Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
gewaltigen Pranken. Ihm fehlte ein Horn, es war direkt über der Stirn abgetrennt worden. Sicher war er unter normalen Umständen ein mächtiger Kämpfer, doch jetzt wankte er leicht und hielt sich an der Holzsäule fest.
Breg kroch zwischen den Kisten hervor und kam endlich auf die Füße. Er bemerkte Zegas amüsierten Blick und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, wischte sich betont lässig Fischöl und Staub vom Bauch.
Karn, der wie angewurzelt herumstand, riss sich von ihrem Anblick los und lief zu seinem Bruder. »Eleitam?«
Ruk schüttelte den Kopf. Durch den Spalt erhaschte Karn einen Blick auf die Wesen, die draußen durch die Nacht liefen, die nun von Laternen erhellt war. Sie waren klein, viel kleiner, als Karn für möglich gehalten hätte, reichten ihm vielleicht bis zur Mitte seines Oberschenkels. Viel mehr Details konnte er nicht ausmachen, da sie dunkel waren und von Schatten zu Schatten huschten, unglaublich schnell und geschickt.
»Die haben euch erwischt?« Breg streckte neben Karn seinen Kopf aus dem Tor. »So einen könnte ja der kleinste Jungtroll in einer Hand zerquetschen!«
In dem Moment traf ein Geschoss Breg am Auge. Er heulte vor Schmerz auf, riss seine Hand hoch, wich zurück und stolperte über eine weitere Kiste, was ihn erneut zu Boden gehen ließ.
»Nein, nicht die«, erklärte Zega, die sich zu ihnen gesellte, aber geschickt die Deckung des Torflügels nutzte. »Die da.«
Aus dem Schatten heraus deutete sie auf zwei Gestalten, die um die Ecke eines der Fischerhäuser blickten. Karn sah nur metallene Helme und gebogene Klingen, die im Schein der Laternen böse funkelten.
Ein Sirren erklang, und Pfeile bohrten sich mit dumpfem Schlag in das Holz des Tors. Ruk sprang vor, packte den offen stehenden Flügel und zog ihn zu. Direkt neben seiner Hand schlug ein weiterer Pfeil ein.
»Was sind die?«, fragte Karn.
»Elfen«, erwiderte Zega kalt. »Verdammte Elfen.«
33
D raußen wurden Befehle gerufen, die Ruk durch das Holz nur gedämpft wahrnahm. Neben ihm schob Breg Kisten vor dem großen Tor zusammen, während sein Bruder einen Blick aus der kleineren Hintertür riskierte, neben der er vornübergebeugt kniete.
»Jede Menge von den kleinen Viechern«, berichtete Karn. »Wie heißen die?«
»Tuun«, erklärte Zega. »Und lasst euch von ihrer Größe nicht täuschen, die sind gefährlich.«
Selbst Breg, der sonst gern spottete, sagte nichts. Sein Auge war halb zugeschwollen, aber der Stein hatte ihn zum Glück eher an der Braue erwischt. Die Wunde blutete nur noch wenig; Trollfleisch heilte gut.
Für den Moment saßen sie hier fest. Ihr Plan, die beiden Späher unbemerkt zu befreien, war gescheitert. Jetzt galt es, dafür zu sorgen, dass nicht demnächst fünf Trolle vermisst wurden.
»Wir müssen hier durchbrechen«, befand Ruk. Ihm war es zugefallen, den kleinen Trupp anzuführen. Unter normalen Umständen hätte Ong das vielleicht angefochten und ihn herausgefordert, aber der große Troll hatte einige Verletzungen davongetragen und war nicht in der Verfassung dazu.– Was ein Problem war, denn ein Troll, der sich nicht mit seinesgleichen prügeln konnte, war auch im Kampf kaum zu gebrauchen.
Karn hatte ein kleines Feuer entzündet, das sie mit Holzstücken von den zerbrochenen Kisten und etwas Öl fütterten. Ruk sah sich in dem Gebäude um. Es war nur ein einziger Raum, groß, aber sicher nicht für Trolle errichtet. Überall waren Balken, von denen Vorräte hingen, hauptsächlich getrocknete Fische. In den Kisten hatten sie bislang auch nur Nahrung gefunden. Aushalten könnten sie es dementsprechend lange, aber so, wie draußen gerufen wurde, vermutete Ruk, dass ihnen ihre Feinde nicht so viel Zeit lassen würden.
»Erzähl mir über die Elfen«, wandte er sich an Zega. »Wie haben sie euch erwischt?«
Die Trollin schwieg. Das flackernde Licht tauchte ihre Züge in Schatten. Nur ihre Augen leuchteten darin. Ihr Blick wanderte zu Ong. Ruk verstand, ihr Zögern sprach eine deutliche Sprache.
»Wir sind Spuren der Tuun am Fluss gefolgt. Am Ufer entlang, sehr vorsichtig. Aber sie haben uns dennoch bemerkt.«
»Im Wasser«, ließ Ong vernehmen, seine Stimme war tief, aber in ihr lag auch Schmerz.
»Ja, die Tuun schwimmen wie Fische. Mindestens einer war im Fluss, hat uns wohl gesehen. Dann haben sie uns direkt in eine Falle gelockt.« Sie spuckte auf den Boden. Die Erinnerung bereitete ihr offensichtlich Unbehagen, aber vor allem war da Zorn in ihren
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