Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
zog.
Das Verlangen nach Luft wurde stärker, übermächtig. Karn wusste, dass er nicht einatmen durfte, dass er ertrinken würde, doch sein Leib schrie danach.
Eine Hand packte ihn, riss ihn in ihre Richtung. Karn tauchte auf, sein Kopf wurde über die Wasseroberfläche gehoben, er spuckte und hustete, atmete ein, bekam Wasser in die Brust. Es brannte wie kaltes Feuer.
Lange Zeit konnte er nichts anderes tun, als einfach zu atmen und zu husten. Er wurde durch das Wasser gezogen, spürte Land unter sich, blieb kraftlos liegen.
»Was machst du denn für einen Scheiß?«
Ruks Stimme war voller Sorge. Karn öffnete die Augen, sah empor. Ruk kniete neben seinem Kopf, Breg stand dahinter, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Was… was ist passiert?«, keuchte Karn, der jedes Wort geradezu hervorpressen musste.
»Ich hatte Wache«, berichtete Breg. »Ruk hat gepennt. Du bist aufgestanden und weggegangen. Ich dachte, du müsstest pissen. Aber als ich gefragt habe, hast du nichts gesagt. Es kam mir komisch vor, deshalb habe ich Ruk geweckt, und wir sind dir hinterher.«
»Du bist einfach in den Fluss gegangen«, erklärte sein Bruder. »Immer weiter, bis du ganz weg warst. Ich habe dich gerufen, aber du hast dich nicht einmal umgedreht.«
»Wie lange?«
»Hm? Nicht lange. Ich bin direkt hinterher und hab dich rausgezogen. Was war denn los?«
Karn zögerte. Schon verblasste der Traum, wurde unwirklicher, entglitt ihm.
»Ich… ich weiß nicht. Ich habe alles gesehen.«
»Was alles?«
»Den Fluss. Alles, von seiner Quelle bis zu seinem Ende. Ich kann nicht…« Er verstummte. »Ich weiß, wo wir hinmüssen.«
Breg schnaubte. »Ins Wasser, oder was? Nee, danke!«
»Sie sind weiter den Fluss hinab«, erläuterte Karn, ohne auf Breg zu achten. »Und da sind andere. Mit Waffen.«
Ruk sah ihn zweifelnd an. Er rieb sich mit der Pranke über den Mund.
»Ich habe es gesehen, Ruk. Ich habe alles gesehen.«
Ruk blickte den nächtlichen Fluss entlang. Nach einer Ewigkeit nickte er.
Karn sank zurück. Er war müde, sein Geist wie leer gefegt. Aber er wusste, dass sein Traum die Wahrheit war. Er ahnte nicht einmal, woher er gekommen war, aber er wusste es einfach.
29
O bwohl ihre kleine Truppe durch den Weggang der Boten geschrumpft war, empfand Deilava ein Hochgefühl. Ihr Fund hatte die Zweifler überzeugt, dass hinter dem Angriff auf Ke’leth mehr steckte. Oder zumindest, dass es sich um eine Bedrohung handeln könnte, die auch die Elfen des Waldes betraf. Mit Narems Unterstützung war die Diskussion um das weitere Vorgehen schließlich in ihrem Sinne entschieden worden.
Sechs ihrer Begleiter waren nach Osten aufgebrochen, um die Kunde dort unter den Eleitam zu verbreiten und sich nach weiteren Neuigkeiten umzuhören. Sieben weitere waren in den Wald zurückgegangen, um die Siedlungen der Elfen zu warnen und um Hilfe zu bitten.
Der Rest, kaum noch ein Dutzend, unter ihnen Narem, Selan und Deilava, zogen nun nach Westen. Die Spuren um Ke’leth waren kaum zu erkennen gewesen. Zeit, Wind und Wetter hatten sie fast verschwinden lassen, aber eine letzte Ahnung deutete nach Westen den alten Pfad entlang, und so war dies zu ihrer Richtung geworden.
Deilava hielt inne und hob den Kopf. Der Wind umspielte ihr Gesicht, ließ ihr Haar um ihren Kopf wehen. Er kam über die Ebenen aus dem Süden, war warm und voller Verheißung. Mit jeder Nacht schien es wärmer zu werden. Nur ganz selten noch kamen die Fallwinde aus den Bergen, die den Geruch von Schnee mit sich trugen.
Sie öffnete die Augen und sah sich um. Ihr schneller Lauf hatte sie vom Rest der Gruppe, die sie anführte, weggeführt. In der flachen Senke zu ihrer Rechten erblickte sie einige aus der anderen Gruppe, darunter vermutlich Narem, auch wenn sie ihn auf diese Distanz nicht sicher erkennen konnte. Wohl aber merkte sie, dass dort eine Person fehlte.
Es war Selan, der just in diesem Moment unvermittelt an sie herantrat. Trotz der sonnigen Wärme hatte er das dicke lederne Hemd fest geschlossen und sich sogar einen kleinen Pelz um die Schultern gelegt. »Die Spuren verlieren sich«, erklärte er knapp und wies auf den nächsten flachen Hügel. »Sie führen dort hinauf, in Richtung der Berge, aber weiter konnte ich nichts finden.«
Deilava seufzte und nickte. Sie hatte geahnt, dass sie die Spuren früher oder später verlieren würden. Aber das konnte sie nicht aufhalten. »Wir sollten weiter gen Westen ziehen, an den Bergen entlang.«
Selan kniff die
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