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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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gequält, sein sonst so weicher, sinnlicher Mund war zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Mir war klar, dass ich auch jetzt nicht mehr aus ihm herausbekommen würde.
    »Gut«, sagte ich, »dann eben nicht. Ich fahre morgen mit Marc nach Berlin zurück und … ich werde die Chronik mitnehmen.«
    »Das wirst du nicht!«
    »Willst du mich daran hindern? Du bist nicht mal ein Vanderborg! Jedenfalls hast du mir bisher nichts zu deiner Identität gesagt, was dir mehr Recht auf die Chronik gäbe als mir! Genau genommen hast du nicht einmal das Recht, hier auf dem Gut zu sein. Nur weil Estelle mit einem deiner Ahnen liiert war und dir irgendjemand mal die Existenz des geheimen Gewölbes und den Zugangscode verraten hat, ist das noch längst nicht legitimiert!« Ich merkte, dass ich mich in Rage redete, aber seine kalte, fischige Art regte mich zunehmend auf. »Du kannst doch irgendein Betrüger, ein Hochstapler sein, der sich hier einnisten will und den Überraschungseffekt und meinen Hang zur Romantik ausgenutzt hat!«
    Er reagierte ebenfalls verärgert und beleidigt dazu. »Wer sagt das?«, fauchte er zornig. »Dein Freund aus Berlin? Macht er mich schlecht, um dich für sich zu gewinnen?«
    Zu meinem Entsetzen sah ich, wie ihm die Eckzähne spitz aus dem Kiefer hervorbrachen. Er war aggressiv aufgesprungenund stand jetzt als riesiger dunkler Schatten vor der breiten Sichel des abnehmenden Mondes.
    »Ich habe alles Recht der Welt, hier zu sein«, fauchte er mehr, als dass er sprach, »denn ich war es, der mit Estelle dieses Gut zu einem Liebesnest machte und mit ihr das Refugium für uns Vampire bauen ließ!« Er rannte mit unruhigen Schritten auf und ab. »Ja, schau mich nur ungläubig und entsetzt an, du wolltest es ja unbedingt hören. Mein Name ist Amadeus von Treuburg-Sassen - ich war Estelles Geliebter! Aber der Mann, der diesen Namen trug, bin ich schon lange nicht mehr. Ich bin ein Ruheloser, ein Getriebener zwischen den Welten und Zeiten … am besten, du vergisst mich … so wie auch ich mich vergessen habe.«
    Einen Moment sah es aus, als duckte er sich zum Sprung, um mir an die Kehle zu gehen. Dann aber wandte er sich mit einem klagenden Stöhnen ab und rannte davon in die Dunkelheit.
    Ich blieb stumm und erstarrt sitzen, und erst als die Kälte der Nacht in meinen Körper aufstieg, erhob ich mich mit steifen Gliedern und ging zurück ins Haus. Ich hockte mich auf den Boden neben Marcs Schlafsack, aus dem wieder nur sein Haarschopf herausschaute und begann ihn mechanisch zu streicheln. Dabei wippte ich mit meinem Oberkörper vor und zurück und wieder vor wie ein hospitalisiertes Kind … voller Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit und in der dumpfen Gewissheit eines unendlichen Verlustes.
     
    Am nächsten Morgen fuhr ich mit Marc in den Ort, wo wir in einem kleinen Café zusammen frühstückten.
    Meine Gedanken waren jedoch nicht bei ihm, sondern bei Amadeus und der Enthüllung seiner Identität. Warum nur musste diese große Liebe so tragisch enden?
    Aber so sehr mir Estelles Schicksal naheging, so sehr beschäftigte mich auch die Frage, wie es sein konnte, dass Amadeus im Ersten Weltkrieg gefallen war, wenn er sich mir nun nicht nur in meinen Träumen, sondern ganz real in Liebe genähert hatte. Diese Leidenschaft zwischen uns … ich war fassungslos … was für eine makabere Vorstellung, dass der Liebhaber meiner eigenen Ururgroßmutter mich liebte! Das … das war doch Schwachsinn … schlimmer noch … das war – selbst wenn er ein Vampir war, der außerhalb jeder menschlichen Ordnung stand – irgendwie pervers!
    Ich konnte in dieser Situation jetzt nicht einfach mit Marc nach Berlin fahren. Wenigstens einmal musste ich noch mit Amadeus sprechen. In Ruhe, ohne hochgeputschte Emotionen, ohne den vermeintlichen Nebenbuhler Marc in der Nähe. Denn mir war inzwischen klar, dass ein Teil von Amadeus’ hochemotionaler Reaktion mit seiner Eifersucht auf Marc zusammenhing, die natürlich besonders angestachelt wurde, weil Marc mich vor Utz’ Werwölfen gerettet hatte.
    Ich versuchte, es Marc schonend beizubringen, und erfand dafür eine kleine Notlüge.
    »Du kannst mich auf dem Gut absetzen, Marc«, sagte ich so beiläufig wie möglich, »und dann schon mal mit dem Motorrad vorausfahren. Ich komme dann bald mit dem Käfer hinterher. Ich habe diesem ehemaligen Kommissar Kolopke versprochen, heute am frühen Nachmittag bei ihm vorbeizuschauen. Er wollte mir ein paar alte Fotos aus der Historie des

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