Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
Vom Netzwerk:
Feuers hören und das Scharren von Dorians Füßen, als er den Flur betrat.
    Er ging an ihrem Zimmer vorbei, und sie hörte nichts mehr von ihm.

17. KAPITEL
    I n der Wüste war der Spätwinter eine merkwürdige Jahreszeit. Manche Tage waren warm und sonnig, an anderen wehte ein kühler Wind und Wolken tanzten über die Ebenen. Die Nächte blieben kühl, während die Wochen vergingen, aber die Sonnenstunden nahmen langsam zu und versprachen noch längere Gefangenschaft in dem beengten Raum in der kleinen Hütte. Raum, in dem Dorian und Gwen einen prekären Waffenstillstand geschlossen hatten.
    Für Dorian liefen alle Tage so gut wie gleich ab. Er verbrachte einen großen Teil der Nacht in der Wüste und kam erst kurz vor Sonnenaufgang in die
Casa
zurück. Manchmal stieß er dort auf Gwen, die auf dem einfachen Herd eine Kanne Kaffee kochte. Manchmal saß sie auch allein in ihrem Zimmer und schrieb in dem Tagebuch, das sie unter ihrem Kissen aufbewahrte. Er versuchte nie, herauszufinden, was sie darin festhielt.
    In der ersten Woche hatte Dorian Gwen in San Luis beigebracht, sich an Spender heranzuschleichen. Sie lernte zu jagen – am Anfang immer an seiner Seite, während er ihr beibrachte, wie sie die Chemikalien absondern konnte, die es ihr ermöglichten, zu trinken und dann die Erinnerungen des Spenders daran zu löschen. Als sie gelernt hatte, den Dorfbewohnern Blut zu entnehmen, und darauf bedacht war, nie zweimal die Woche vom gleichen Spender zu trinken, erlaubte Dorian ihr, alleine loszugehen. In diesen Nächten ging er unruhig in der
Casa
auf und ab oder in immer größer werdenden Kreisen darum herum und zählte die Minuten, voller Furcht, dass sie einen entscheidenden Fehler begehen würde.
    Aber ihre Instinkte waren ausgezeichnet, genau wie ihr Selbsterhaltungstrieb. Dennoch zögerte sie, so viel Nahrung zu sich zu nehmen, wie sie brauchte. Sie wartete, solange es ging, bevor sie wieder trank, und riskierte dabei, so schwach zu werden, dass Dorian sie dazu zwingen musste, das Nötige zu tun.
    Solche Zeiten waren schwierig. Dorian hatte sich geschworen, dass er sich nur dann einmischen würde, wenn es darum ging, sie in Sicherheit und am Leben zu halten. Er versuchte, innerhalb des Bundes, der sie zusammenhielt, auf Abstand zu bleiben, versuchte sie nicht spüren zu lassen, wie sehr die Begierde ihn bei jeder Berührung verzehrte.
    Aber auch sie war eine Expertin in Verschleierungstaktik geworden. Wenn sie ihn dafür hasste, dass er sie zu Gehorsam zwang, wenn sie ihn für die Dinge verachtete, die er getan hatte und wieder tun würde, dann verbarg sie es perfekt. Sie begrüßte ihn jeden Morgen ruhig und teilte sich während der langen Tage das Wohnzimmer mit ihm, wo sie gemeinsam die Bücher lasen, die ihr Vater zurückgelassen hatte, so freundlich wie ein altes Ehepaar in seinen letzten Jahren. Sie lächelte selten und lachte nie, und Dorian wusste, dass etwas in ihr gestorben war … gestorben oder so tief begraben, dass das alte Feuer, das er so bewundert hatte, sich nicht leicht würde neu entfachen lassen. Es war eine seltsame und schreckliche Art des Friedens.
    Bis auf die Tage, an denen sie versuchte, ihn zum Sprechen zu bringen. Dann gab es keinen Frieden. Sie fragte ihn über seine Vergangenheit aus, versuchte mehr zu erfahren als die trockenen Fakten, die er ihr bisher gegeben hatte. Sie bohrte hier und zog da, wie ein freudianischer Analytiker, kalt und gnadenlos, nur darauf bedacht, ihn dazu zu bringen, von seinem Wahnsinn zu sprechen und wann er zuerst von ihm Besitz ergriffen hatte.
    Doch selbst wenn sie ihn mit gefühlskalten Worten drängte, sich selbst durch eine Beichte zu heilen, konnte er nicht darüber sprechen. Jedes dieser einseitigen Gespräche endete auf die gleiche Art. Gwen zog ihren Hut und ihren Mantel an und verließ die Blockhütte. Er sah sie dann bis zum Abend nicht wieder. Und sie stellte keine Fragen mehr. Bis zum nächsten Mal.
    Während der vierten Woche war wieder Neumond. Dorian ging hinaus in die Wüste, weit fort von jeder menschlichen Wohnstätte. Weit fort von Gwen. Er wütete ohne Sinn und Zweck, und sein verkrüppelter Verstand kämpfte gegen das Monster an, das ihn dazu antrieb, ins Dorf und zu seinen hilflosen menschlichen Bewohnern zurückzukehren. Hunger schlug seine Klauen in seinen Bauch. Drei Stunden vor Sonnenaufgang fand er sich am Randgebiet von San Luis wieder. Die letzten seiner Hemmungen waren dahin.
    Nur eines hielt ihn noch auf.
Sie
stand ihm

Weitere Kostenlose Bücher