Die dunkle Göttin
unterrichteten den Kampf mit Schwert und Dolch oder Schwert und Bajonett, die meisten anderen lehrten, auch die nicht so starke Hand als waffenführende einzusetzen. Es bestand immer die Möglichkeit, dass der gewohnte Schwertarm bei einem Kampf verletzt wurde und nicht mehr eingesetzt werden konnte. Aber all das unterschied sich noch vollkommen von einem Kampfstil, bei dem man gleichzeitig mit zwei gleichen Schwertern in den Händen focht.
Einige Kriegsbräute verwendeten jedoch eine Technik, die trotz aller Unterschiede im Detail der von Kaeritha dennoch stark ähnelte. Zufällig war Hundert Ravlahn eine von ihnen, und Kaeritha freute sich schon auf die Gelegenheit, ihre Geschicklichkeit mit dem Können der Hundert zu messen. Ravlahn genoss ihre gemeinsamen Übungen offenbar ebenso wie Kaeritha, obwohl ihnen beiden sehr schnell klar wurde, dass die Kriegsbraut trotz ihrer unbestrittenen Geschicklichkeit und ihrer Erfahrung unterlegen war. Das war jedoch, wie Ravlahn selbst betonte, nicht überraschend. Schließlich maß sie sich mit einem auserkorenen Paladin des Kriegsgottes.
Doch abgesehen davon, dass sie ein paar neue Tricks für ihr Kampfrepertoire aufschnappte, fand Kaeritha auch die Gelegenheit,
in entspannter Umgebung Zeit mit Kalathas Kriegsbräuten zu verbringen, unschätzbar wertvoll. Dabei war nicht so sehr das wertvoll, was sie zu ihr sagten, sondern das, was sie einander erzählten oder ihr eben nicht mitteilten, wenn sie behutsame Fragen stellte. Kaerithas Hörvermögen war weit schärfer als das gewöhnlicher Menschen, wenngleich schwächer als das empfindliche Gehör eines Hradani, wie zum Beispiel Bahzells. Doch eine ihrer Fähigkeiten als Paladin des Tomanâk erlaubte ihr, Gespräche zu »hören«, von denen sie sonst niemals etwas hätte erfahren können. Diese Fertigkeit entsprach zwar nicht der telepathischen Möglichkeiten, wie Magier sie besaßen, denn sie konnte nur solchen Gesprächen »zuhören«, von denen sie wusste und deren Gesprächspartner sie mit eigenen Augen sah. Aber deshalb vermochte sie selbst in einem überfüllten Ballsaal oder wie in diesem Fall in einer lauten Ausbildungshalle, ruhig in einer Ecke zu sitzen und unauffällig mitzuhören, worüber sich andere Leute unterhielten.
Diese Fertigkeit setzte sie jedoch nur sparsam ein, da die Verlockung so groß war, sie zu missbrauchen. Dennoch schien sie für eine Ermittlerin ausgesprochen hilfreich.
Kaeritha bediente sich dieses Könnens bei ihrem zweiten Aufenthalt in Kalatha häufig, und was sie hörte, bestätigte ihren traurigen Verdacht, dass Leeana keineswegs eine junge Schwarzseherin war, die überall Schatten vermutete, wo gar keine Sonne schien. Im Gegenteil, das Mädchen hatte den Ernst der Lage sogar eher unterschätzt.
Kaeritha hörte zwar nichts, womit sie sich an einen Richter hätte wenden können, aber das Muster war offenkundig. Es gab mindestens drei Fraktionen in Kalatha.
Die erste war die von Domina Yalith, jedenfalls im Augenblick noch die größte und einflussreichste Gruppierung. So wie Yalith selbst waren ihre Gefolgsleute zwar wütend auf Trisu und entschlossen, ihn zu zwingen, seine Übergriffe zuzugeben. Gleichzeitig waren sie dankbar für die starke Unterstützung
Der Stimme in Quaysar, aber dennoch grundsätzlich bereit, sich an die Spielregeln des Systems zu halten. Vor allem deshalb, weil sie von der Rechtmäßigkeit ihrer eigenen Haltung überzeugt waren und glaubten, dass die Gerichte am Ende zu ihren Gunsten entscheiden würden. Gleichzeitig jedoch erkannten sie an, dass es ihnen oblag zu beweisen, dass ihre Forderungen von Anfang an vernünftig gewesen waren. Sie taten das nicht, weil sie etwa weniger aufgebracht gewesen wären als die anderen, sondern weil ihnen sehr klar war, dass die Untertanen im Königreich der Sothôii die Kriegsbräute ohnehin schon scheel ansahen. Deshalb wollten sie diesen Vorurteilen auf gar keinen Fall weitere Nahrung geben.
Die zweite Fraktion, die Kaeritha herauskristallisiert hatte, bildete der Teil der Stadtbewohner, die nicht geschlossen hinter ihrer Bürgermeisterin standen. Ihrer Meinung nach übten die Domina und die Stadtversammlung viel zu viel Druck auf Trisu aus. Zwar zweifelten sie weder Yaliths Argumente noch ihr Urteilsvermögen oder die konkrete rechtliche Lage an. Sie glaubten nur nicht, dass diese Konfrontation mit Trisu so viel wert war, wie es sie alle am Ende kosten würde. Was auch immer sie von ihm hielten, er war der mächtigste
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