körper, seine Männlichkeit und seine Lust, damit ich die meine mit ihm teilen konnte. Ich riss mich von seinem Hals los und küsste sein Gesicht, die Wangen, die geschlossenen Augen … schließlich presste ich meine Lippen auf seinen weichen, warmen Mund und dankbar wurde ich aufgenommen. Als unsere Zungen sich sanft berührten, schlug Conrad die Augen auf und wir starrten einander einen Wimpernschlag lang an, um dann in gegenseitigem Einverständnis ekstatisch übereinanderherzufallen wie zwei Verhungernde. Und mich hungerte es wirklich – nicht nach Blut, sondern nach einem Menschen, mit dem ich eins sein konnte, der mir gab, was mir bisher niemand wirklich rückhaltlos gegeben hatte – seine ganze Zuwendung und … Liebe.
    So erfuhr ich, nachdem unsere Libido im gemeinsamen Liebesrausch ihre schönste Befriedigung gefunden hatte, für einen kurzen Augenblick und zum ersten Mal in meinem Leben, dass Glück möglich war.
     
    Wir erreichten Krakau und stiegen dort auf die Bahn um, was doch ein wesentlich bequemeres Reisen war. Vorher gab es allerdings noch eine unerfreuliche Auseinandersetzung um das Mietauto, die Friedrich fast ins Gefängnis gebracht hätte. Natürlich war der Vermieter alles andere als begeistert, als wir ihm sein schönes Automobil in einem reichlich desolaten Zustand zurückgaben, und verlangte von uns Schadensersatz. Den wollte Friedrich gerne leisten, allerdings nur in angemessener Höhe. Doch was angemessen war, darüber waren die Meinungen zwischen ihm und dem Vermieter sehr geteilt. So kam es zunächst zu zähem Feilschen, dann lautstarken Wortwechseln und schließlich fast zu Tätlichkeiten und der Androhung, die Polizei einzuschalten. Da wir von behördlicher Seite als Deutsche wohl kaum mit Fairness oder gar Wohlwollen rechnen durften, zahlte Friedrich schließlich zähneknirschend einen mehr als ansehnlichen Betrag, den der Mietwagenvermittler jedoch nur als Anzahlung akzeptieren wollte. Damit der Mann sein Gesicht wahren konnte, unterschrieb ihm Friedrich also noch einen Schuldschein und

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